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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.04.2000
Aktenzeichen: 5 StR 17/00
Rechtsgebiete: StPO, StGB, StGB-DDR


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 177 Abs. 1
StGB § 176
StGB § 176 Abs. 3 a.F.
StGB-DDR § 148 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 17/00

vom

3. April 2000

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u. a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. April 2000 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Juli 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO

a) aufgehoben im Fall 3 der Urteilsgründe; auch insoweit wird der Angeklagte - auf Kosten der Staatskasse, die insoweit auch seine notwendigen Auslagen zu tragen hat - freigesprochen;

b) im übrigen im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs von Kindern in fünf Fällen schuldig ist;

c) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen 1, 6 und 7 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes in drei Fällen sowie wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in vier Fällen zu sechs Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Schuldsprüche wegen Vergewaltigung haben keinen Bestand.

a) Der bewußte Einsatz eines Nötigungsmittels im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB ist in keinem der Fälle ausreichend mit Tatsachen belegt. Die getroffenen Feststellungen zum mangelnden Einverständnis der Nebenklägerinnen, zu ihrer Angst vor dem Angeklagten und zu tatbegleitenden körperlichen Bedrängungen sind hier nicht ausreichend.

b) Angesichts der Feststellungen zum Nachtatverhalten des Angeklagten in den fraglichen Fällen und nach dem aus dem Urteil ersichtlichen Aussageverhalten der Nebenklägerinnen kann der Senat ausschließen, daß ein neuer Tatrichter insoweit zu tragfähigen Feststellungen gelangen könnte.

Dies zieht im Fall 3 der Urteilsgründe, der sexuelle Handlungen an der damals 15jährigen Nichte N betrifft, den Freispruch nach sich. Die Ausurteilung eines tateinheitlichen Vergehens nach § 176 StGB beruht hier ersichtlich auf einem Versehen des Tatrichters.

Zu den Fällen 6 und 7 der Urteilsgründe, sexuelle Handlungen zum Nachteil der damals 12jährigen Nichte M betreffend, und zwar Manipulationen während einer Autofahrt und die unmittelbar anschließende Ausübung des Beischlafes mit dem Kind, macht die Revision zutreffend geltend, daß - ungeachtet des nicht näher belegten tatrichterlichen Einschubs über eine angeblich neue Tatidee - eine natürliche Handlungseinheit vorliegt. Der Senat ist nicht gehindert, insoweit auf ein Vergehen des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes durchzuentscheiden.

2. Ungeachtet dessen, daß die Darstellung der Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil den von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen (vgl. nur Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 267 Rdn. 12 m.w.N.) im einzelnen nicht in jeder Hinsicht genügt, zudem erhebliche Ungenauigkeiten aufweist, beruhen die aufrechterhaltenen Schuldsprüche auf einer nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch ausreichenden Beweisgrundlage. Auch die Feststellung uneingeschränkter Schuldfähigkeit des Angeklagten erweist sich im Ergebnis als rechtsfehlerfrei.

3. Die Einzelstrafaussprüche in den Fällen 6/7 der Urteilsgründe entfallen mit der Schuldspruchänderung. Hier wird der neue Tatrichter aus dem Strafrahmen des § 176 Abs. 3 StGB a.F. eine neue Einzelfreiheitsstrafe zu bestimmen haben.

Die dem zutreffenden Strafrahmen des § 148 Abs. 1 StGB-DDR entnommene Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren im Fall 1, die angesichts des geringen Alters der Geschädigten nicht überhöht erscheint, ist gleichwohl aufzuheben, weil der Tatrichter zum Nachteil des Angeklagten entgegen den Feststellungen gewertet hat, der Angeklagte habe die Geschädigte "vergewaltigt" (UA S. 64).

Die verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen von zweimal einem Jahr (Fälle 2 und 5) und einmal sechs Monaten (Fall 4) bleiben aufrechterhalten. Angesichts ihrer niedrigen Bemessung läßt sich ausschließen, daß sie auf der teilweise zu schweren Bewertung der übrigen Fälle beruhen können.

Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Der neue Tatrichter wird die beiden Einzelstrafen für die Fälle 1 und 6/7 und die hieraus und aus den drei aufrechterhaltenen Einzelstrafen zu bildende Gesamtstrafe auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zu bemessen haben, die lediglich durch neue widerspruchsfreie Feststellungen ergänzbar sind.

Die gebotene Auslagenentscheidung zugunsten der Nebenklägerinnen (UA S. 67) wird der neue Tatrichter zu tenorieren haben.

Ende der Entscheidung

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