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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.05.2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 50/03
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 42 Abs. 4 Satz 1
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 50/03

vom 17. Mai 2004

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, den Richter Dr. Ganter, die Richterin Dr. Otten und den Richter Dr. Ernemann sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Salditt, Dr. Schott und Dr. Wosgien nach mündlicher Verhandlung am 17. Mai 2004 beschlossen.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2003 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wurde am 28. November 1995 wieder zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 7. Mai 1999 widerrief der Präsident des Oberlandesgerichts K. die Zulassung wegen Vermögensverfalls.

Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO). Insbesondere ist durch die am 11. Juni 2003 beim Anwaltsgerichtshof eingegangene Beschwerdeschrift die Zweiwochenfrist des § 42 Abs. 4 Satz 1 BRAO gewahrt worden, da für den Fristlauf allein die am 28. Mai 2003 erfolgte Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin maßgeblich war (vgl. Senatsbeschluß vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 44/90, NJW 1991, 2086). Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Zulassung der Antragstellerin zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlaß der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen (st. Rspr., Senatsbeschluß vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 80/90, NJW 1991, 2083 m. Nachw.). Diese Situation war bei der Antragstellerin im Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung gegeben. Gegen die Antragstellerin wurden - wie die Antragsgegnerin durch entsprechende Aufstellungen belegt hat - zahlreiche Vollstreckungstitel erwirkt, die zu einer Vielzahl von Vollstreckungsmaßnahmen führen. Der Umstand, daß die Antragstellerin immer wieder zur Begleichung einzelner Forderungen in der Lage war, war in Anbetracht der verbleibenden und neu hinzutretenden Verbindlichkeiten nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen.

b) Anhaltspunkte dafür, daß ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlaß der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Ob sich diese Gefahr im Einzelfall realisiert hat, bedarf im Rahmen des Widerrufsgrundes nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO keiner Beurteilung, weil die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nach dieser Vorschrift bereits durch den Vermögensverfall indiziert wird.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nach den zutreffenden Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs nicht vor. Eine Konsolidierung ihrer Vermögensverhältnisse hat die Antragstellerin nicht dargetan. Sowohl im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof als auch im Beschwerdeverfahren hat sie es - trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise - an der hierfür grundsätzlich unerläßlichen umfassenden Darlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse fehlen lassen, namentlich an der Vorlage einer vollständigen - durch Nachweise zu belegenden - Übersicht über die zur Zeit bestehenden Verbindlichkeiten, über erfolgte und für die Zukunft vereinbarte Tilgung und über laufende Einkünfte (st.Rspr., zuletzt BGH, Beschluß vom 12. Januar 2004 - AnwZ (B) 26/03).

Nach alledem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß sich die Vermögensverhältnisse der Antragstellerin seit Erlaß der Widerrufsverfügung gebessert haben. Von einem Vermögensverfall muß weiterhin ausgegangen werden. Auch die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden besteht fort.



Ende der Entscheidung

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