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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 08.02.2000
Aktenzeichen: 5 StR 461/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
StGB § 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 StR 461/99

vom

8. Februar 2000

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Februar 2000, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin Harms, Richter Häger, Richter Basdorf, Richter Nack, Richterin Dr. Gerhardt als beisitzende Richter,

Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. Januar 1999 wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägerinnen entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.

Der Angeklagte hatte ein Pferd in einem Reiterhof in Brandenburg eingestellt. Er baute ein von Sympathie geprägtes Vertrauensverhältnis zu den beiden Tatopfern auf, ortsansässigen Mädchen, die wegen ihres Interesses an Pferden gern bei der Stallarbeit halfen. In dieser Situation nahm der Angeklagte in den Jahren 1996 und 1997 in fünf Fällen auf dem Gelände des Reiterhofs und in seiner Berliner Wohnung sexuelle Handlungen an der sieben- bis achtjährigen Nebenklägerin S vor. Diese Handlungen umfaßten auch Scheidenvorhofverkehr und fellatio bis zum Schlucken des Ejakulats durch das Tatopfer. Mit der zur Tatzeit sechsjährigen C , einer Schwester von S , kam es im Jahr 1997 zum wechselseitigen Anfassen der Genitalien.

I.

Die Verfahrensrügen sind nicht in der durch § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gebotenen Weise begründet worden und daher unzulässig.

II.

Auch die Sachrüge greift nicht durch. Der Erörterung bedarf nur folgendes:

1. Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des die Taten bestreitenden Angeklagten rechtsfehlerfrei begründet.

a) Es hat hierzu eine hinreichende Würdigung der Aussagen der beiden geschädigten Mädchen S und C , ihrer großen Schwester D und ihrer Mutter sowie der Ehefrau des Angeklagten und der beiden Vernehmungsbeamtinnen vorgenommen und dabei auf anerkannte Kriterien der Glaubwürdigkeitsbeurteilung, insbesondere sprachliche Merkmale in den Aussagen der Geschädigten abgestellt und eine Suggestion durch Dritte ausgeschlossen.

b) Allein darin, daß die Strafkammer die Bekundungen der Schwester der beiden Tatopfer und der beiden Vernehmungsbeamtinnen nicht referiert, findet sich bei der dargestellten Beweislage kein durchgreifender sachlich-rechtlicher Fehler.

c) Auch durfte das Landgericht die Konstanz der Angaben der beiden Geschädigten ergänzend berücksichtigen, ohne deren in früheren Verfahrensabschnitten gemachte Aussagen im einzelnen wiederzugeben.

d) Schließlich bedurfte der Teilfreispruch des Angeklagten (von den Vorwürfen Nr. 6 und 7 der Anklageschrift) keiner Erörterung unter dem Gesichtspunkt etwaiger Auswirkung auf die Beweislage in den Fällen der Verurteilung; denn die Begründung des Freispruchs berührt hier (anders als in vergleichbaren Fällen, zuletzt BGH, Beschluß vom 21. April 1999 - 5 StR 634/98 - m.N.) nicht die Zuverlässigkeit der Bekundungen des Tatopfers S zu den Fällen des Schuldspruchs: Das Landgericht hat sich in den Fällen des Freispruchs nur deshalb - und offenbar ohne Notwendigkeit - an der Feststellung der Taten gehindert gesehen, weil aufgrund der Angaben von S eine zeitliche Einordnung der Tat im Fall Nr. 6 nicht möglich war und weil im Fall Nr. 7 für einige der in Betracht kommenden Tattage ein Alibi des Angeklagten nicht ausgeschlossen werden konnte.

2. Das Landgericht hat sich, dem psychiatrisch-neurologischen Sachverständigen L folgend, von der vollen Schuldfähigkeit des Angeklagten überzeugt. Es hat in den Urteilsgründen das Gutachten des Sachverständigen in komprimierter Form wiedergegeben und in diesem Zusammenhang auch das schwere Schädel-Hirn-Trauma erörtert, das der Angeklagte durch einen Fahrradunfall im Jahre 1988 erlitten hat. Es hat - auch insoweit in vollem Umfang in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen - die Schädigung unter Diagnose - Nr. F 07.2 (ICD-10) eingeordnet, unter das Merkmal der krankhaften seelischen Störung im Sinne des § 20 StGB subsumiert, jedoch nach Gewichtung der Intensität ausgeschlossen, daß der Angeklagte durch diese Schädigung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt worden sei. Dabei begründet es keinen durchgreifenden Rechtsfehler, daß das Landgericht nicht auch an dieser Stelle erörtert hat, daß der Angeklagte im Jahre 1996 durch das Amtsgericht Tiergarten in Berlin vom Vorwurf des "Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung" wegen festgestellter Schuldunfähigkeit freigesprochen worden ist; denn dieser Freispruch beruhte auf einer festgestellten Blutalkoholkonzentration von 2,37 Promille zur Tatzeit sowie dem Hirnschaden (UA S. 5), während der Angeklagte vor den hiesigen Taten keinen Alkohol getrunken hatte (UA S. 23).

Ende der Entscheidung

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