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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 28.09.2006
Aktenzeichen: 5 StR 140/06
Rechtsgebiete: BRKG, StPO, LRHG, LBG, LHO


Vorschriften:

BRKG § 2 Abs. 2 Satz 1 a. F.
BRKG § 3 Abs. 3 Satz 1 a. F.
BRKG § 16 Abs. 6
BRKG § 21 a. F.
StPO § 267 Abs. 5 Satz 1
LRHG § 5 Abs. 1
LRHG § 5 Abs. 1 Satz 2
LRHG § 6 Abs. 1 Satz 1
LBG § 54 Abs. 1 Satz 1
LBG § 130
LHO §§ 88 ff.
LHO § 90 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 StR 140/06

vom 28. September 2006

in der Strafsache

gegen

wegen Betruges

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 26. und 28. September 2006, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter Basdorf, Richterin Dr. Gerhardt, Richter Dr. Raum, Richter Dr. Brause, Richter Schaal als beisitzende Richter,

Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof S. , Staatsanwältin N. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwältin Sa. als Verteidigerin,

Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

am 28. September 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. November 2005 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte von den Anklagevorwürfen eins bis zwölf freigesprochen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, vom 4. März 1999 bis 28. Dezember 2001 mit unzutreffenden Angaben in zehn Fällen - insgesamt 22 Dienstreisen betreffend - bei seiner Behörde und in zwei Fällen als Beiratsmitglied einer OHG von dieser die Erstattung von Reisekosten begehrt und dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil in Höhe von insgesamt über 5.000 DM erlangt zu haben. Die dagegen gerichtete, von der Bundesanwaltschaft vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

Die Freisprechung des Angeklagten von dem Vorwurf, eine ihm sachlich nicht zustehende erhöhte Eigenheimzulage beantragt zu haben (Fall 13 der Anklage), hat die Beschwerdeführerin von ihrem Revisionsangriff ausgenommen.

1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

a) Der Angeklagte trat 1976 als Jurist in die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens ein und beteiligte sich 1991 als abgeordnetes Mitglied des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen am Aufbau des Landesrechnungshofs Brandenburg in Potsdam. Am 1. März 1993 wurde er dessen Mitglied und am 1. Januar 1996 zum Vizepräsidenten ernannt. Er leitete bis zu seiner am 2. April 2003 verfügten vorläufigen Enthebung vom Dienst eine Prüfungsabteilung, der drei Prüfungsgebiete angehörten, die u. a. Grundsatzfragen der Verwaltungsorganisation, der Personalausgaben und des Steuerrechts sowie die Prüfung der Personalausgaben umfassten. Der Angeklagte nahm die Hilfe einer Mitarbeiterin in seinem Vorzimmer bei der Abrechnung seiner zahlreichen von ihm selbst angeordneten Dienstreisen nicht in Anspruch.

b) Der Angeklagte verband in vier Fällen Dienstreisen mit Privatreisen. Das Landgericht hat den Angeklagten nicht für verpflichtet gehalten, solches bei der Antragstellung zu offenbaren, weil nach § 2 Abs. 1 der Verordnung zu § 16 Abs. 6 BRKG der fiktive Reiseverlauf ausschlaggebend sei und eine Darlegung der konkreten Reise von dem in diesen Fällen verwendeten Formular nicht verlangt worden sei.

c) Das Landgericht hat zu fünf geltend gemachten Dienstreisen zum Landesrechnungshof in Düsseldorf Mitarbeiter jener Behörde als Zeugen vernommen, die bestätigten, dass der Angeklagte häufiger im Haus gewesen sei und in kollegialen Gesprächen - auch montags oder freitags - Rat und Unterstützung bei den nordrhein-westfälischen Kollegen gesucht habe.

Soweit Zeitangaben auf Tankbelegen die Durchführung von Dienstbesprechungen in Zweifel zögen, lasse sich eine Verlegung der Besprechungen auf den frühen Montagmorgen bzw. den späten Freitagnachmittag nicht ausschließen. Darüber hinaus könne nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte, der meistens erst nach mehreren Monaten die Dienstreisen abrechnete, vorsätzlich falsche Angaben gemacht habe.

