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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.06.2001
Aktenzeichen: 5 StR 198/01
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1
StGB § 177 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 198/01

vom

13. Juni 2001

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung u. a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2001 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. November 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO

a) aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall 2 des Urteils wegen versuchten sexuellen Mißbrauchs eines Kindes verurteilt worden ist; insoweit wird der Angeklagte freigesprochen und fallen die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) in den Fällen 6 bis 8, 11 und 12 des Urteils jeweils im Schuldspruch dahin abgeändert, daß insoweit die Verurteilung wegen tateinheitlicher Vergewaltigung entfällt, und in den Einzelstrafaussprüchen aufgehoben;

c) im Gesamtstrafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der verbleibende Schuldspruch wird dahin klargestellt, daß der Angeklagte wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes, wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in sechs Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Vergewaltigung, sowie wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung und in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, verurteilt ist.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen einer Serie des sexuellen Mißbrauchs seiner Stieftochter mit zwölf abgeurteilten Einzelfällen zu acht Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge in einem Fall zur Aufhebung des Schuldspruchs und Freisprechung des Angeklagten, in fünf Fällen zur Reduzierung des Schuldumfangs durch Wegfall einer jeweils mitabgeurteilten tateinheitlichen Vergewaltigung. Im übrigen ist die Revision des Angeklagten unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Im Fall 2 ist den Urteilsfeststellungen jedenfalls zu entnehmen, daß der Angeklagte vom unbeendeten Versuch des schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes zurückgetreten ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB), indem er sich mit der Weigerung seiner Stieftochter abfand. Der Senat entscheidet insoweit auf Freispruch durch. Der Einzelstrafausspruch von zehn Monaten Freiheitsstrafe entfällt.

2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen tateinheitlicher Vergewaltigung hält in den Fällen 3 bis 5 und 9 wegen der jeweiligen Feststellung gewaltsamer Durchsetzung intensiver Sexualhandlungen im Sinne des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB der Überprüfung stand. Im Blick auf das vom Angeklagten jeweils verwirklichte Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB sind die Taten insoweit im Urteilstenor - nur - als Vergewaltigungen zu bezeichnen, und zwar auch, soweit das Landgericht - im Fall 4 (UA S. 49; bei der Begründung des Schuldspruchs enthält das Urteil auf UA S. 44 ein offensichtliches Fassungsversehen) - die Strafe dem Strafrahmen des § 177 Abs. 1 StGB entnommen hat (vgl. BGH bei Pfister NStZ-RR 2000, 353, 357). Der Senat stellt den Schuldspruch insoweit klar.

Soweit der Angeklagte indes in den Einzelfällen 6 bis 8, 11 und 12 gegen seine Stieftochter nicht gewaltsam vorgegangen ist und sie damit auch nicht ausdrücklich bedroht hat, reichen die Gesamtfeststellungen zur vorliegenden Mißbrauchsserie, die nicht allein durch gewaltsames Vorgehen des Angeklagten, sondern gerade auch durch "Liebesschwüre" und Beschenkungen sowie durch nicht gewaltbezogene Drohungen gekennzeichnet ist (vgl. UA S. 8, 10, 13, 19, 33), jedenfalls nicht aus zu belegen, daß der Angeklagte sich bewußt gewesen wäre, daß seine Stieftochter die Sexualhandlungen nur aus Angst vor erneuter Gewaltanwendung hinnahm. Weitergehende Feststellungen, die auch in diesen Fällen einen Vergewaltigungsvorsatz belegen könnten, sind insoweit nicht zu erwarten, so daß der Senat den Schuldspruch jeweils mit der Folge ändert, daß die Verurteilung wegen tateinheitlicher Vergewaltigung entfällt.

3. Die Schuldspruchänderungen haben die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafaussprüche zur Folge, und zwar auch der Einzelstrafe von drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe in dem besonders gravierenden Fall 12, der zur Schwangerschaft der Stieftochter führte, wegen des massiv milderen verbleibenden Strafrahmens aus § 174 Abs. 1 StGB. Die Aufhebungen der Einzelstrafen ziehen, zusammen mit dem Teilfreispruch, die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.

Hingegen haben die sechs verbleibenden, auf der Basis rechtsfehlerfreier Schuldsprüche beruhenden Einzelstrafaussprüche (Fälle 1, 3 bis 5, 9 und 10) Bestand. Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts begegnen insoweit keinen durchgreifenden Bedenken. Der gewichtigste Fall, in dem die Einsatzstrafe von vier Jahren Freiheitsstrafe verhängt wurde (Fall 5), ist von der Teiländerung des Schuldspruchs nicht berührt. Der Unrechtsgehalt der Tatserie bleibt unverändert hoch. Eine Überbewertung ihres Gesamtgewichts, die sich auf die von der Teilkorrektur des Urteils nicht unmittelbar betroffenen Einzelstrafen ausgewirkt haben könnte, ist nicht zu besorgen.

Die gebotenen Korrekturen beruhen auf Wertungsfehlern; sämtliche Urteilsfeststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen. Folglich kann der Senat nicht nur zum Schuldspruch abschließend selbst entscheiden; es bedarf auch keiner Aufhebung von Feststellungen hinsichtlich der Teilaufhebung im Rechtsfolgenausspruch. Über die aufgehobenen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe wird der neue Tatrichter auf der Basis der bisherigen Feststellungen, die allenfalls durch widerspruchsfreie weitere Feststellungen ergänzbar sind, unter Berücksichtigung der abweichenden milderen Beurteilung durch den Senat neu zu entscheiden haben.

Ende der Entscheidung

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