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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.01.2003
Aktenzeichen: 5 StR 580/02
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 21
StGB § 49 Abs. 1
StGB § 63
StGB § 64
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 580/02

vom 14. Januar 2003

in der Strafsache

gegen

wegen Totschlags

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2003 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 17. September 2002 nach § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu 13 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs mit der Sachrüge Erfolg; den Schuldspruch betreffend ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Begründung des Tötungsvorsatzes (UA S. 24 f.) ist vor dem Hintergrund des rechtsfehlerfrei festgestellten Tatbildes auch ohne Rücksicht auf den Grad der Enthemmung des Angeklagten ersichtlich nicht zu beanstanden.

2. Die Feststellungen zur alkoholbedingten Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat leiden unter einer unrichtigen Bestimmung der Tatzeit-Blutalkoholkonzentration. Prinzipiell hat das Schwurgericht die Bestimmung nach Blutentnahmewert, Tatzeit und festgestelltem Nachtrunk unter gebotener Berücksichtigung des dabei unterschiedlich anzuwendenden Zweifelssatzes zutreffend berechnet (vgl. BGH, Beschluß vom 24. August 1993 - 4 StR 452/93). Indes hat das Schwurgericht der Berechnung des abzuziehenden Nachtrunks versehentlich - trotz sachverständiger Beratung - als Wert für die Alkoholmenge den des ermittelten Alkohol-Volumens (224 ml) ungekürzt zugrunde gelegt (UA S. 26) und nicht zuvor die zur Ermittlung der maßgeblichen Gramm-Zahl gebotene Umrechnung durch Multiplikation des Volumenwertes mit einem Faktor von rund 0,8 vorgenommen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 20 Rdn. 14; Grüner/Rentschler, Manual zur Blutalkoholberechnung 1976 Seite 4 f.). Bei zutreffender Berechnung wäre eine Tatzeit-Blutalkoholkonzentration nicht lediglich von 1,25 Promille, sondern von annähernd 2 Promille in Betracht gekommen, die zudem schon wegen der ähnlichen Alkoholisierung des Opfers (UA S. 12) eher plausibel erscheint. Abgesehen von diesem Fehler hätte es sich auch anbieten können, den vom Angeklagten selbst - nicht sehr präzise (vgl. UA S. 14, 18) - angegebenen Nachtrunk von einer Flasche Goldbrand als möglicherweise überhöht kritisch zu hinterfragen und eine Kontrollrechnung mit eventuellen Angaben des Angeklagten zur Trinkmenge vor Tatbegehung (vgl. UA S. 17) zu versuchen.

Bei dem rechtsfehlerfrei festgestellten Tat- und Nachtatverhalten scheidet ein Vollrausch aus. Auch im Blick auf die festgestellten Persönlichkeitsdefizite des Angeklagten (UA S. 27) läßt sich indes eine erhebliche Verminderung seines Hemmungsvermögens bei Tatbegehung im Sinne des § 21 StGB nach rechtsfehlerfreier Bestimmung seiner Alkoholisierung nicht ausschließen, ebensowenig eine deshalb mögliche Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB.

3. Der neue Tatrichter sollte zwar bei einer erneuten strafschärfenden Berücksichtigung des naheliegend durch die dissoziale Persönlichkeit des Angeklagten geprägten Nachtatverhaltens zurückhaltend sein, er wird aber die zutreffend hervorgehobenen strafschärfenden Gesichtspunkte aus dem - auch bei Bejahung des § 21 StGB, wenngleich nicht uneingeschränkt, strafschärfend zu berücksichtigenden - massiven Tatbild und aus der Nähe der Tat zu einem aus niedrigen Beweggründen begangenen Mord (UA S. 31) wiederum erheblich erschwerend zu berücksichtigen haben.

Auch über die Verhängung eventueller Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB wird - ohne daß das Urteil insoweit für sich Anlaß zu durchgreifenden sachlichrechtlichen Bedenken gegeben hätte - erneut mit sachverständiger Hilfe zu befinden sein (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dabei werden für § 63 StGB auch die Grundsätze von BGHSt 44, 338 zu beachten sein. Ferner wird zur Frage einer Erfolgsaussicht der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (vgl. BVerfGE 91, 1) auf die in BGHR StGB § 64 Abs. 2 Aussichtslosigkeit 4 und bei Tröndle/Fischer (aaO § 64 Rdn. 14 m. w. N.) genannten Argumente hingewiesen.



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