Zu einer Reise stellt das Landgericht zwar fest, dass der Angeklagte nach dem Inhalt eines beschlagnahmten Tankbuchs die Fahrt zur angegebenen Zeit nicht mit seinem eigenen Pkw unternommen hat. Die Einlassung des Angeklagten, er habe die Reise mit einem von der Werkstatt gestellten Mietfahrzeug ausgeführt, sei jedoch nicht zu widerlegen, alternativ auch nicht die Möglichkeit, dass die Reise eine Woche vorverlegt worden sei und der Angeklagte es versäumt habe, dies in seinem privaten Kalender zu ändern.

d) In drei Fällen der Doppelabrechnung hat das Landgericht ein Versehen des Angeklagten nicht für ausgeschlossen gehalten.

e) Das Landgericht hat in acht Fällen, in denen es Indizien gegen die Richtigkeit der vom Angeklagten angegebenen Reisezeiten gefunden hat, ein betrügerisches Handeln, um den hier jeweils in Frage stehenden geringen finanziellen Vorteil eines nicht zustehenden Tagegeldes in Höhe von 10 DM zu erlangen, jedenfalls aus subjektiven Gründen ausgeschlossen.

f) Das Landgericht schließt in den Fällen 8 und 12, zwei Reisen zu Beiratssitzungen betreffend, einen Betrug des Angeklagten zu Lasten der A. OHG aus. Nach der Einlassung des Angeklagten ergebe sich aus der Vergütungsregelung der OHG, dass der entstandene Aufwand der Beiratsmitglieder nach steuerlichen Pauschsätzen abzugelten sei, ohne dass es auf den tatsächlichen Reiseverlauf oder etwaige Leistung Dritter ankomme. Dies folge "aus der Natur der beschlossenen Vergütungsregelung als reiner Rechtsfolgenverweisung" (UA S. 33). Das Landgericht hält die für den Angeklagten günstigere Auslegungsvariante - pauschale Abrechnung der Reisen nach Entfernungskilometern - für denkbar und legt diese seiner Wertung zu Grunde.

2. Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrügen, gegen deren Zulässigkeit von der Verteidigung zu Recht Bedenken erhoben worden sind, kommt es demnach nicht mehr an.

a) Die Begründung des Freispruchs genügt jedenfalls in drei Fällen (3 a, 8 und 12) bereits nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO. Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter im Urteil zunächst diejenigen Tatsachen bezeichnen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung dartut, aus welchem Grund die Feststellungen nicht ausreichen. Dies hat nach der Aufgabe, welche die Urteilsgründe erfüllen sollen, so vollständig und genau zu geschehen, dass das Revisionsgericht in der Lage ist nachzuprüfen, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil teilweise nicht gerecht.

Im Fall 3 a hat es das Landgericht unterlassen, die objektiv falsche Angabe des Angeklagten in dessen Antrag auf Reisekostenerstattung vom 25. Mai 1999 festzustellen. Solches ist aber Voraussetzung für die weitere Prüfung, warum die Geltendmachung der unzutreffenden Tatsache keinen Betrug darstellt.

Bei der in den Fällen 8 und 12 vorzunehmenden Auslegung der Vergütungsregelung der A. OHG ist zwar anerkannt, dass dem Tatrichter ein Ermessensspielraum zusteht und die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf beschränkt ist, ob ein Verstoß gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze oder allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (vgl. BGH NJW 2004, 2248, 2250, insoweit in BGHSt 49, 147 nicht abgedruckt). Die danach mögliche und gebotene Kontrolle hätte aber eine aus sich heraus verständliche Darstellung der Vergütungsregelung der A. OHG erfordert. Demgegenüber hat sich das Landgericht auf die Wiedergabe des vom Angeklagten mitgeteilten rechtlichen Charakters der Regelung und deren rechtlicher Begründung beschränkt. Solches reicht weder als Grundlage für die vom Landgericht vorgenommene Auslegung noch für deren Prüfung durch das Revisionsgericht aus.

