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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.11.1998
Aktenzeichen: 4 StR 465/98
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 und 4
StPO § 358 Abs. 2 Satz 2
StPO § 59
StPO § 61 Nr. 5
StGB § 64
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 465/98

vom

3. November 1998

in der Strafsache

gegen

wegen schweren Raubes u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. November 1998 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 14. April 1998 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erpressung und wegen schweren Raubes in drei Fällen zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Das Rechtsmittel ist, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet, unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 26. August 1998 zutreffend ausgeführt hat. Zu der erhobenen Verfahrensrüge - Verletzung des § 59 StPO wegen der unterbliebenen Vereidigung des Zeugen Z. - bemerkt der Senat ergänzend, daß ein Verfahrensbeteiligter, der selbst nach § 61 Nr. 5 StPO wirksam auf die Vereidigung eines Zeugen verzichtet hat, seine Revision nicht auf das Fehlen der Verzichtserklärung eines anderen Beteiligten stützen kann (vgl. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1984, 209; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 43. Aufl. § 61 Rn. 33; Pelchen in KK-StPO 3. Aufl. § 61 Rn. 33).

Die Revision hat jedoch insoweit Erfolg, als das Landgericht nicht geprüft hat, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Die Erörterung dieser Frage drängte sich hier auf:

Nach den Urteilsfeststellungen konsumierte der Angeklagte seit Herbst 1996 "nahezu täglich Heroin", wobei sein "Verlangen nach Heroin ständig zunahm" und seine "Tagesdosis sich zuletzt auf 2 Gramm Heroin belief". Er litt "mehrmals pro Woche unter Entzugserscheinungen wie Schlafstörungen, Ganzkörperschmerz und Gehproblemen" (UA 7). Die Raubtaten vom 18.8./19.8 1997 und 2.9.1997 (Fälle II. 2.und 4. der Urteilsgründe) verübte der Angeklagte, der zu den Tatzeitpunkten jeweils unter Entzugserscheinungen litt, "weil er dringend Geld (zur Beschaffung von Heroin) benötigte" (UA 9/11).

Angesichts dieser Feststellungen lag die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nahe. Daß bei dem Angeklagten die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht besteht (vgl. BVerfGE 91,1 ff. = NStZ 1994, 578), ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Das Landgericht hätte daher darlegen müssen, warum es gleichwohl von der Unterbringung abgesehen hat (vgl. BGHSt 37, 5, 7; 38, 362, 363). Daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5).

Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des Urteils, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht angeordnet ist. Der Senat kann ausschließen, daß der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Strafen erkannt hätte. Die Strafaussprüche können daher bestehen bleiben.



Ende der Entscheidung

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