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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.11.2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 83/03
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 83/03

vom 8. November 2004

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Richter Dr. Ganter, die Richterin Dr. Otten, den Richter Dr. Ernemann sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Frey und Dr. Wosgien auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 7. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist seit 1977 als Rechtsanwalt in M. zugelassen. Mit Bescheid vom 23. Oktober 2001 hat die Antragsgegnerin die Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen. Die sofortige Vollziehung ist angeordnet worden

Der Anwaltsgerichtshof hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlaß der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ(B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ(B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Gegen den Antragsteller waren zum Zeitpunkt des Widerrufs von einer Vielzahl von Gläubigern wegen Forderungen in einer Gesamthöhe von über 6.000.000 € (ca.11.800.000 DM) Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet worden. Er ist den wiederholten Aufforderungen der Antragsgegnerin, zu seinen Vermögensverhältnissen konkret und detailliert Stellung zu nehmen und die hierzu erforderlichen Nachweise vorzulegen, nicht nachgekommen. Dies geht zu seinen Lasten.

b) Anhaltspunkte dafür, daß ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlaß der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor.

Der Antragsteller ist - nachdem er am 20. März 2003 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat - zwischenzeitlich im Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen, so daß nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO die Vermutung eines Vermögensverfalls besteht. Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht nachzuweisen vermocht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof hat er die Richtigkeit der Aufstellungen der Antragsgegnerin über die gegen ihn erwirkten Schuldtitel und durchgeführten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im wesentlichen eingeräumt. Im Beschwerdeverfahren hat er zwar die (teilweise) Tilgung von weiteren Einzelforderungen geltend gemacht und teilweise belegt. Zu dem überwiegenden Teil der gegen ihn vorliegenden Vollstreckungstitel (vgl. die Buchst. b), d), g), h), j), k), m) bis s), u) bis z) sowie die Ziff. 1, 4 und 5 der Aufstellungen der Antragsgegnerin; Gesamtforderungsbetrag ca. 226.000 €) hat er jedoch nicht Stellung genommen, so daß jedenfalls insoweit vom Fortbestehen der zugrundeliegenden Forderungen auszugehen ist. Hinzu kommt weiterhin der Vollstreckungstitel zu Buchst. e) der Aufstellung über 10.700.000 DM (= 5.470.823 €), dessen Berechtigung der Antragsteller dem Grunde nach zwar bestreitet, dessen Erledigung er aber ebenfalls nicht nachgewiesen hat. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang immer wieder darauf verweist, daß ihm oder der GbR H. & P. aus verschiedenen Bauvorhaben noch Gewinn-, Steuerrückerstattungs- und Investitionszulagenansprüche in Millionenhöhe zustünden, die aber infolge von Machenschaften seines Mitgesellschafters P. und der finanzierenden Bank derzeit nicht oder erst nach Durchführung entsprechender gerichtlicher Verfahren realisiert werden könnten, vermag dies an der Bewertung seiner Vermögensverhältnisse in diesem Verfahren nichts zu ändern. Da die Berücksichtigung des nachträglichen Wegfalls des Vermögensverfalls im Beschwerdeverfahren nur dazu dienen soll, eine Verdoppelung des Verfahrens bei ansonsten zweifelsfrei gegebenen Voraussetzungen für eine sofortige neue Zulassung zu vermeiden, kommt eine entsprechende Aufklärung im Beschwerdeverfahren nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluß vom 31. Mai 2002 - AnwZ(B) 3/01).

3. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, daß ungeachtet des fortbestehenden Vermögensverfalls ausnahmsweise eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht mehr gegeben ist, zumal - worauf schon der Anwaltsgerichtshof zu Recht hingewiesen hat - Pfändungsmaßnahmen bereits das Kanzleikonto des Antragstellers erfaßt hatten.

Ende der Entscheidung

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