b) Auch im Übrigen hält die Beweiswürdigung des Landgerichts revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.

aa) Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen das Landgericht Einlassungen des Angeklagten zur Widerlegung von Belastungsindizien ohne kritische Prüfung und ohne jeden Anhaltspunkt aus dem erlangten, auch den Inhalt der Einlassungen betreffenden Beweisergebnis gefolgt ist (vgl. BGH NJW 2002, 2188, 2189; 2003, 2179 m.w.N.).

Die vom Angeklagten abgerechneten Dienstreisen zum Landesrechnungshof in Düsseldorf zu Beratungen mit ehemaligen Kollegen (Fälle 5 b, 7 a, 7 b, 10 b, 11 a) sind sämtlich dadurch gekennzeichnet, dass einem routinemäßigen Ablauf dieser Treffen, wie er sich aus den Reisekostenanträgen ergibt, objektive Indizien entgegenstanden. In den Fällen 5 b, 7 b, 10 b und 11 a sprechen Tankquittungen (bei 5 b und 7 b sogar aus Orten, die bei Nutzung der kürzesten Reiseroute nicht erreicht werden) gegen eine Anwesenheit des Angeklagten zu den üblichen Dienstzeiten in der Behörde. Das Landgericht hat zwar die Beweiskraft der Belastungsindizien letztlich nicht in Frage gestellt. Es hat aber, allein der Einlassung des Angeklagten folgend, diese Treffen als kurzfristig auf eher unübliche Dienstzeiten verlegt angesehen. Diese Häufung von Besonderheiten hätte mit der dazu durchgeführten Beweisaufnahme abgeglichen werden müssen. Die hierzu vernommenen Zeugen bestätigten aber lediglich, dass Besuche des Angeklagten meist nach telefonischer Kontaktaufnahme stattfanden. Ein Bezug zu den abgerechneten Reisen lässt sich aus diesen Aussagen nicht entnehmen.

Auch in den Fällen 6 sowie 7 a und d ist das Landgericht Einlassungen des Angeklagten ohne jede erforderliche nähere kritische Prüfung gefolgt.

bb) Soweit das Landgericht im Fall 9 entgegen der durch die Unterschrift des Angeklagten vom 19. April 2001 bestätigten Verantwortlichkeit (vgl. Meyer/Fricke, Reisekosten im öffentlichen Dienst 4. Aufl. [132. Lfg.] BRKG § 3 Rdn. 118) für die - in Wirklichkeit nicht durchgeführte - Rückreise von Speyer nach Potsdam am 16. März 2001 vorsätzliches Handeln des Angeklagten wegen eines Versehens im Blick auf die Gepflogenheit einer Abrechnung mit fiktiven Reisedaten verneint, kann es der Senat dahinstehen lassen, ob der Tatrichter nicht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 5 und 16). Jedenfalls hat die Beweiswürdigung wegen Lückenhaftigkeit keinen Bestand (vgl. BGH wistra 2002, 430 m.w.N.; BGH NJW 2006, 925, 928 m.w.N.). Das Landgericht hat bei der Würdigung, ob dem Angeklagten ein Versehen unterlaufen sein kann, nicht bedacht, dass nicht die objektiv wahrheitswidrigen Angaben eines - vielleicht nachlässigen - Durchschnittsbeamten zu beurteilen sind, sondern eines Spitzenbeamten, der jahrzehntelang damit befasst war, Einnahmen des Staates sicherzustellen und unnötige Ausgaben zu verhindern. Einem Beamten, der - wie der Angeklagte - im Aufspüren von Fällen der Verschwendung staatlicher Mittel geschult ist, werden aber folglich auf dem eigenen Prüfungsgebiet auch bei unrichtigen Angaben zu seinen Gunsten in weitaus geringerem Umfang Versehen unterlaufen als einem Durchschnittsbeamten.

