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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 12.05.2005
Aktenzeichen: 5 StR 86/05
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 250 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 StR 86/05

vom 12. Mai 2005

in der Strafsache

gegen

wegen schwerer räuberischer Erpressung

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Mai 2005, an der teilgenommen haben:

Richter Häger als Vorsitzender, Richterin Dr. Gerhardt, Richter Dr. Raum, Richter Dr. Brause, Richter Schaal als beisitzende Richter,

Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. September 2004 wird verworfen.

Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf den Strafausspruch beschränkte und auf die Sachrüge gestützte, vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft, mit der namentlich die Annahme eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB beanstandet wird, bleibt ohne Erfolg.

I.

Das Landgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte und der Mitangeklagte kamen überein, den dem Angeklagten bekannten Autohändler S in dessen Geschäft auszurauben. Sie begaben sich, der Angeklagte mit einem Kuhfuß, der Mitangeklagte mit einem Klappmesser ausgerüstet, zu dem Geschäft und zogen sich beim Betreten des ersten Büroraumes jeweils eine Sturmwollhaube, in die Augenschlitze eingeschnitten waren, über den Kopf. Während der Angeklagte den Kuhfuß hervorholte und zielstrebig in den angrenzenden zweiten Büroraum zu dem Zeugen S lief, befahl der Mitangeklagte der Büroangestellten K im ersten Raum: "Hinlegen! Guck mich nicht an! Wo ist das Geld?" Anweisungsgemäß legte sich die völlig verängstigte Zeugin mit dem Gesicht nach unten auf den Boden und sagte, sie wisse nicht, wo sich das Geld befinde. Der Angeklagte forderte von dem Zeugen S : "Gib das Geld!" Dabei hielt er drohend den Kuhfuß in seiner Hand. Aus Angst übergab der Zeuge dem Angeklagten 1.800 € aus seiner Hosentasche. Der Angeklagte nahm erneut eine drohende Haltung ein und fragte, wo "das andere Geld" sei. Der Zeuge S übergab dem Angeklagten daraufhin sein Portemonnaie mit 200 €. Als sich zwei Kunden näherten, flüchteten die Angeklagten mit ihrer Beute. Auf der Flucht entledigten sie sich der Beute, des Kuhfußes und des Klappmessers.

Die psychischen und die daraus resultierenden sozialen Folgen der Tat für die beiden Tatopfer hat das Landgericht bei den Feststellungen (UA S. 12) und zudem im Rahmen der Beweiswürdigung (UA S. 16) als erheblich hervorgehoben: Beide Tatopfer haben beträchtliche Schwierigkeiten, allein außer Hauses zu gehen. Der Geschädigte S hat seinen Gewerbebetrieb verlegt. Der Geschädigten K fiel es schwer, "überhaupt noch arbeiten zu gehen".

II.

Der Strafausspruch hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Dagegen ist eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGHSt 34, 345, 349). Das gilt auch insoweit, als die tatrichterliche Annahme oder Verneinung eines minder schweren Falles zur revisionsgerichtlichen Prüfung steht. Die vom Tatrichter vorgenommene Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar. Weist sie keinen Rechtsfehler auf, ist sie deshalb auch dann zu respektieren, wenn eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre oder vielleicht sogar näher gelegen hätte (BGHR StGB vor § 1 minder schwerer Fall Gesamtwürdigung, fehlerfreie 1 m.w.N.).

Hier ist das Landgericht aufgrund einer Gesamtwürdigung ohne Rechtsfehler insbesondere zur Annahme eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB gelangt. Es hat zu Lasten des Angeklagten in Rechnung gestellt, daß der geringfügig vorbestrafte Angeklagte die "treibende Kraft" der beiden Täter war und daß "zwei Personen durch seine Tat ... geschädigt wurden." Mit letzterer Wendung hat das Landgericht ersichtlich auch den festgestellten und bewerteten besonderen Grad der psychischen und sozialen Schädigung der beiden Tatopfer (UA S. 12, 16) in Bezug genommen. Zugunsten des Angeklagten hat das Landgericht insbesondere sein frühes Geständnis, das Ausbleiben eines dauerhaften materiellen Schadens, seine schriftliche Entschuldigung bei beiden Tatopfern, sein mit 22 Jahren geringes Alter und seine Beeindruckung durch die erfahrene Untersuchungshaft berücksichtigt.

Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang die Nennung des zulässigen Strafschärfungsgrundes der Maskierung der Täter (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 17; BGH, Urteil vom 11. Januar 2000 - 4 StR 611/99) vermißt, gilt - neben dem oben genannten begrenzten Überprüfungsmaßstab - folgendes: Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Erwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Daraus, daß ein für die Strafzumessung bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, der Tatrichter habe ihn überhaupt nicht gesehen oder nicht gewertet (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 24, 268; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 17).

Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten (§ 301 StPO) sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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