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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.04.2002
Aktenzeichen: 3 StR 55/02
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 78
StGB § 176 Abs. 1
StGB § 174 Abs. 1
StGB § 78 Abs. 3 Nr. 4
StGB § 78 c Abs. 1 Nr. 1
StGB § 174 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 55/02

vom

3. April 2002

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 3. April 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 11. Oktober 2001

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß die Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen entfällt;

b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf eine Verfahrensrüge sowie materiellrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten hat nur den aus der Beschlußformel ersichtlichen Erfolg.

1. Soweit der Angeklagte jeweils auch wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt worden ist, hindert § 78 StGB die Ahndung. Die Verjährungsfrist für sexuellen Mißbrauch einer Schutzbefohlenen beträgt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre. Zum Zeitpunkt der ersten verjährungsunterbrechenden Handlung gemäß § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB, der verantwortlichen Vernehmung des Angeklagten am 27. März 2001, war diese Frist - bei Tatzeiten, die nicht ausschließbar alle in den Jahren 1994 und 1995 gelegen haben (vgl. UA S. 5, 6, 7) - bereits verstrichen. Der Verjährung steht nicht entgegen, daß das Vergehen nach § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB tateinheitlich mit sexuellem Mißbrauch von Kindern zusammentrifft. Auch bei Tateinheit unterliegt jede Gesetzesverletzung einer eigenen Verjährung (BGH NStZ 1990, 80, 81). Dementsprechend war der Schuldspruch abzuändern.

Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die strafschärfende Berücksichtigung verjährter Taten - in eingeschränktem Umfang - möglich (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 11, 19, 20; BGH, Beschl. vom 10. September 1997 - 3 StR 274/97); auch hätte der Tatrichter das zusätzliche Unrecht, das den rechtsfehlerfrei abgeurteilten Taten gemäß § 176 Abs. 1 StGB - ungeachtet der Änderung des Schuldspruchs - dadurch anhaftet, daß der Angeklagte den sexuellen Mißbrauch gerade an dem ihm anvertrauten Stiefkind beging, bei der Strafzumessung zu dessen Lasten berücksichtigen dürfen (BGH NStZ-RR 1998, 175; BGH bei Pfister NStZ-RR 1999, 322). Hier hat der Tatrichter die tateinheitliche Verwirklichung des § 174 Abs. 1 StGB aber sowohl bei der Strafrahmenfindung als auch bei der konkreten Strafzumessung "maßgeblich zu Lasten des Angeklagten gewertet". Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, daß sich der Fehler auf die verhängten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe ausgewirkt hat.

2. Im übrigen hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Ende der Entscheidung

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