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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.02.2001
Aktenzeichen: 5 StR 368/00
Rechtsgebiete: StPO, StrEG


Vorschriften:

StPO § 154 Abs. 1
StPO § 154 Abs. 2
StPO § 154 Abs. 4
StrEG § 8 Abs. 1 Satz 1
StrEG § 5 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 368/00

vom

21. Februar 2001

in der Strafsache

gegen

wegen Steuerhinterziehung

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Februar 2001 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entschädigungsentscheidung im Urteil des Landgerichts Krefeld vom 8. Dezember 1999 wird auf Kosten der Staatskasse, die auch die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat, als unbegründet verworfen.

Gründe

Die Entscheidung, mit der das Landgericht dem vom Vorwurf der Steuerhinterziehung in 81 Fällen freigesprochenen Angeklagten Entschädigung für die von ihm erlittene Untersuchungshaft zugebilligt hat, ist nicht zu beanstanden.

1. Angesichts der Besonderheiten des Falles durfte das Landgericht eine Entschädigungsentscheidung (schon) treffen, obwohl die Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung von der Verfolgung eines dem Angeklagten zur Last gelegten Betruges zum Nachteil der Firma Sch als zollrechtlich Hauptverpflichteter und von der Verfolgung der mit sechs im Zeitraum von Ende Oktober 1993 bis Ende November 1993 in Zusammenhang stehenden Steuerstraftaten nach § 154 Abs. 1 StPO abgesehen hat. Zwar ist für eine Entschädigungsentscheidung grundsätzlich erst Raum, wenn das gesamte Verfahren abgeschlossen ist (BGHR StrEG § 8 - Verfahrensabschluß 1; Meyer, StrEG 4. Aufl. § 8 Rdn. 12; vgl. auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 8 StrEG Rdn. 16). Die Taten, die hier von der Staatsanwaltschaft von der Verfolgung ausgenommen worden sind, stellen sich jedoch als Teile einer stets in gleicher Weise verlaufenden Serie von Straftaten dar, deretwegen das Landgericht den Angeklagten aus subjektiven Gründen freigesprochen hat. Die Gründe, die zum Freispruch geführt haben, treffen auf die bislang von der Verfolgung ausgenommenen Steuerstraftaten zumindest in gleicher Weise zu; die Beweislage ist insoweit eher schwächer als bei den angeklagten Taten. Wegen des engen Sachzusammenhangs gilt dies auch für den Betrug. Unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen bei Serienstraftaten eine Wiederaufnahme der Verfolgung im Blick auf ein faires Verfahren überhaupt zulässig ist (vgl. insoweit Kleinknecht/Meyer Goßner aaO § 154 Rdn. 21a m.w.N.), kommt daher im konkreten Fall eine Fortführung des nach § 154 Abs. 1 StPO beschränkten Verfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts ersichtlich nicht in Betracht.

Unter diesen Umständen war eine gerichtliche Entscheidung innerhalb der Hauptverhandlung, wie sie hier erfolgt ist, möglich und geboten. Das vom Landgericht gewählte Verfahren entspricht der in § 8 Abs. 1 Satz 1 StrEG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Zielsetzung, nach der die Entschädigungsentscheidung im Regelfall als Annex zur Hauptsacheentscheidung eine Gesamtbeendigung des Verfahrens auch im Hinblick auf die Entschädigungspflicht des Staates gewähren und so die Rechtslage in jeder Hinsicht für alle Beteiligten stabilisieren soll; zudem erscheint die mit der Hauptsache befaßte Richterbank aufgrund ihrer in der Hauptverhandlung gewonnenen Sachkunde für die Entscheidung auch über die Entschädigungspflicht besonders geeignet (vgl. Meyer aaO Rdn. 11). Hätte das Landgericht hier eine Entschädigungsentscheidung mit Rücksicht auf den endgültigen Abschluß des Verfahrens unterlassen, wäre eine zeitnahe Entscheidung trotz eindeutiger Rechtslage nicht gewährleistet gewesen; denn anders als im Fall gerichtlicher Teileinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO, wie sie dem Beschluß des 1. Strafsenats vom 19. März 1996 - 1 StR 76/96 - (BGHR StrEG § 8 - Verfahrensabschluß 1) zugrundelag, kann die Staatsanwaltschaft die Verfolgung vorläufig ausgeschiedener Taten ohne Bindung an die dreimonatige Ausschlußfrist des § 154 Abs. 4 StPO grundsätzlich bis zur Verjährung der Taten wieder aufnehmen (BGHSt 30, 165; 37, 10, 13).

2. Ein Grund, dem Angeklagten die Entschädigung nach § 5 Abs. 2 StrEG zu versagen, weil er die Untersuchungshaft durch eine lückenhafte Einlassung grob fahrlässig herbeigeführt hätte, liegt nicht vor. Entgegen der Beschwerdebegründung hat der Angeklagte nicht erst in der Hauptverhandlung, sondern bereits am Tag seiner Festnahme, am 19. April 1994, in seiner Vernehmung beim Zollfahndungsamt Düsseldorf angegeben, für die deutsche und die niederländische Zollfahndung gearbeitet und beide Behörden über seine Kontakte zu dem gesondert Verfolgten L informiert zu haben. Dies ergibt sich auch aus dem an die Niederlande gerichteten Rechtshilfeersuchen des Zollfahndungsamtes Düsseldorf vom 6. Mai 1994.

Ende der Entscheidung

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