Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.01.2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 24/08
Rechtsgebiete: BRAO, StGB


Vorschriften:

BRAO § 7
StGB § 266
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat

durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter,

die Richter Dr. Schmidt-Räntsch und Schaal,

die Richterin Roggenbuck sowie

die Rechtsanwälte Dr. Wüllrich, Dr. Frey und Prof. Dr. Stüer

nach mündlicher Verhandlung

am 26. Januar 2009

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 25. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der am 14. Oktober 1974 geborene Antragsteller war in der Zeit von November 2002 bis Oktober 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2003 verzichtete er auf seine Zulassung. Im Jahr 2005 wurde er strafgerichtlich verurteilt.

Am 1. Juli 2006 hat der Antragsteller die Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragt. Mit Beschluss vom 27. September 2006 hat die Antragsgegnerin den Antrag wegen Unwürdigkeit (§ 7 Nr. 5 BRAO) abgelehnt. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof mit Beschluss vom 25. Januar 2008 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers ist mit Recht versagt worden.

1.

Zu Recht hat die Antragsgegnerin angenommen, dass der Antragsteller als unwürdig erscheint, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben (§ 7 Nr. 5 BRAO). Daran hat sich bis heute nichts geändert.

a)

Der Antragsteller ist durch Urteil des Amtsgerichts K. vom 3. März 2005, rechtskräftig seit dem 11. März 2005, wegen Untreue (§ 266 StGB) in fünf Fällen, davon einmal in einem besonders schweren Fall, zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Die auf drei Jahre festgesetzte Bewährungszeit endete am 11. März 2008.

Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen fungierte der Antragsteller als Treuhänder für Kunden einer Firma, die Kraftfahrzeuge unter Listenpreis über das Internet vermittelte. Die Kunden, die den Kaufpreis bereits bei Bestellung zu entrichten hatten, schlossen jeweils auf Anregung der Firma zu ihrer Sicherheit mit dem Antragsteller einen Treuhandvertrag ab, wonach dieser erst nach Auslieferung des bestellten Fahrzeugs zur Weiterleitung des eingezahlten Kaufpreises an den Verkäufer berechtigt war. Entgegen der Treuhandabrede überwies der Antragsteller in der Zeit vom 18. Dezember 2002 bis zum 3. April 2003 in fünf Fällen Kundengelder in Höhe von etwa 8.000 EUR bis 85.000 EUR an Dritte, wodurch den Treugebern ein Gesamtschaden in Höhe von etwa 151.000 EUR entstand.

b)

Strafgerichtliche Verurteilungen - namentlich solche wegen berufsbezogener Vorsatzdelikte, etwa Unterschlagung oder Untreue zu Lasten der Mandanten (BGH, Beschl. v. 25. April 1988 - AnwZ (B) 59/87, BRAK-Mitt. 1988, 271; v. 21. Juni 1999 - AnwZ (B) 79/98, NJW 1999, 3048; v. 10. Juli 2000 - AnwZ (B) 40/99, BRAK-Mitt. 2000, 306; v. 4. April 2005 - AnwZ (B) 21/04; v. 6. November 2006 - AnwZ (B) 87/05, BRAK-Mitt. 2007, 77) - können die Annahme rechtfertigen, der Berufsbewerber sei für den Anwaltsberuf nicht tragbar. Allerdings kann das Delikt durch zwischenzeitliches Wohlverhalten und andere Umstände so sehr an Bedeutung verlieren, dass der Bewerber von dem Anwaltsberuf nicht mehr ferngehalten werden darf. Hierbei muss das berechtigte Interesse des Bewerbers an einer beruflichen und sozialen Wiedereingliederung abgewogen werden gegen das Interesse der Öffentlichkeit an der Integrität des Anwaltsstandes und der Vermeidung einer Gefährdung der Rechtsuchenden. Wie viele Jahre zwischen einer die Unwürdigkeit begründenden Straftat und dem Zeitpunkt liegen müssen, in dem eine (Wieder-)Zulassung rechtlich möglich ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. In einem vergleichbaren Fall - Verurteilung wegen Untreue in sechs Fällen zu Lasten von Mandanten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt -hat der Senat eine Wartezeit von acht Jahren für angemessen gehalten (BGH, Beschl. v. 21. Juni 1999 - AnwZ (B) 79/98, aaO). Neben dem Zeitablauf kommt besondere Bedeutung der Frage zu, wie der Bewerber in der Zwischenzeit mit seinem Fehlverhalten umgegangen ist und ob er sich auch ansonsten tadellos geführt hat. Hat er sich zu seinem Fehlverhalten bekannt, insbesondere den angerichteten Schaden nach Möglichkeit wiedergutgemacht, und keine weiteren Verfehlungen begangen, schlägt dies positiv zu Buche (BGH, Beschl. v. 13. März 2000 - AnwZ (B) 30/99, BRAK-Mitt. 2000, 194; v. 10. Juli 2000 - AnwZ (B) 40/99, BRAK-Mitt. 2000, 306, 307). Die bloße straffreie Führung nach einer Verurteilung darf nicht entscheidend zugunsten des Bewerbers berücksichtigt werden, wenn er noch unter dem Druck einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe stand (BGH, Beschl. v. 1. März 1993 - AnwZ (B) 49/92, BRAK-Mitt. 1993, 102; Beschl. v. 21. November 1994 - AnwZ (B) 38/94, BRAK-Mitt. 1995, 70; v. 11. Dezember 1995 - AnwZ (B) 34/95, BRAK-Mitt 1996, 73; v. 21. Juni 1999 - AnwZ (B) 79/98, NJW 1999, 3048; v. 4. April 2005 - AnwZ (B) 21/04; vgl. Feuerich/Weyland, BRAO 7. Aufl. § 7 Rdn. 40). Vielmehr muss das beanstandungsfreie Verhalten geraume Zeit nach Erlass der Freiheitsstrafe wegen Ablaufs der Bewährungsfrist fortgesetzt worden sein (BGH, Beschl. v. 21. Juni 1999 - AnwZ (B) 79/98, aaO).

