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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.06.2002
Aktenzeichen: 3 StR 46/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 46/02

vom

11. Juni 2002

in der Strafsache

gegen

wegen schwerer Brandstiftung

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Juni 2002 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 7. September 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, auf die Verfahrensrügen kommt es damit nicht mehr an.

1. Die Beweiswürdigung der Strafkammer hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht stützt seine Überzeugung von der Täterschaft des bestreitenden Angeklagten wesentlich darauf, daß im Brandlegungszeitraum zwischen 08.53 Uhr und 08.58 Uhr keine weitere Person im Verwaltungs- und Sozialtrakt gesehen wurde, wobei es unwahrscheinlich sei, daß sich eine - zuvor dorthin gelangte - Person verborgen gehalten hat. Dabei läßt die Beweiswürdigung eine Auseinandersetzung mit folgenden Umständen vermissen:

aa) Daß alle übrigen Mitarbeiter - außer dem Angeklagten - gegenüber dem vernehmenden Kriminalbeamten angegeben haben, sie seien zur Tatzeit nicht am Tatort gewesen, besagt wenig, wenn unter ihnen der Täter gewesen sein sollte.

bb) Bei der Erwägung, daß eine weitere Person im Tatortbereich vom Angeklagten gesehen worden wäre (UA S. 15), hätte nach Sachlage erörtert werden müssen, ob dieser nicht durch die Bearbeitung von Prospekten abgelenkt worden sein konnte, so daß er etwaige Mitarbeiter, die sich dort befugt aufgehalten haben und für ihn nichts Bemerkenswertes gewesen wären, auch bei ausreichender Sehleistung übersehen haben könnte.

cc) Die weitere Überlegung, daß es wegen der erheblichen Entdeckungsgefahr unwahrscheinlich sei, daß ein anderer Täter, der vor 08.53 Uhr in den Trakt gelangt ist, sich dort einige Zeit verborgen gehalten haben könnte, geht nicht darauf ein, daß ein betriebsangehöriger Täter dort nicht aufgefallen wäre und im übrigen ein Verbergen nicht geplant gewesen sein muß, sondern sich aus der Situation ergeben haben kann.

b) Daß die Zeugen S. , M. und K. , die nach den Feststellungen ein Rachemotiv gegen den Angeklagten haben könnten, als Täter ausscheiden, folgert die Strafkammer daraus, daß diese dort nicht "zeitnah" anwesend waren (UA S. 23). Worauf diese Feststellung beruht, ist nicht ersichtlich, so daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß dem nur die eigenen Angaben dieser Personen zugrunde liegen. Dabei wäre weiter zu bedenken gewesen, daß die Zeugin K. bereits nach den bisherigen Feststellungen noch wenigstens bis 08.30 Uhr Gelegenheit gehabt hätte, die Notausgangstüre von innen zu öffnen, um einem Täter das Eindringen zu ermöglichen.

c) Bedenken begegnet auch die als "aufschlußreich" bezeichnete, umfangreiche Schilderung von Begebenheiten, bei denen "der Angeklagte in den letzten 25 Jahren mit einer Vielzahl von Brandstiftungen und Sachbeschädigungen in Berührung gekommen ist" (UA S. 38 f). Dabei hat die Strafkammer zwar berücksichtigt, daß in keinem der aufgezählten Fälle eine Täterschaft erwiesen ist, und weiter ausgeführt, diese nicht als Indiz für die Täterschaft zu verwerten. Da sie die Häufung jedoch als immerhin "aufschlußreich" bezeichnet und für den "möglichen Fall" der Täterschaft des Angeklagten in einigen dieser Fälle ausführt, diese ließen "darauf schließen, daß er die Brandstiftung im Wal*Mart aus einem gesteigerten Bedürfnis nach Anerkennung begangen hat", ist zu besorgen, daß diese Begebenheiten letztlich doch, wenn auch vielleicht nur unterschwellig, Eingang in die Beweiswürdigung gefunden haben.

2. Die dargelegten Mängel machen eine neue tatrichterliche Prüfung erforderlich. Dabei wird Gelegenheit bestehen, die Einlassung des Angeklagten, er habe mit abgenommener Brille nicht weiter als einen Meter sehen können, nicht nur an Hand seines Aussageverhaltens, sondern auch unter Berücksichtigung seiner tatsächlichen Sehleistung zu überprüfen. Ferner wird darauf hingewiesen, daß aus der in Bezug genommenen Lageskizze eine Türe zwischen

Heizungsraum und Verkaufsraum ersichtlich ist, zu deren Eignung, einem Täter ein Eindringen zu ermöglichen, dem Urteil bislang keine Feststellungen zu entnehmen sind.

Ende der Entscheidung

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