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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.01.2000
Aktenzeichen: 5 StR 655/98
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 655/98

vom

6. Januar 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung u. a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Januar 1999 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 29. April 1997 nach § 349 Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen in vier Fällen, versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit versuchtem sexuellen Mißbrauch einer Schutzbefohlenen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge einen Teilerfolg zum Rechtsfolgenausspruch; im übrigen ist sie unbegründet.

Die Ausführungen des Landgerichts im Rahmen der Strafzumessung lassen nicht erkennen, welche Gründe zu der überaus langen Verfahrensdauer geführt haben. Zu solcher Erörterung bestand im vorliegenden Fall aber Anlaß. Die Einleitung des Strafverfahrens wurde dem Angeklagten bereits Mitte 1993 bekanntgegeben, die Anklage wurde am 2. Dezember 1994 fertiggestellt. Das Hauptverfahren wurde erst mit Beschluß vom 12. Februar 1997 eröffnet, die Hauptverhandlung fand sodann im April 1997 statt. Dies legt eine von der Justiz zu verantwortende Verfahrensverzögerung nahe.

Zwar hat die Strafkammer bei der Zumessung der Strafe ausdrücklich erwähnt, daß die Taten bereits mehrere Jahre zurückliegen, daß der Angeklagte seitdem mit dem Druck des schwebenden Verfahrens gelebt und er die lange Verfahrensdauer nicht zu vertreten hat. Dies reicht aber nicht aus, um dem Rechtsstaatsgebot und den Anforderungen aus Art. 6 MRK zu genügen. Vielmehr ist in Fällen rechtstaatswidriger Verfahrensverzögerungen das Ausmaß der vorgenommenen Herabsetzung der Strafe durch Vergleich mit der ohne Berücksichtigung der Verletzung des Beschleunigungsgebotes angemessene Strafe exakt zu bestimmen (BVerfG - Kammer - NJW 1993, 3254; 1995, 1277; NStZ 1997, 591; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 7, 11; BGH StV 1998, 376, 377).

Der nunmehr berufene Tatrichter wird bei Neufestsetzung der Strafe auch die beträchtliche Verfahrensverzögerung ab Erlaß des erstinstanzlichen Urteils bis zum Eingang der Akten beim Generalbundesanwalt zu berücksichtigen haben (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 8; BGH, Beschluß vom 30. September 1998 - 5 StR 239/98 -). Er wird zudem Gelegenheit haben, den Widerspruch zwischen den Aussagen der Zeuginnen B im Ermittlungsverfahren und den Feststellungen in der Hauptverhandlung zur Frage der Alkoholisierung des Angeklagten aufzuklären.



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