Diese Erörterungslücke erfasst auch die Beweiswürdigung in sämtlichen Fällen, in denen das Landgericht dem Angeklagten Versehen zugebilligt oder letztlich vorsätzliches Handeln wegen des geringen finanziellen Vorteils ausgeschlossen hat.

cc) Insbesondere fehlt es bei der Prüfung der prozessentscheidenden Frage, ob der Angeklagte bewusst getäuscht oder versehentlich falsche Angaben gemacht hat, an der unerlässlichen Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, namentlich unter Berücksichtigung der durchaus verschiedenartigen unrichtigen Angaben, aus denen Anhaltspunkte für bewusste Täuschungen herzuleiten sind (vgl. BGH NJW 2003, 2250 m.w.N.).

3. Die Sache bedarf demnach insgesamt neuer Aufklärung und Bewertung. Der neue Tatrichter wird dabei insbesondere Folgendes zu bedenken haben:

a) In den Fällen 1, 2 a, b, c, 4, 5 b, 6, 7 a, 7 b, 7 d, 7 e, 7 g, 9, 10 a, 10 b, 11 a und 11 b bestehen Bedenken gegen den rechtlichen Ausgangspunkt des Landgerichts (vgl. BGH wistra 2006, 262, 263), auch wenn dies nicht betrugsrelevant sein muss. Das Landgericht hat dabei übersehen, dass in diesen Fällen ein Anspruch des Angeklagten auf Reisekostenvergütung schon deshalb zweifelhaft ist, weil der Angeklagte ohne schriftliche Genehmigung seines Dienstvorgesetzten die Vergütungsansprüche geltend gemacht hat.

Die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BRKG a. F. erforderliche schriftliche Anordnung oder Genehmigung der zuständigen Behörde ist eine der Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs auf Reisekostenvergütung (Meyer/Fricke aaO [124. Lfg.] BRKG § 2 Rdn. 75). Diese Vorschrift ist auf Vergütungsanträge des Angeklagten anzuwenden. Nach § 5 Abs. 1 LRHG ist der Angeklagte Beamter auf Lebenszeit, für den gemäß § 130 LBG - mangels anderweitiger Regelungen im LRHG - die Vorschriften des Landesbeamtengesetzes anzuwenden sind. Beamte des Landes Brandenburg erhalten nach § 54 Abs. 1 Satz 1 LBG Reisekostenvergütungen in entsprechender Anwendung der für die Bundesbeamten jeweils geltenden Rechtsvorschriften. Somit ist das BRKG anzuwenden.

Die in § 2 Abs. 2 Satz 1 BRKG a. F. statuierten Ausnahmen greifen in den in Frage stehenden Fällen zugunsten des Angeklagten nicht ein. Das Amt des Angeklagten erfordert keine Ausnahme von dem Erfordernis einer Genehmigung. Solches kommt nur bei Behördenleitern in Betracht, die keinen Vorgesetzten haben (Meyer/Fricke aaO Rdn. 89). Dazu zählt der Angeklagte nicht. Er untersteht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 LRHG der Behördenleitung durch den Präsidenten des Landesrechnungshofs. Dieser hätte die Reisen genehmigen müssen.

In den hier einschlägigen Fällen, Fortbildungsreisen oder Dienstreisen, die nicht zur Erfüllung oder im Zusammenhang einer Prüfungstätigkeit nach §§ 88 ff. LHO vorgenommen worden sind, kommt eine Ausnahme nach dem Wesen der Dienstgeschäfte ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Meyer/Fricke aaO Rdn. 92). Die nach § 5 Abs. 1 Satz 2 LRHG dem Angeklagten zukommende richterliche Unabhängigkeit erfasst die hier in Frage stehenden Dienstreisen nicht. Die richterliche Unabhängigkeit bezieht sich nur auf eine Tätigkeit des Angeklagten im Rahmen der externen Finanzkontrolle (vgl. Engels in Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht [41. Lfg.] § 3 BRHG Rdn. 18). Diese Auslegung wird aus systematischer Sicht durch die Dienstreisen von Richtern betreffende Vorschrift des § 21 BRKG a. F. bestätigt. Danach sind Richter vom Erfordernis einer Genehmigung von Dienstreisen nur freigestellt in vom Gesetz näher bezeichneten Rechtsangelegenheiten (vgl. Meyer/Fricke aaO [106. Lfg.] BRKG § 21 Rdn. 8), mit denen allein Aufgaben der Rechtsprechung erfüllt werden.

