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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.10.1999
Aktenzeichen: 5 StR 479/99
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 354 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 479/99

vom

20. Oktober 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Oktober 1999

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten B wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Mai 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diesen Angeklagten betrifft.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Tiergarten in Berlin - Strafrichter - zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

Die Revision des Angeklagten gegen diese Entscheidung hat mit der Sachrüge Erfolg. Die Verurteilung beruht auf einer unzureichenden Beweisgrundlage.

1. Nach den Feststellungen überließ der Angeklagte dem Mitangeklagten K zeitweise seine Wohnung, während er selbst bei seinen Eltern übernachtete, wo er sich in der Folgezeit auch überwiegend aufhielt. Gelegentlich suchte er seine Wohnung noch auf, um die Kleider zu wechseln. Ein oder zweimal - er war jeweils erheblich angetrunken - übernachtete er auch dort. K und der gesondert verfolgte T benutzten die Wohnung des Angeklagten zur Lagerung von Rauschgift, das sie gewinnbringend weiterverkauften. Bei einer Durchsuchung wurden in der Wohnung 81,3 Gramm Heroingemisch, Verpackungsmaterial und Streckmittel gefunden. Das in Socken versteckte Rauschgift befand sich in dem unteren Fach eines Einbauschrankes, ein Plastikbeutel mit insgesamt 18,5 Gramm Streckmittel lag im Bettkasten im Schlafzimmer, in der Küche wurden Alufolie mit Anhaftungen sowie weiteres Streckmaterial (18,15 Gramm) sichergestellt.

2. Der nicht vorbestrafte Angeklagte bestreitet, von der Lagerung des Rauschgiftes in seiner Wohnung gewußt zu haben. Er hat sich dahin eingelassen, daß er seinem Landsmann K die Wohnung mehrere Wochen aus Gefälligkeit überlassen habe, weil dieser dringend eine Unterkunft benötigt habe und er - der Angeklagte - während dieser Zeit problemlos bei seinen Eltern habe wohnen können. K hat diese Einlassung des Angeklagten bestätigt und hierzu angegeben, daß der Angeklagte von den Rauschgiftgeschäften nichts habe wissen sollen, weil er wegen seiner Neigung zum Alkohol unzuverlässig gewesen sei.

3. Das Landgericht hält diese Einlassung für widerlegt und die Angaben von K für einen Versuch, den Landsmann nicht zu belasten und eine Bestrafung des Helfers zu vereiteln.

Es entnimmt die Kenntnis des Angeklagten von der Lagerung des Heroins in seiner Wohnung im wesentlichen den Auffindeorten von Streckmittel und Alufolie im Bettkasten und in der Küche. "An beiden Orten wären die Utensilien von dem Besitzer der Wohnung bei einem gelegentlichen Aufenthalt unschwer zu entdecken gewesen". Das Urteil teilt allerdings nicht mit, ob das in der Küche sichergestellte Streckmittel und die Alufolie dort offen oder etwa in Schubladen oder Schränken aufgefunden worden sind.

In diesem Zusammenhang wäre zu bedenken gewesen, ob K und sein Mittäter das Rauschgift und die zugehörigen Utensilien zum Teil deshalb so sorgfältig, z. B. in der Befeuerungsstelle des Kachelofens, in Socken oder Schubladen, versteckt hatten, um hiermit gerade die Entdeckung durch den Angeklagten zu verhindern. Bei dieser Sachlage ist die offenbar auf Erfahrungswissen gestützte Erwägung des Landgerichts, daß eine Kenntnis des Angeklagten schon deshalb nahegelegen habe, weil mit der Lagerung von Rauschgift in der Wohnung einer nicht eingeweihten Person generell ein erhöhtes Entdeckungs- und Verlustrisiko verbunden sei, nicht tragfähig. Vor diesem Hintergrund hätte möglicherweise auch die Einlassung des K , daß der Angeklagte wegen seiner alkoholbedingten Unzuverlässigkeit in die Rauschgiftgeschäfte nicht eingeweiht worden sei, anders bewertet werden müssen.

Ein letztes Indiz für eine Tatbeteiligung des Angeklagten sieht die Kammer Karin, daß K während eines Restaurantbesuchs in Gegenwart des stark angetrunkenen Angeklagten seinen Rauschgiftlieferanten anrief und fragte, "wo er bleibe" und dieser mehrfach zurückrief, um seine jeweilige Position durchzugeben. Auch habe der Angeklagte nach Verlassen der Gaststätte gemeinsam mit K auf den Mercedes mit der Rauschgiftlieferung gewartet, wenngleich nur K in den Mercedes, der Angeklagte in eine Taxe eingestiegen sei. Diese Umstände vermögen allenfalls - das Urteil teilt nicht mit, ob und gegebenenfalls welche Gesprächsinhalte der Angeklagte überhaupt mitgehört hat oder mithören konnte - eine Kenntnis des Angeklagten von der Verstrickung des K in Rauschgiftgeschäfte zu belegen, nicht aber auch die Kenntnis, daß in seiner - des Angeklagten - Wohnung Rauschgift gelagert wurde.

Nach allem reichen die vom Landgericht aufgezeigten Indizien weder für sich allein noch in ihrer Gesamtheit zum Nachweis einer Tatbeteiligung des Angeklagten aus. Das angefochtene Urteil hat daher keinen Bestand, und die Sache war nach § 354 Abs. 3 StPO an den Strafrichter, dessen Strafgewalt ausreicht, zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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