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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.10.2003
Aktenzeichen: AnwZ (B) 84/02
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 84/02

vom 13. Oktober 2003

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und Dr. Frellesen, den Rechtsanwalt Dr. Wüllrich sowie die Rechtsanwältinnen Dr. Hauger und Kappelhoff nach mündlicher Verhandlung am 13. Oktober 2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 2. Senates des Saarländischen Anwaltsgerichtshofes vom 23. September 2002 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wurde am 12. Mai 1982 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief die Zulassung mit Verfügung vom 28. August 2001 nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlaß der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Der Antragsteller wurde vor Erlaß der Widerrufsverfügung aufgrund der am 31. Juli 2001 in acht Vollstreckungsverfahren abgegebenen eidesstattlichen Versicherung am 22. August 2001 in das Schuldnerverzeichnis bei dem Amtsgericht Homburg eingetragen. Die dadurch begründete Vermutung für einen Vermögensverfall hat der Antragsteller nicht widerlegt. Er hat eingeräumt, daß die Widerrufsverfügung die damaligen Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller zutreffend wiedergibt und daß er nicht allen Verbindlichkeiten nachkommen konnte. Dem Vorbringen des Antragstellers, ein Vermögensverfall liege gleichwohl nicht vor, weil die Aktiva des Antragstellers deutlich über seinen Verbindlichkeiten von damals rund 4,9 Mio. DM gelegen hätten, ist der Anwaltsgerichtshof zu Recht nicht gefolgt. Dagegen bringt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nichts vor. Er beruft sich hier nur noch auf eine nachträgliche Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse.

b) Anhaltspunkte dafür, daß ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlaß der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Ob sich diese Gefahr im Einzelfall realisiert hat, bedarf im Rahmen des Widerrufsgrundes nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO keiner Beurteilung, weil die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nach dieser Vorschrift bereits durch den Vermögensverfall indiziert wird. Für einen Ausnahmefall ist hier nichts zu ersehen.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes durch Konsolidierung der Vermögensverhältnisse, auf den sich der Antragsteller im Beschwerdeverfahren beruft, wäre zwar im laufenden Verfahren noch zu berücksichtigen (BGHZ 75, 356; BGHZ 84, 149), liegt aber nicht vor.

Der Antragsteller ist nach wie vor im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts H. eingetragen, so daß die Vermutung des Vermögensverfalls gegen ihn fortbesteht. Mit Beschluß des Amtsgerichts S. vom 3. Juni 2002 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers mangels Masse abgewiesen. Beim Versorgungswerk der Rechtsanwaltskammer des S. liegen Pfändungen in Höhe von 400.056,22 € vor. Das S. Ministerium für Finanzen und Bundesangelegenheiten hat mit Schreiben vom 15. November 2002 mitgeteilt, daß sich die Abgabenrückstände des Antragstellers auf mehr als 174.000 € beliefen und die Vollstreckung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Antragstellers weitgehend erfolglos verlaufen sei. Auch seitens anderer Gläubiger ist es sowohl vor als auch nach dem angefochtenen Beschluß des Anwaltsgerichtshofs zu erfolglosen Vollstreckungsversuchen gegen den Antragsteller gekommen.

Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller auch im Schriftsatz vom 6. Oktober 2003 nicht dargetan. Es ist nicht zu ersehen, mit welchen finanziellen Mitteln der Antragsteller in absehbarer Zukunft imstande sein soll, Verbindlichkeiten in Höhe von - nach seinen Angaben - 428.515,83 € zu tilgen. Nicht berücksichtigt sind in diesem Betrag die obengenannten Abgabenrückstände in Höhe von 174.000 €. Die Behauptung des Antragstellers, daß diese Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt nicht bestehe und statt dessen ihm ein Steuerrückzahlungsanspruch von rund 75.000 € zustehe, ist nicht hinreichend belegt. Auch die weiteren Vermögenswerte in Höhe von etwa 1.600.000 €, die der Antragsteller seinen Schulden gegenüberstellt, sind nicht nachvollziehbar belegt. Dies gilt sowohl für den angeblichen Wert der Immobilien als auch für den des beweglichen Vermögens. Gegen die Richtigkeit der Wertangaben des Antragstellers spricht insbesondere der Umstand, daß der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist.

Nach alledem haben sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers seit dem Erlaß der Widerrufsverfügung nicht gebessert. Von einem Vermögensverfall muß weiterhin ausgegangen werden. Auch die Interessen der Rechtsuchenden sind damit nach wie vor gefährdet.



Ende der Entscheidung

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