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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.03.2003
Aktenzeichen: 5 StR 71/03
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 55 Abs. 1
StPO § 354 Abs. 1
StPO § 473 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 71/03

vom 26. März 2003

in der Strafsache

gegen

wegen Mordes u.a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2003 beschlossen:

Tenor:

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. September 2002 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, jedoch mit folgender Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO):

Gegen den Angeklagten wird eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und fünf Monaten verhängt. In diese Gesamtstrafe sind einbezogen die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 22. Oktober 1997 sowie die fünf Einzelstrafen für bis Oktober 1997 begangene Taten aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 12. Mai 1998.

Die Gesamtstrafe aus dem letztgenannten Urteil bleibt aufgelöst, desgleichen die durch Beschluß des Amtsgerichts Hamburg vom 13. April 1999 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten.

Aufrechterhalten bleiben folgende weitere gegen den Angeklagten verhängte Gesamtfreiheitsstrafen, deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt ist: von acht Monaten aus dem letztgenannten Beschluß des Amtsgerichts Hamburg sowie von einem Jahr und sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 25. Februar 1999.

2. Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:

Das Schwurgericht hat den Angeklagten des Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge für schuldig befunden und hat deshalb eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren gegen ihn verhängt. Soweit die Revision des Angeklagten diesen Schuld- und Strafausspruch anficht, ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Rechtsmittel führt mit der Sachrüge lediglich zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils im Gesamtstrafausspruch.

Der Angeklagte war nach Begehung des abgeurteilten Kapitalverbrechens am 12. August 1997 wegen anderer Straftaten noch dreimal zu Freiheitsstrafen verurteilt worden (zwei weitere Verurteilungen zu Geldstrafen bleiben für die Beurteilung der hier in Frage stehenden Gesamtstrafbildung ohne Bedeutung). Zutreffend hat das Schwurgericht eine nachträgliche Gesamtstrafbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB mit der Strafe aus dem eine Zäsur begründenden Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 22. Oktober 1997 vorgenommen sowie mit den fünf Einzelstrafen, die das Amtsgericht Hamburg am 12. Mai 1998 für fünf vor dem 22. Oktober 1997 begangene Straftaten verhängt hatte. Denn der Angeklagte ist durch die nachträgliche Gesamtstrafbildung so zu stellen, als wären zum Zeitpunkt der Zäsur alle zuvor begangenen Straftaten gemeinsam abgeurteilt worden (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 55 Rdn. 2). Die einbezogenen sechs Einzelstrafen waren im Gesamtstrafbeschluß des Amtsgerichts Hamburg vom 13. April 1999 - unter Auflösung der im Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 12. Mai 1998 gebildeten Gesamtstrafe - bereits nachträglich auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten zurückgeführt worden, die das Schwurgericht anläßlich der Bildung der neuen Gesamtfreiheitsstrafe - die es auf sieben Jahre und neun Monate festgesetzt hat - zutreffend aufgelöst hat (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 55 Rdn. 8).

Damit war indes die Entscheidungskompetenz des Schwurgerichts erschöpft, das lediglich eine vor dem Zäsurzeitpunkt begangene Tat abzuurteilen hatte; nach der dabei erforderlichen Gesamtstrafbildung und Auflösung einer rechtskräftigen Gesamtstrafe waren auch keine Einzelstrafen verblieben, die auf eine weitere Gesamtstrafe zurückzuführen gewesen wären. Nach § 55 Abs. 1 StGB bestand für das Schwurgericht kein Anlaß und keine Berechtigung, in rechtskräftig gebildete Gesamtstrafen für Taten einzugreifen, die nach dem Zäsurzeitpunkt begangen worden waren. Sowohl die Gesamtfreiheitsstrafe für die acht weiteren im Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 12. Mai 1998 abgeurteilten, nach dem Zäsurzeitpunkt, dem 22. Oktober 1997, begangenen Taten - insoweit war im Gesamtstrafbeschluß des Amtsgerichts Hamburg vom 13. April 1999 eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten gebildet worden - als auch die durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 25. Februar 1999 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für 13 nach dem 12. Mai 1998 begangene Taten mußten bestehenbleiben.

Dies hat das Schwurgericht verkannt; es hat, ohne hierzu nach § 55 Abs. 1 StGB berechtigt gewesen zu sein, auch diese rechtskräftig verhängten Gesamtfreiheitsstrafen, deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt war, aufgelöst und neue - mit Rücksicht auf einen konsequent für richtig befundenen Neubeginn der Bewährungszeiten jeweils um zwei Monate niedriger bemessene - Gesamtfreiheitsstrafen - von sechs Monaten und von einem Jahr und vier Monaten, jeweils zur Bewährung ausgesetzt - gebildet.

Hierdurch ist der Angeklagte zwar insoweit nicht beschwert, als die bisher gegen ihn festgesetzten Gesamtstrafen durch geringere ersetzt wurden. Indes beschwert ihn der damit verbundene Neubeginn von Bewährungszeiten, während hinsichtlich der bisherigen Gesamtfreiheitsstrafen in einem Fall die Bewährungszeit bei Urteilserlaß bereits abgelaufen war, deren Ablauf in dem anderen Fall bevorstand und nunmehr eingetreten ist. Um dem Angeklagten diese Beschwer zu nehmen und andererseits zu verhindern, daß er infolge seines Rechtsmittels durch eine höhere Summe der gegen ihn insgesamt festgesetzten Gesamtstrafen belastet wird, entscheidet der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO, daß die rechtsfehlerhaft gebildeten weiteren Gesamtstrafen aufgehoben und die zu Unrecht aufgelösten wiederhergestellt werden, daß ferner die daraus resultierende Erhöhung der Gesamtsanktion durch entsprechende Verminderung der einzigen in diesem Verfahren zu bildende Gesamtstrafe - also um vier Monate - ausgeglichen wird.

Der dem Angeklagten hierdurch zuteil werdende, in der Herabsetzung der einzigen zu vollstreckenden Gesamtfreiheitsstrafe liegende geringe Erfolg seines Rechtsmittels rechtfertigt keine Kostenteilung nach § 473 Abs. 4 StPO.



Ende der Entscheidung

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