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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.01.2002
Aktenzeichen: 5 StR 584/01
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 246a Satz 2
StPO § 246a Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 StR 584/01

vom 23. Januar 2002

in der Strafsache

gegen

wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Januar 2002, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin Harms,

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 22. August 2001 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Revision der Angeklagten, die sich mit Verfahrensrügen und der Sachrüge insbesondere gegen die Maßregelanordnung wendet, hat - allein - insoweit den auch vom Generalbundesanwalt beantragten Erfolg.

Die heroinabhängige Angeklagte half dem Mitangeklagten P zur Begehung eines Überfalls auf eine Sparkassenfiliale, bei der der Mitangeklagte unter drohendem Einsatz einer Spielzeugpistole einen Bargeldbetrag von 35.000 DM erbeutete, den beide Angeklagte plangemäß weitgehend zur Beschaffung von Betäubungsmitteln und für ihren Lebensunterhalt verwendeten.

I.

Die auf eine Verletzung der Vorschrift des § 246a Satz 2 StPO gestützte Verfahrensrüge hat Erfolg.

Das Landgericht hat zur Frage der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zwar den medizinischen Sachverständigen A in der Hauptverhandlung gehört und damit der Vorschrift des § 246a Satz 1 StPO entsprochen. Indes ist nicht der Vorschrift des § 246a Satz 2 StPO Rechnung getragen worden, wonach dem Sachverständigen, der den Angeklagten nicht schon früher untersucht hat, zu solcher Untersuchung vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden "soll". Trotz dieses Wortlautes wird die genannte Vorschrift in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 9, 1; BGHR StPO § 246a Satz 1 Untersuchung 1; BGH NJW 1968, 2298; BGH NStZ 2000, 215; vgl. schon RGSt 68, 198 und 327; 69, 129) und im Schrifttum (Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 246a Rdn. 9; Herdegen in KK 4. Aufl. § 246a Rdn. 3; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 246a Rdn. 3; Eisenberg Beweisrecht der StPO, 3. Aufl. Rdn. 1829) einhellig dahin verstanden, daß in den genannten Fällen dem Sachverständigen Gelegenheit zur Untersuchung gegeben werden muß. Während die Untersuchung des Angeklagten geboten ist, bezieht sich der Soll-Charakter der irreführend formulierten Vorschrift (Herdegen aaO) allein auf die Frage des Zeitpunktes dieser Untersuchung, nämlich in dem Sinne, daß die Untersuchung auch noch während des Laufs der Hauptverhandlung stattfinden kann (Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO; Eisenberg aaO).

Da hier eine Untersuchung der Angeklagten unterblieben ist, muß der Maßregelausspruch, der auf diesem Rechtsfehler beruhen kann, aufgehoben werden.

II.

Soweit die Sachrüge über den Angriff auf den Maßregelausspruch hinausgeht, bleibt sie ohne Erfolg.

Der Erörterung bedarf nur folgendes. Die Entscheidung, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen, ist - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - nicht etwa deshalb rechtsfehlerhaft, weil sie allein damit begründet worden ist, daß "schon" wegen des hier vorliegenden Bewährungsversagens eine Strafaussetzung nicht in Betracht komme. Weiterer Ausführungen zur ungünstigen Kriminalprognose bedurfte es angesichts der mitgeteilten 13 Eintragungen im Strafregister und der dargestellten Lebensumstände der Angeklagten nicht.

III.

Die Aufhebung des Maßregelausspruchs berührt den Strafausspruch nicht.

Der neue Tatrichter wird nach Anhörung eines - gemäß § 246a Satz 2 StPO vorbereiteten - Sachverständigen über die Frage der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zu entscheiden und dabei die Grundsätze der Entscheidung BVerfGE 91, 1 zu berücksichtigen haben.

Ende der Entscheidung

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