c)

Diesen Maßstäben wird die angefochtene Entscheidung gerecht.

aa)

Der Anwaltsgerichtshof hat zu Lasten des Antragstellers berücksichtigt, dass die Straftaten berufsbezogen waren. Dagegen bringt die sofortige Beschwerde mit ihrem Einwand, die Geschädigten seien keine Mandanten des Antragstellers gewesen und dieser habe sie nicht rechtlich beraten, nichts Durchgreifendes vor. Der Antragsteller hat die Treuhandverträge unter Hinweis auf seinen Beruf als Rechtsanwalt abgeschlossen, Schriftwechsel mit den Treugebern unter seinem anwaltlichen Briefkopf geführt und die Treugeber gebeten, Nachrichten an seine Kanzleiadresse zu senden. Er hat damit seine beruflichen Verhältnisse genutzt, um den Treugebern Seriosität und Zuverlässigkeit zu vermitteln. Eine Trennung zwischen seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und als Treuhänder kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht.

bb)

Der Antragsteller kann das Gewicht der strafrechtlichen Verurteilung auch nicht mit dem Hinweis mindern, dass er gegen das Urteil vom 3. März 2005 mit Schreiben vom 3. Juli 2006 beim Amtsgericht K. Berufung eingelegt, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist beantragt sowie einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angekündigt hat. Durch das Stellen dieser Anträge wird die Bestandskraft des strafgerichtlichen Urteils nicht in Zweifel gezogen.

cc)

Schließlich vermag der Zeitablauf seit dem Ende der Bewährungszeit - allerdings hat der Antragsteller bisher nicht mitgeteilt, ob die Strafe inzwischen auch erlassen ist - noch nicht als ausreichende Dauer des Wohlverhaltens angesehen werden. In der Regel bedarf es eines längeren Zeitraums nach Ablauf der strafrechtlichen Bewährungszeit, um zuverlässig beurteilen zu können, ob dem Antragsteller die Aufgabe, unabhängiger Berater und Vertreter der Rechtsuchenden zu sein (§ 3 BRAO), wieder anvertraut werden kann (Senat, Beschl. v. 1. März 1993 Tz. 13, aaO bei einem Zeitraum von erst einem Jahr und fünf Monaten seit dem Erlass der Freiheitsstrafe wegen Ablaufs der Bewährungszeit). Im vorliegenden Fall ist die Bewährungszeit erst seit etwa zehn Monaten verstrichen.

dd)

Bei einer Gesamtabwägung kann daher derzeit auch nach Auffassung des Senats noch nicht festgestellt werden, dass der Versagungsgrund des § 7 Nr. 5 BRAO nicht mehr besteht.

2.

Dass der Antragsteller an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat, steht einer Entscheidung nicht entgegen, weil er sein Ausbleiben nicht entschuldigt hat.

Ende der Entscheidung

Zurück