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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.10.2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 15/04
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
BRAO § 16 Abs. 6 Satz 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 15/04

vom 8. Oktober 2004

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltshaft;

hier: Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Basdorf und Dr. Ganter, die Richterin Dr. Otten sowie den Rechtsanwalt Dr. Kieserling und die Rechtsanwältinnen Dr. Hauger und Kappelhoff

am 8. Oktober 2004

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß des II. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 7. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 19. August 2002 die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO widerrufen. Über das Vermögen des Antragstellers war bereits am 1. März 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Hinblick darauf, daß der Antragsteller nicht mehr befugt war, über sein Vermögen zu verfügen, hat die Antragsgegnerin davon abgesehen, die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung anzuordnen.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2003 und vom 9. Dezember 2003 informierte der Insolvenzverwalter die Antragsgegnerin darüber, daß der Antragsteller von Dezember 2001 bis Juni 2002 Barentnahmen von einem Konto bei der Volksbank W. in Höhe von über 69.000 € getätigt habe und seit Mitte Mai 2002 zu keiner Zusammenarbeit mehr bereit sei.

Unter Hinweis auf das Schreiben vom 9. Dezember 2003 hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17. Februar 2004 den Sofortvollzug der Widerrufsverfügung angeordnet.

Den gegen den Widerruf gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof mit Beschluß vom 7. Juli 2003 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der am 24. Oktober 2003 eingelegten sofortigen Beschwerde.

Mit Schriftsatz vom 1. März 2004 hat der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsmittels wiederherzustellen.

II.

Der unmittelbar nach der Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung durch den Anwaltsgerichtshof an diesen gerichtete und nach § 16 Abs. 6 Satz 5 BRAO statthafte Antrag ist, nachdem der Antragsteller gegen den Zurückweisungsbeschluß des Anwaltsgerichtshofs form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt hat, als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verstehen (vgl. § 42 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 6 BRAO). In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats darf die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids - als Ausnahmefall - nur angeordnet werden, wenn sie im überwiegenden öffentlichen Interesse zu einer schon vor Bestandskraft des Widerrufs notwendigen Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten ist. Erste Voraussetzung für eine solche Anordnung ist die hohe Wahrscheinlichkeit, daß der Widerrufsbescheid Bestandskraft erlangen wird. Des weiteren ist jedoch zu verlangen, daß die sofortige Vollziehung als Präventivmaßnahme im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Abwehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege erforderlich ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Mai 2003 - AnwZ (B) 21/03 -; vom 24. September 2001 - AnwZ (B) 34/01 - NJW-RR 2002, 1718 m.w.N.; vom 21. Juli 2003 - AnwZ (B) 37/03 - ZInSO 2003, 992). Diese Voraussetzungen liegen vor.

1. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß die Widerrufsverfügung Bestandskraft erlangen wird. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wird ein Vermögensverfall unter anderem dann vermutet, wenn über das Vermögen des Rechtsanwalts - wie hier - ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Umstände, die diese gesetzliche Vermutung entkräften könnten, sind weder ersichtlich noch vom Antragsteller dargetan.

2. In Übereinstimmung mit der Antragsgegnerin ist die Entgegennahme von Mandantengeldern "hinter dem Rücken" des Insolvenzverwalters als Beleg für eine konkrete Gefährdung der Rechtsuchenden anzusehen.

Es liegt auf der Hand, daß der Antragsteller dadurch, daß er (Vorschuß-) Zahlungen auf Honorarforderungen trotz des laufenden Insolvenzverfahrens bar entgegengenommen hat, Mandanten - vorbehaltlich ihres guten Glaubens - in die Gefahr brachte, die nicht unerheblichen Beträge von insgesamt über 69.000 € nochmals zur Insolvenzmasse leisten zu müssen (vgl. § 82 InsO). Der Antragsteller hat sich auch vorsätzlich über die Empfangszuständigkeit des Insolvenzverwalters hinweggesetzt. Nach der vom Antragsteller lediglich pauschal bestrittenen Darstellung des Insolvenzverwalters hatte dieser mit ihm vereinbart, daß Fremdgelder und Mandantengelder auf ein vom Kollegen des Insolvenzverwalters geführtes Anderkonto einzuzahlen bzw. einzuziehen seien und der Antragsteller bei der Erteilung von Kostennoten den Mandanten dementsprechende Hinweise zu erteilen habe. Diese Abrede hat der Antragsteller mißachtet, indem er Außenstände auf das Konto der Volksbank W. eingezogen und für eigene Zwecke verwendet hat. Sofern der Antragsteller Mitte Mai 2002 seine rechtsbesorgende Tätigkeit eingestellt hat, entkräftet dies eine konkrete Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht.

Ende der Entscheidung

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