Schließlich gehört der Angeklagte nicht zu dem Kreis von Amtsinhabern, denen - innerhalb ihres Amtsbezirks - eine allgemeine Reiseanordnung oder -genehmigung erteilt werden darf (vgl. Meyer/Fricke aaO [124. Lfg.] BRKG § 2 Rdn. 85). Der Angeklagte hat nach den Feststellungen des Landgerichts eine solche ebenfalls schriftlich zu erteilende Genehmigung nicht vorgelegt oder auch nur auf eine solche Bezug genommen.

Eine Abrechnung einer Dienstreise ohne Genehmigung hätte der Angeklagte im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung von Personalausgaben bei Dritten in Ausübung seiner Berufspflichten gemäß § 90 Nr. 2 LHO als nicht ordnungsgemäß belegte Ausgaben beanstanden müssen (vgl. Nawrath in Heuer aaO [27. Lfg.] § 90 BHO Rdn. 7).

b) Zweifelhaft erscheint auch, ob die Verwendung eines Sammelformulars (Fälle 2 a bis c; 3 a und b; 5 a bis 7 g; 10 a bis 11 b), auf dem nur Raum für Reisebeginn, -ende und -ort vorhanden war, eine Beschränkung der dem Angeklagten obliegenden Darlegungspflichten bewirken kann (dagegen Meyer/Fricke aaO [132. Lfg.] § 3 BRKG Rdn. 116 und 118), wenn hierdurch eine hinreichende Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzungen von vorneherein ausgeschlossen ist.

c) In mehreren Fällen hat das Landgericht nicht erwogen, dass der Angeklagte verpflichtet gewesen war, den Abbruch der Dienstreise vom Geschäftsort zum Dienstort durch Übergang in die Freizeit vor Erreichen des Dienstortes bei der Antragstellung mitzuteilen. Zwar waren die Reisen zum Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Cottbus (vgl. § 15 Abs. 1 LRHG) ersichtlich der externen Finanzkontrolle zuzuordnen und demgemäß genehmigungsfrei. Im Blick darauf, dass der Angeklagte als Ausfluss seiner sachlichen Unabhängigkeit keine Dienststunden einzuhalten hatte (vgl. - wenn auch kritisch - Engels aaO Rdn. 21), bestand hier keine Verpflichtung, jeweils zur Dienststelle zurückzukehren (vgl. auch BVerwGE 82, 148). Indes hätte ein Abbruch der Dienstreise zu einer jeweils geringeren Fahrkostenerstattung und zu Wegfall oder Reduzierung der Tagegelder führen können. Ein Beamter, der sich - wie hier der Angeklagte - in die Freizeit begeben hat, nimmt nur noch eigene Interessen wahr. Es versteht sich dann aber von selbst, dass er dafür von seiner Behörde weder (fiktive) Fahrkosten noch Tagegelder in Anspruch nehmen kann.

