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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 4 StR 480/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 22 Nr. 5
StPO § 338 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 480/08

vom 11. November 2008

in der Strafsache

gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. November 2008 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 29. April 2008 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Zu der Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 3 StPO bemerkt der Senat in Ergänzung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 6. Oktober 2008:

Das Ablehnungsgesuch des Verteidigers gegen den Vorsitzenden der Strafkammer ist nicht zu Unrecht verworfen worden. Wie in dem das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss zutreffend ausgeführt ist und wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift weiter dargelegt hat, vermochte der Umstand, dass über den auf die Vernehmung der Glaubhaftigkeitsgutachterin als Zeugin gerichteten Beweisantrag nicht sofort entschieden wurde, den Eindruck einer Voreingenommenheit des abgelehnten Richters nicht zu begründen. Denn der Vorsitzende äußerte sich selbst ausführlich zu dem Inhalt des mit der Sachverständigen außerhalb der Hauptverhandlung geführten Telefonats und eröffnete dem Verteidiger auch die Möglichkeit, die Sachverständige - wenn auch außerhalb der Hauptverhandlung - zu dem Telefonat zu befragen.

Dass der abgelehnte Vorsitzende dabei Bedenken gegen die Zulässigkeit des Beweisantrags äußerte und die Strafkammer den Beweisantrag auch als unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO) abgelehnt hat, begründete das Ablehnungsgesuch ebenfalls nicht. Zwar begegnet die Auffassung der Strafkammer durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit danach die beantragte Vernehmung der Sachverständigen B. als Zeugin zu dem Telefonat mit dem Vorsitzenden nach dem Rechtsgedanken des § 22 Nr. 5 StPO schon deshalb unzulässig sei, weil damit der Vorsitzende bei der Würdigung der zeugenschaftlichen Bekundungen der Sachverständigen "letztlich über die Zuverlässigkeit seiner eigenen Äußerungen und Erinnerungen zu befinden hätte". Diese Begründung trägt nicht; denn § 22 Nr. 5 StPO schließt den Richter nicht allein schon deshalb aus, weil seine Vernehmung als Zeuge zu Umständen, die im Zusammenhang mit dem Verfahren stehen, möglicherweise in Betracht kommt, falls im Einzelfall eine dienstliche Erklärung hierzu nicht ausreicht (vgl. dazu Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 22 Rdn. 20 m.N.). Die gegenteilige Auffassung des Vorsitzenden - und ihr folgend auch die der Kammer in dem den Beweisantrag zurückweisenden Beschluss - ist danach zwar rechtsfehlerhaft, gleichwohl aber nicht willkürlich; sie begründet deshalb nach der Rechtsprechung auch nicht die Besorgnis der Befangenheit (vgl. Meyer-Goßner aaO § 24 Rdn. 14 m.N.).

Soweit der Beschwerdeführer die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Vorsitzenden der Strafkammer nunmehr in der Revision aus dem Inhalt des Telefonats selbst, das der Vorsitzende mit der Sachverständigen geführt hat, herleitet, ist dies für die Entscheidung des Revisionsgerichts unbeachtlich. Denn darauf war das Ablehnungsgesuch nicht gestützt. Der Senat braucht deshalb nicht darüber zu befinden, ob für den Anruf bei der Sachverständigen überhaupt ein begründeter Anlass bestand und ob es unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Zurückhaltung frei von Bedenken ist, dass der Vorsitzende die Sachverständige bei dem Telefonat nach Unterrichtung über die gegen den Angeklagten ergangene Haftanordnung auch gefragt hat, ob sie an ihrer negativen Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Nebenklägerin in ihrem vorbereiteten schriftlichen Gutachten festhalte. Dass dies zumindest bei dem Beschwerdeführer den Eindruck erwecken konnte, die Sachverständige könne sich hinsichtlich des Ergebnisses ihres Gutachtens beeinflusst gesehen haben, liegt - zumal unter den hier gegebenen Umständen - nicht fern.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ende der Entscheidung

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