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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.03.2008
Aktenzeichen: 3 StR 51/08
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 21
StGB § 64
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 51/08

vom 3. März 2008

in der Strafsache

gegen

wegen versuchter sexueller Nötigung u. a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 3. März 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 31. August 2007 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung zur Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter sexueller Nötigung eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verhängt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet.

Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte seit seiner Jugend in erheblichem und zunehmendem Maße Alkohol und Drogen. Die beiden verfahrensgegenständlichen Taten beging er jeweils nach vorangegangenem starken Alkoholgenuss (Tatzeit-BAK im Fall 2: maximal 1,99 %o). Dies führte zwar nicht zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB, hatte aber jeweils enthemmende Wirkung (UA S. 20). Auch wenn der Angeklagte im Tatzeitraum nicht mehr täglich Alkohol trank, liegt es danach nahe, dass die Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Dies drängte zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Der Tatrichter hatte selbst den Eindruck (UA S. 21), dass der Angeklagte psychologische Unterstützung benötigt, auch bezüglich seines massiven schädlichen Gebrauchs von Alkohol. Er hat es als begrüßenswert bezeichnet, wenn der Angeklagte während der Verbüßung der Haft die Gelegenheit bekommen und auch nutzen würde, entsprechende Therapieangebote in Anspruch zu nehmen.

Die vom Landgericht unterlassene Prüfung erweist sich auch nicht deshalb als entbehrlich, weil nach § 64 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBI I 1327) die Maßregel nicht mehr zwingend angeordnet worden ist. Denn das Gericht muss das ihm nunmehr eingeräumte Ermessen auch tatsächlich ausüben und dies in den Urteilsgründen kenntlich machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.). Im Übrigen sind nach den bisherigen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass hier einer der Ausnahmefälle vorliegt, in denen der Tatrichter nach seinem Ermessen von der Unterbringung absehen könnte.

Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.

Ende der Entscheidung

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