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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.02.1999
Aktenzeichen: 4 StR 25/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 u. 4
StPO § 357
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
StGB § 255
StGB § 24
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 25/99

vom

23. Februar 1999

in der Strafsache

gegen

wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 23. Februar 1999 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 11. September 1998, auch hinsichtlich des Angeklagten Z. , mit den Feststellungen - mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Tatgeschehen - aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Detmold zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von sieben Jahren und sechs Monaten (B. ) bzw. sechs Jahren und sechs Monaten (Z. ) verurteilt.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte B. Revision eingelegt, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

2. Mit der Sachrüge hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen traten die Angeklagten am Abend des 27. Januar 1998 an den ihnen bekannten Andreas Sch. , der sich in einer Telefonzelle befand, heran und verlangten entsprechend ihrem Plan die Herausgabe von Geld. Als sie bei ihm kein Geld fanden, faßte der Angeklagte B. Andreas Sch. mit beiden Händen am Kopf und stieß ihm sein Knie ins Gesicht, wodurch dieser eine Platzwunde oberhalb der linken Augenbraue und eine Beschädigung dreier Zähne erlitt. Unter dem Eindruck dieser Gewaltanwendung gab Andreas Sch. dem Angeklagten B. seine Armbanduhr heraus.

Anschließend drängten beide Angeklagte ihr Opfer an einen weniger beleuchteten Ort. Dort hielt der Angeklagte B. ihm ein aufgeklapptes Messer mit der Spitze vor den Bauch und forderte ihn auf, "ihnen auf dem Feuerwehrparkplatz in Milse Geld zu übergeben, und zwar am nächsten Tag 100,00 DM, sofern das nicht geschehe, am übernächsten Tag 200,00 DM, sofern dies ebenfalls nicht geschehe, am darauffolgenden Tag 400,00 DM" (UA 13). Nachdem der frühere Mitangeklagte Z. diese Forderung noch unterstrichen hatte, entfernten sich beide.

Andreas Sch. kam der Zahlungsaufforderung nicht nach, sondern erstattete am nächsten Tag Strafanzeige; die beiden Angeklagten wurden am 12. Februar 1998 festgenommen.

b) Der Schuldspruch hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die nicht näher begründete Ansicht des Landgerichts, die Angeklagten hätten sich tateinheitlich mit der gefährlichen Körperverletzung einer (vollendeten) schweren räuberischen Erpressung schuldig gemacht, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Das Abnötigen der Armbanduhr geschah unter Ausnutzung zuvor geübter körperlicher Gewalt ("Kniestoß"), nicht dagegen unter Bedrohung mit dem Messer. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 18. Januar 1999 ist dem Sachverhalt auch nicht zu entnehmen, daß die Angeklagten durch den späteren Einsatz des Messers zugleich mit der Durchsetzung ihres Zahlungsbegehrens auch die Beendigung der bereits vollendeten räuberischen Erpressung hinsichtlich der Armbanduhr fördern wollten, zumal das Tatopfer keine Gegenwehr leistete und ihnen den Besitz der Uhr noch nicht einmal verbal streitig machte. Die Bedrohung mit dem Messer erfolgte vielmehr nur zu dem Zweck, Andreas Sch. doch noch zur Herausgabe von Bargeld - wenn auch erst am nächsten Tag - zu nötigen.

Die Angeklagten haben damit gegenüber der vorangegangenen räuberischen Erpressung eigenwertiges Unrecht verwirklicht: Ihr Verhalten stellt rechtlich den Versuch einer schweren räuberischen Erpressung dar, denn es enthält die Drohung, daß bei Nichtzahlung erneut ein Messer eingesetzt werden würde (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 135). Diese Drohung war auch gegenwärtig im Sinne des § 255 StGB, da die Angeklagten ihrem Opfer eine nicht zu lang bemessene Zahlungsfrist eingeräumt haben (vgl. BGHR StGB § 255 Drohung 9; BGH, Urteil vom 27. August 1998 - 4 StR 332/98, jeweils m.w.N.).

3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt - gemäß § 357 StPO auch bezüglich des Angeklagten Z. - zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alternative StPO Gebrauch gemacht hat. Eine Umstellung des Schuldspruchs auf (vollendete) räuberische Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung - wegen des bestehenden räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs sowie der Tatsache, daß die Angeklagten ihren ursprünglichen, auf die Erlangung von Geld gerichteten Tatentschluß weiter verfolgt haben, wäre eine natürliche Handlungseinheit anzunehmen (vgl. BGHR StGB vor § 1/natürliche Handlungseinheit, Entschluß, einheitlicher 4 und 8) - durch den Senat kommt nicht in Betracht, da die Frage eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch gemäß § 24 StGB geprüft werden muß: Aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich nicht, ob die Angeklagten wegen der Strafanzeige oder aus anderen Gründen ihren Plan nicht weiter verfolgt haben.

Ende der Entscheidung

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