Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.01.2001
Aktenzeichen: 5 StR 486/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 244 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 486/00

vom 25. Januar 2001

in der Strafsache

gegen

wegen vorsätzlicher Brandstiftung u. a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 31. Mai 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Brandstiftung in Tateinheit mit Versicherungsmißbrauch zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg, weil der Angeklagte mit Recht Verstöße des Landgerichts im Zusammenhang mit Wahrunterstellungen beanstandet; eines Eingehens auf die übrigen Rügen, insbesondere auf die im Zusammenhang mit der Einführung eines Reisepasses des Zeugen R in die Hauptverhandlung erhobenen Verfahrensrüge (vgl. insoweit BGHR StPO § 261 - Inbegriff der Hauptverhandlung 31) bedarf es daher nicht.

Der Angeklagte hat bestritten, den Brand in der Wohnung seiner geschiedenen Ehefrau, der inzwischen rechtskräftig verurteilten H , auf deren Veranlassung herbeigeführt zu haben. Täter sei vielmehr ein Fernsehmechaniker, der seiner geschiedenen Ehefrau aus deren Bekanntenkreis zwecks Vortäuschung eines technischen Defekts am Fernsehgerät als Brandursache vermittelt worden sei. Dies sei auch der mit H gut bekannten Zeugin W bekannt, die ihr Wissen über die Brandstiftung und den Täter jedoch nicht preisgebe, weil sie auf die Rückzahlung eines H gewährten Darlehens aus der Versicherungssumme hoffe.

In diesem Zusammenhang hat der Angeklagte den Beweisantrag gestellt, den Ehemann der Zeugin W zu hören, der bekunden werde, seine Ehefrau habe H im Hinblick auf die erwartete Versicherungsleistung darlehensweise in mehreren Teilbeträgen weit mehr als 100.000 DM zur Verfügung gestellt. Das Landgericht hat die Beweiserhebung mit der Begründung abgelehnt, die behauptete Beweistatsache könne so behandelt werden, als wäre sie wahr.

In den Urteilsgründen ist das Landgericht jedoch vom Gegenteil der als wahr unterstellten Tatsache ausgegangen, indem es sich in der Beweiswürdigung auf die Aussage der Zeugin W stützt, H nur geringfügige Beträge geliehen zu haben. Ersichtlich auch aufgrund eines mangelnden Motivs für eine Falschaussage hat die Strafkammer die Aussage der Zeugin für glaubhaft gehalten, sie habe keine Kenntnis von der Brandlegung durch einen Dritten. Einer vom Landgericht auf das Brandereignis bezogenen Äußerung der Zeugin Weißer in einem abgehörten Telefonat mit einer Freundin etwa zwei Wochen nach der Tat, in der die Zeugin W behauptet hatte, sie wisse, daß der Angeklagte "nicht mit ins Spiel gekommen" sei, hat das Landgericht daher keine den Angeklagten entlastende Bedeutung beigemessen. Zwar hat es in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hingewiesen, daß die am Tatabend in der Wohnung von H anwesende Zeugin W infolge starker Alkoholisierung nur sehr eingeschränkt wahrnehmungsfähig gewesen sei. Ihr Wissen, daß nicht der Angeklagte, sondern ein Dritter der Brandstifter war, kann sie aber nicht notwendig nur durch eigene Wahrnehmung erlangt haben, sondern beispielsweise auch durch entsprechende Informationen der eng mit ihr befreundeten H . Mit dieser sich aufdrängenden Möglichkeit hat sich das Landgericht - naheliegend im Blick auf die der Wahrunterstellung widersprechenden Angaben der Zeugin W - nicht auseinandergesetzt.

Auf diesem Verstoß gegen § 244 Abs. 3 StPO kann das Urteil beruhen, zumal das Landgericht die Verurteilung des Angeklagten im wesentlichen auf die belastende Aussage der Zeugin N gestützt und sich auch in diesem Zusammenhang mit einer als wahr unterstellten Tatsache nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat:

Nachdem sich der Angeklagte von seinen früheren Arbeitgebern, den Eheleuten N , im Streit über diesen zugefügte erhebliche finanzielle Verluste getrennt hatte, erstattete die Zeugin N Anzeige gegen den Angeklagten. Sie behauptete, der Angeklagte habe ihr gegenüber sowohl die Brandstiftung als auch seine Beteiligung an Raubüberfällen in der Schweiz gestanden. Das Landgericht hat ihre - vom Angeklagten bestrittene - Aussage für glaubhaft gehalten, obwohl die Zeugin - ebenso wie ihr zum Zeitpunkt der ersten belastenden Äußerungen in Strafhaft einsitzender Ehemann - vorbestraft ist, nach eigenen Angaben die von der Versicherung ausgesetzte Belohnung von 50.000 DM sowie einen Schutz vor strafrechtlichen Ermittlungen aufgrund von "Gegenanzeigen" des Angeklagten angestrebt hatte. Eine gezielte Falschbelastung zur Befriedigung von Rachegefühlen hat es ausdrücklich ausgeschlossen. Angesichts der übereinstimmenden Interessenlage der Eheleute N hätte sich das Landgericht bei dieser Wertung jedoch mit der von ihm als wahr unterstellten, in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Anzeigenerstattung stehenden Drohung des Ehemannes gegenüber einem Freund des Angeklagten auseinandersetzen müssen, er werde sich an dem Angeklagten rächen. Dies gilt umsomehr, als die Beweisaufnahme trotz entsprechender Nachforschungen keine Anhaltspunkte für eine vom Angeklagten gegenüber der Zeugin N angeblich ebenfalls eingestandene Beteiligung an Raubüberfällen in der Schweiz ergeben hat.



Ende der Entscheidung

Zurück