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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.01.2002
Aktenzeichen: 3 StR 477/01
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 154 Abs. 2
StGB § 57 a Abs. 1 Nr. 2
StGB § 211
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 477/01

vom 17. Januar 2002

in der Strafsache

gegen

wegen Mordes u.a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 17. Januar 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 10. August 2001 aufgehoben, soweit die besondere Schwere der Schuld festgestellt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen "Mordes in Tateinheit mit dem unberechtigten Aufenthalt im Bundesgebiet" zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Nach den Feststellungen erstickte die Angeklagte den schlafenden neun Jahre alten Sohn ihres Freundes, weil dieser - wie sie meinte - der von ihr zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts in Deutschland erstrebten Ehe mit dessen Vater im Wege stand. Die Revision der Angeklagten, mit der sie das Verfahren beanstandet und die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts erhebt, hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit die besondere Schwere der Schuld festgestellt worden ist. Im übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Zwischen dem Mord und dem unberechtigten Aufenthalt im Bundesgebiet besteht Tatmehrheit und nicht Tateinheit (vgl. Senge in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 143. ErgLfg. AuslG § 92 Rdn. 7). Dieser Rechtsfehler beschwert die Angeklagte jedoch nicht. Es hätte sich allerdings empfohlen, den gegenüber dem Mord völlig unbedeutenden Verstoß gegen das Ausländergesetz gemäß § 154 Abs. 2 StPO einzustellen.

2. Gegen die Feststellung, die Schuld der Angeklagten wiege besonders schwer im Sinne des § 57 a Abs. 1 Nr. 2 StGB, bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.

Im Rahmen der Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände und der Täterpersönlichkeit, die für die Entscheidung über die besondere Schwere der Schuld erforderlich ist (vgl. BGHSt 40, 360, 370), hat das Landgericht zu Lasten der Angeklagten gewertet, daß sie die zwei Mordmerkmale "Handeln aus niedrigen Beweggründen" und "Heimtücke" verwirklicht, darüber hinaus einen verwerflichen Vertrauensbruch begangen hat und dann weiter ausgeführt: "Schließlich - für die Kammer nicht von wesentlicher Bedeutung - hat die Angeklagte tateinheitlich den Tatbestand des unberechtigten Aufenthalts in Deutschland verwirklicht, welcher gegenüber § 211 StGB ein eigenes Schutzgut enthält." Der der leichten Kriminalität zuzurechnende Verstoß gegen das Ausländergesetz ist für die Entscheidung über die besondere Schwere der Schuld ersichtlich ohne jede Bedeutung. Der Senat kann nicht ausschließen, daß die Feststellung der besonderen Schuldschwere auf dem dargestellten Rechtsfehler beruht.

3. Im übrigen gibt die Abfassung dieses Urteils dem Senat Anlaß zu dem Hinweis, daß die schriftlichen Urteilsgründe nicht dazu dienen, all das zu dokumentieren, was in der Hauptverhandlung an Beweisen erhoben wurde; sie sollen nicht das vom Gesetzgeber abgeschaffte Protokoll über den Inhalt von Angeklagten- und Zeugenäußerungen ersetzen, sondern das Ergebnis der Hauptverhandlung wiedergeben und die Nachprüfung der getroffenen Entscheidung ermöglichen. Deshalb ist es regelmäßig verfehlt, die tatsächlichen Feststellungen mit vielen nebensächlichen Details zu überladen und die Aussagen der Zeugen umfänglich - teilweise im Wortlaut - wiederzugeben. Derartige überflüssige Ausführungen machen die Darstellung im Urteil unübersichtlich und können sogar die Gefahr sachlichrechtlicher Mängel begründen. Mit der Beweiswürdigung soll der Tatrichter - unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten - lediglich belegen, warum er bestimmte bedeutsame tatsächliche Umstände so festgestellt hat. Hierzu wird er Zeugenäußerungen, Urkunden o.ä. nur heranziehen, soweit deren Inhalt für die Überzeugungsbildung nach dem Ergebnis der Beratung wesentlich ist (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 272 m.w.N.).



Ende der Entscheidung

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