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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.06.2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 3/04
Rechtsgebiete: BRAO, FGG, ZPO


Vorschriften:

BRAO § 42 Abs. 1 Nr. 3
FGG § 22 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 234 Abs. 1
ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1

Entscheidung wurde am 11.10.2004 korrigiert: unter I. 1. Abs. erster Satz wurde 1875 durch 1975 ersetzt
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 3/04

vom 28. Juni 2004

in dem Verfahren

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Richter Dr. Ganter, die Richterin Dr. Otten, den Richter Dr. Ernemann sowie den Rechtsanwalt Dr. Wüllrich, die Rechtsanwältin Dr. Hauger und den Rechtsanwalt Dr. Frey nach mündlicher Verhandlung

am 28. Juni 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 12. November 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist seit dem Jahr 1975 zur Rechtsanwaltschaft sowie bei wechselnden Gerichten zugelassen. Mit Bescheid vom 26. August 2003 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid dem Antragsteller am 27. August 2003 durch Einlegen in den zur Kanzlei gehörenden Briefkasten zugestellt. Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2003, eingegangen tags darauf, beantragte der Antragsteller gerichtliche Entscheidung und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist. Der Anwaltsgerichtshof hat vorab über das Wiedereinsetzungsgesuch entschieden und dieses durch Beschluß vom 12. November 2003 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Dem Antragsteller steht gegen die Versagung der Wiedereinsetzung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu (§ 22 Abs. 2 Satz 3 FGG), weil gegen eine Entscheidung in der Hauptsache der Beschwerdeweg gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 BRAO eröffnet wäre (vgl. BGHZ 107, 281, 284; BGH, Beschl. v. 9. Juli 1984 - AnwZ (B) 14/84, BRAK-Mitt. 1985, 51). Die fristgerecht eingelegte (§ 42 Abs. 4 Satz 1 BRAO) sofortige Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Der Anwaltsgerichtshof hat den Wiedereinsetzungsantrag mit Recht zurückgewiesen, weil der Antragsteller nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Monatsfrist für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 16 Abs. 5 Satz 1, § 35 Abs. 2 Satz 5 BRAO) einzuhalten.

1. Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Antragsteller auf den eidesstattlich versicherten Vortrag gestützt, die Zustellung des Widerrufsbescheids sei in einem Zeitpunkt erfolgt, als er - Antragsteller - gerade ein Mandantengespräch geführt habe. Der ungeöffnete Umschlag mit dem zugestellten Bescheid sei in eine Akte geraten, die auf dem Schreibtisch gelegen habe und alsbald weggelegt worden sei. Später habe er sich an die Zustellung nicht mehr erinnert, weil er seinerzeit unter starkem Medikamenteneinfluß gestanden habe.

Dieser Vortrag rechtfertigt nicht die Annahme fehlenden Verschuldens. Ob es schuldhaft war, sich später nicht mehr an die Zustellung erinnert zu haben, kann dahinstehen. Denn es war bereits schuldhaft, bei der Entgegennahme der Zustellung nicht verhindert zu haben, daß das zugestellte Schriftstück in eine fremde Akte geriet und mit dieser weggelegt wurde. Entweder hätte der Antragsteller dafür sorgen müssen, daß das Mandantengespräch die Entgegennahme der Zustellung nicht beeinträchtigte, oder er hätte die Entgegennahme zu diesem Zeitpunkt ablehnen müssen.

2. In der Beschwerdebegründung hat der Antragsteller den Vorgang anders dargestellt. Er behauptet nunmehr, das zuzustellende Schriftstück sei ihm von dem Postbediensteten direkt ausgehändigt worden. Er - Antragsteller - habe den ungeöffneten Umschlag so schnell wie möglich aus dem Gesichtsfeld des gerade anwesenden Mandanten verschwinden lassen wollen und die Angelegenheit später wegen einer Dekompensation infolge unterlassener Medikamenteneinnahme verdrängt.

Wenn dieser neue Vortrag - der dem bisherigen teilweise widerspricht, sich auch nicht mit dem Inhalt der Postzustellungsurkunde vereinbaren läßt - erheblich wäre, könnte er nicht berücksichtigt werden, weil er nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist nach § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG, § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfolgt ist. Er ist jedoch nicht erheblich, weil der Vorwurf, bei der Entgegennahme der Zustellung nicht verhindert zu haben, daß das zugestellte Schriftstück in eine fremde Akte geriet und mit dieser weggelegt wurde, nicht ausgeräumt wird.

Ende der Entscheidung

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