d) Zur Würdigung der vom Angeklagten angezweifelten Richtigkeit der in den Tank- und Einkaufsbelegen ersichtlichen Uhrzeiten weist der Senat auf Folgendes hin: Den Beweiswert derartiger Quittungen hat der Tatrichter nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpften Überzeugung zu beurteilen. Es erscheint indes wenig plausibel, dass - wie der Angeklagte dies vorbringt - bei einer Vielzahl von automatisiert erstellten Tank- und Einkaufsbelegen jeweils die automatisch aufgedruckte Uhrzeit falsch sein könnte. Eine derartige Häufung wäre jedenfalls in einem Maße außergewöhnlich, dass solches besonders kritischer Begründung bedürfte. Derartige automatisiert erstellte Quittungen sind immerhin regelmäßig von solcher Qualität, dass die mit Hilfe elektronischer Registrierkassen erfassten Umsätze bei für die Finanzverwaltung transparentem Einsatz der Arbeitsprogramme als Nachweis im Steuerrecht anerkannt werden (vgl. BMF-Schreiben vom 9. Januar 1996 - IV A 8 - S 0310 - 5/95, BStBl I 1996, 34 f.; BMF-Schreiben vom 21. November 1994, IV B 2 - S 2145 - 165/94, BStBl I 1994, 855 f.).

e) Der neue Tatrichter wird insbesondere in den Fällen der Dienstreisen nach Düsseldorf auch deren Notwendigkeit in den Blick zu nehmen haben. Für die nach den bisherigen Feststellungen häufigen Reisen des Angeklagten mit dem Ziel, Sach- und Rechtsfragen mit ehemaligen Kollegen in Düsseldorf zu erörtern, ist angesichts der auch damals bestehenden guten Kommunikationsmöglichkeiten ein dienstliches Bedürfnis eher nicht zu erkennen (vgl. Meyer-Fricke aaO [121. Lfg.] BRKG § 3 Rdn. 35). Dies und die auffällige Anberaumung solcher Reisen im Zusammenhang mit privaten Aufenthalten an Wochenenden in der Nähe des Geschäftsortes wird vielmehr eine Prüfung der Frage angezeigt erscheinen lassen, ob solche Reisen nicht mit dem Ziel durchgeführt wurden, Wochenendheimreisen mit Hilfe von Dienstreisen anstatt Trennungsgeldern finanziert zu erhalten.

f) Die von der A. OHG gewährten Reisekostenvergütungen sind dem Angeklagten nicht des Amtes wegen im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 BRKG a. F. gewährt worden (vgl. Meyer-Fricke aaO [84. Lfg.] BRKG § 3 Rdn. 70 f.). Daher liegt es nahe, dass in diesem Bereich "Doppelabrechnungen" nicht betrugsrelevant sind.

g) In den Fällen, in denen der Angeklagte es unterlassen hat, die Verbindung von Dienstreisen mit privaten Reisen mitzuteilen (vgl. Meyer/Fricke aaO [100. Lfg.] § 2 VO zu § 16 Abs. 6 BRKG Rdn. 53 f.), könnte eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Betrugs eher ausscheiden und zwar namentlich mangels Vermögensschadens im Blick auf die ständige Anerkennung triftiger Gründe für die Benutzung eines privaten Pkw.

h) Bei der erforderlichen neuen Gesamtwürdigung wird es sich für den neuen Tatrichter anbieten, gegebenenfalls auch Fälle aus rechtsverjährter Zeit heranzuziehen, aber auch den Blick auf das Gesamtbild der Antragspraxis des Angeklagten zu richten und dabei namentlich die Frage zu bedenken, ob und in welchem Umfang die Antragspraxis für ihn auch finanzielle Nachteile zur Folge hatte. Dabei kann im Hinblick auf die subjektive Tatseite auch dem Umstand Gewicht zukommen, dass der Angeklagte in einem Fall auf eine Überzahlung zu seinen Gunsten hingewiesen hat und in einem weiteren Fall auf die Erstattung von Reisekosten verzichtet haben soll. In diesem Zusammenhang wird auch zu bedenken sein, dass in einer größeren Zahl von Einzelfällen der Vermögensvorteil jeweils nur 10 DM betragen hat.

Schließlich wird auch der Frage nachzugehen sein, in welcher Weise andere Behördenmitglieder ihre Reisekosten abgerechnet haben, bzw. ob die festgestellten Unkorrektheiten beim Landesrechnungshof Brandenburg etwa üblichen Gepflogenheiten entsprochen haben.

Ende der Entscheidung

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