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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: 4 StR 150/04 (1)
Rechtsgebiete: StPO, KWKG, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
KWKG § 22 a
StGB § 113
StGB § 240
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 150/04

vom

8. Juni 2004

in der Strafsache

gegen

wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 8. Juni 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 11. November 2003, soweit es den Angeklagten Sch. betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des Diebstahls in drei Fällen, der gefährlichen Körperverletzung, der schweren räuberischen Erpressung, der Hehlerei sowie des Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe schuldig ist,

b) im Ausspruch über die in den Fällen B 8 und 10 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben,

c) im Ausspruch über die Einziehung des Schreckschußrevolvers Umarex, Modell Champion, Waffen-Nr. 454110, mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere - allgemeine - Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten des Diebstahls in drei Fällen, des Diebstahls mit Waffen, der gefährlichen Körperverletzung, der schweren räuberischen Erpressung, der Hehlerei sowie der versuchten Nötigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und mit "Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz" für schuldig befunden und ihn unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Im übrigen hat es ihn freigesprochen. Ferner hat das Landgericht mehrere Waffen eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Revision führt in den Fällen B 8 und 10 der Urteilsgründe zur Änderung des Schuldspruchs, weil das Landgericht das Konkurrenzverhältnis in diesen Fällen rechtlich fehlerhaft beurteilt hat. Die Annahme des Landgerichts, der Diebstahl mit Waffen (Fall B 8 der Urteilsgründe) stehe zu der vom Landgericht als versuchte Nötigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und "Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz" gewerteten Tat (Fall B 10 der Urteilsgründe) in Tatmehrheit, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat nicht bedacht, daß der Angeklagte bei der Entwendung des Pkw VW Golf am 18. April 2002 gegen 23.10 Uhr die funktionstüchtige Handgranate und den Schreckschußrevolver Umarex, Modell Champion, bei sich führte und er sich anschließend nach Verfolgung durch die Polizei seiner Festnahme durch Bedrohung der Polizeibeamten mit der Handgranate, deren Splint er bereits herausgezogen hatte, widersetzte. Bei dieser Sachlage verbindet das Dauerdelikt der unbefugten Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Handgranate (§ 22 a Abs. 1 Nr. 6 KWKG) beide Handlungen zu rechtlich einer Tat (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 1989, 20; Steindorf, Waffenrecht 7. Aufl. WaffG § 53 Rdn. 42 f.). Daß das Landgericht im Fall B 8 das tateinheitlich erfüllte Verbrechen nach § 22 a KWKG nicht ausgeurteilt hat, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH aaO).

Davon abgesehen, bedarf der Schuldspruch im Fall B 10 der Urteilsgründe auch deshalb der Änderung, weil § 113 StGB gegenüber § 240 StGB lex specialis ist und deshalb die Verurteilung wegen versuchter Nötigung entfallen muß (vgl. BGHR StGB § 113 Konkurrenzen 3).

Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der in den Fällen B 8 und 10 der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafen von zwei bzw. drei Jahren zur Folge. Der neue Tatrichter wird insoweit nunmehr eine neue einheitliche Einzelstrafe festzusetzen haben; dabei ist er durch das Verschlechterungsverbot nur gehindert, eine die Summe aus den bisherigen Einzelstrafen übersteigende neue Einzelstrafe zu verhängen (BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12). Die Aufhebung der beiden Einzelstrafen zieht hier die Aufhebung des - an sich nicht zu beanstandenden - Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es insoweit indes nicht.

2. Auch der Ausspruch über die Einziehung, soweit dieser den Schreckschußrevolver Umarex, Modell Champion, Waffen-Nr. 454110 betrifft, kann nicht bestehen bleiben. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 15. April 2004. Der neue Tatrichter wird - soweit dies noch möglich ist - ergänzende Feststellungen zum Ladezustand des Schreckschußrevolvers bei der Tatbegehung im Fall B 8 der Urteilsgründe zu treffen haben.

3. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück, nachdem sich das Verfahren nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten richtet.

Ende der Entscheidung

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