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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.06.2002
Aktenzeichen: AnwZ (B) 70/00
Rechtsgebiete: BRAO, AO, UStG


Vorschriften:

BRAO § 42 Abs. 1 Nr. 3
BRAO § 42 Abs. 4
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
AO § 149
UStG § 18
UStG § 1
UStG § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 70/00

vom

24. Juni 2002

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und Schlick sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Salditt, Dr. Kieserling und die Rechtsanwältin Dr. Hauger am 24. Juni 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Zweiten Senats des Anwaltsgerichtshofs in Celle vom 7. November 2000 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf 51.129,19 € (= 100.000 DM) festgesetzt.

Gründe:

I.

Der im Jahre 1945 geborene Antragsteller ist seit 1976 als Rechtsanwalt beim Amts- und Landgericht G. zugelassen.

Seit längerer Zeit verficht er das standespolitische Anliegen, die Gebühren der Rechtsanwälte seien - weil nicht mehr kostendeckend - vom Gesetzgeber anzuheben. Solange dies nicht geschehen sei, sei die Umsatzbesteuerung verfassungswidrig. Infolgedessen führt der Antragsteller keine Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Dieses betreibt gegen ihn die Zwangsvollstreckung.

Unter Hinweis auf die entsprechenden Vollstreckungsmaßnahmen hat die Antragsgegnerin mit Verfügung vom 21. Februar 2000 die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof mit Beschluß vom 7. November 2000 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist nach § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO zulässig; es hat jedoch keinen Erfolg.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn sich der Rechtsanwalt in ungeordneten, schlechten finanziellen Verhältnissen befindet und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn.

2. Diese Voraussetzungen hat der Anwaltsgerichtshof für den Zeitpunkt des Widerrufs fehlerfrei bejaht. Die Finanzverwaltung hatte gegen den Antragsteller wiederholt, zuletzt im Juni 1998, wegen erheblicher Steuerverbindlichkeiten in dessen Vermögen vollstreckt. Am 3. November 1999 schuldete der Antragsteller der Finanzverwaltung über 124.000 DM zuzüglich Säumniszuschläge in Höhe von fast 40.000 DM. Daß die Interessen der Rechtsuchenden durch die Vollstreckungsmaßnahmen ausnahmsweise nicht gefährdet werden, hatte der Antragsteller nicht dargetan.

3. Nach Erlaß des Widerrufsbescheids sind die Voraussetzungen des Vermögensverfalls nicht zweifelsfrei entfallen. Eine geordnete Aufstellung seiner Einnahmen und laufenden Ausgaben, des Vermögens und der Belastungen hat der Antragsteller nicht vorgelegt.

Allerdings befindet sich möglicherweise nicht in Vermögensverfall, wer die gegen ihn gerichteten Forderungen erfüllen könnte, dies aber - aus welchen Gründen auch immer - nicht will. Der Antragsteller boykottiert aus standespolitischen Erwägungen die Umsatzsteuerpflicht. Er kommt der gesetzlichen Verpflichtung nach § 149 AO und § 18 UStG zur monatlichen Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht nach und führt auch keine Umsatzsteuer an die Finanzbehörden ab. Ursprünglich behielt er die von seinen Mandanten bezahlten Mehrwertsteuerbeträge ein, um dadurch die angeblich unzureichenden gesetzlichen Gebührenregelungen zu "kompensieren". Durch diese zusätzlichen Einnahmen hat er sein Vermögen zwar nicht vermehrt - jene wurden durch die in gleicher Höhe entstehenden Verbindlichkeiten gegenüber den Finanzbehörden neutralisiert -, aber doch möglicherweise konstant gehalten. Seit dem 1. Juli 1999 stellt er jedoch seinen Mandanten keine Mehrwertsteuer mehr in Rechnung. Da dies seine eigene Steuerpflicht gemäß §§ 1, 2 UStG nicht berührt, nehmen seither seine Verbindlichkeiten gegenüber der Finanzverwaltung immer mehr zu, ohne daß dem entsprechende Einnahmen gegenüberstehen.

Es ist nicht erkennbar, daß der Antragsteller Rücklagen oder liquides Vermögen zur Abdeckung der Steuerverbindlichkeiten besitzt. Zwar will er im Geschäftsjahr 1999 einen Betriebsgewinn in Höhe von 49.678,22 DM, im Jahre 2000 einen solchen in Höhe von 112.491,64 DM und im Jahre 2001 einen solchen in Höhe von 184.750,85 DM erzielt haben. Wieviel davon nach Abdeckung seines privaten Bedarfs übrig geblieben ist, ist jedoch nicht mitgeteilt, geschweige denn belegt worden. Nach eigenen Angaben haben sich seine sonstigen Verbindlichkeiten - im wesentlichen gegenüber Banken - per 18. November 2001 auf insgesamt 389.938,79 DM belaufen. Diesen Verbindlichkeiten - die anscheinend von dem Antragsteller ordnungsgemäß bedient werden - steht zwar nach der Behauptung des Antragstellers Grundvermögen in Höhe von 900.000 DM und sonstiges Vermögen in Höhe von 228.013 DM gegenüber. Der Antragsteller hat aber weder Nachweise vorgelegt noch vollständig mitgeteilt, in welcher Höhe das Grundvermögen dinglich belastet ist.

4. Die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 8./17. April 2002 hat - entgegen der Ansicht des Antragstellers - auf das vorliegende Verfahren keinen Einfluß.



Ende der Entscheidung

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