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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.04.2007
Aktenzeichen: 3 StR 63/07
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 78 b Abs. 1 Nr. 1
StGB § 174
StGB § 174 Abs. 1
StGB § 176
StGB § 176 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 63/07

vom 3. April 2007

in der Strafsache

gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 3. April 2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 19. September 2006 im Schuldspruch dahin geändert, dass er des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und des sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich der vier Missbrauchsfälle zum Nachteil der Tochter Jessica, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Einholung eines weiteren Gutachtens zur Frage der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerinnen war nicht erforderlich, weil begründete Zweifel an der Sachkunde der Gutachterin nicht bestanden und sich das Landgericht zudem eigene Sachkunde zutrauen durfte. Im Hinblick auf die rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung kann das Urteil auch nicht auf den geltend gemachten Verfahrensfehlern beruhen.

In den vier Missbrauchsfällen zum Nachteil von Jessica muss jeweils die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) entfallen, weil insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Das Landgericht hat in den genannten Fällen als Tatzeitraum März 1996 bis Herbst 1996 festgestellt. Die erste zur Unterbrechung der Verjährung geeignete Handlung war die Anordnung der Beschuldigtenvernehmung am 1. Dezember 2003 (§ 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB). Zu diesem Zeitpunkt war die für § 174 Abs. 1 StGB geltende fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) bereits abgelaufen. Dass dieser Vorwurf jeweils mit dem nicht verjährten sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit steht, ist insoweit ohne Bedeutung; denn die Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem Zusammentreffen für jede Gesetzesverletzung gesondert (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 78 a Rdn. 5 m. w. N.). Die Anwendung des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007), durch das bestimmt ist, dass nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB nunmehr auch bei Straftaten nach § 174 StGB die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht, ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. April 2004) bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten war (vgl. BGHR StGB § 78 b Abs. 1 Ruhen 12). Danach ist der Angeklagte in den vier Missbrauchsfällen zum Nachteil seiner Tochter Jessica jeweils allein des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 StGB in der bis zum 31. März 1998 geltenden Fassung schuldig.

Der Aufhebung der in diesen Fällen verhängten vier Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren sowie der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren (weitere Einzelstrafen: ein Jahr sechs Monate und ein Jahr) bedarf es nicht. Der Senat schließt aus, dass der Tatrichter bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Verjährung geringere Einzelstrafen und eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte. Das Landgericht hat in den betroffenen Fällen den zu Unrecht angenommenen sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen nicht erkennbar strafschärfend berücksichtigt, sondern lediglich zum Nachteil des Angeklagten gewertet, dass Tatopfer seine ihm anvertraute leibliche Tochter war. Eine solche Tatmodalität kann, ungeachtet einer insoweit eingetretenen Verjährung, bei einer Verurteilung nach § 176 StGB - wenn auch mit minderem Gewicht - berücksichtigt werden (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 175 m. w. N.).

Ende der Entscheidung

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