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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.03.2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 9/03
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
BRAO § 16 Abs. 6
BRAO § 42 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 9/03

vom 1. März 2004

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und Dr. Ernemann sowie den Rechtsanwalt Dr. Kieserling und die Rechtsanwältinnen Dr. Hauger und Kappelhoff nach mündlicher Verhandlung am 1. März 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 2. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 4. November 2002 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wurde am 30. Mai 1997 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief die Zulassung mit Verfügung vom 31. Januar 2002 nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Mit ihrer weiteren Verfügung vom 11. April 2002 ordnete sie die sofortige Vollziehung des Widerrufs an.

Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richten sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers und sein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 , Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlaß der angegriffenen Verfügung erfüllt.

Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Der Antragsteller wurde am 19. März 2001, 3. Mai 2001, 17. Oktober 2001 und 26. Oktober 2001, also vor Erlaß der Widerrufsverfügung, mit insgesamt fünf Haftbefehlen zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in das Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts F. eingetragen. Die dadurch begründete Vermutung für einen Vermögensverfall des Antragstellers hat dieser nicht widerlegt. Er hat die Löschungsreife der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis nicht nachgewiesen, sondern nur die Tilgung einiger weiterer Forderungen dargelegt und im übrigen den Abschluß von Vergleichen oder Stundungsabreden mit weiteren Gläubigern lediglich in Aussicht gestellt. Der Anwaltsgerichtshof ist deshalb mit Recht davon ausgegangen, daß sich der Antragsteller bei Erlaß der Widerrufsverfügung in Vermögensverfall befand und die Interessen der Rechtsuchenden dadurch gefährdet waren. Dagegen bringt der Antragsteller nichts vor.

b) Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der auch im Beschwerdeverfahren noch zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; BGHZ 84, 149), liegt nicht vor.

Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren nicht dargetan. Sowohl im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof als auch im Beschwerdeverfahren hat es der Antragsteller - trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise - an der hierfür grundsätzlich unerläßlichen umfassenden Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse fehlen lassen, namentlich an der Vorlage einer vollständigen - durch Nachweise zu belegenden - Übersicht über die zur Zeit bestehenden Verbindlichkeiten, über erfolgte und für die Zukunft vereinbarte Tilgungen und über laufende Einkünfte (st.Rspr., zuletzt BGH, Beschluß vom 29. September 2003 - AnwZ (B) 65/02 und Beschluß vom 13. Oktober 2003 - AnwZ (B) 84/02).

Die obengenannten Eintragungen des Antragstellers im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts F. bestehen fort. Darüber hinaus ist der Antragsteller nach Erlaß der Widerrufsverfügung am 13. Februar 2002, 27. Februar 2002, 11. März 2002, 8. Mai 2002 und 1. Juli 2002 mit sechs weiteren Haftbefehlen in das Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts F. eingetragen worden. Das Amtsgericht D. hat mit Beschluß vom 20. August 2002 (9 IN /01) den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers mangels Masse abgewiesen. Am 2. November 2002 hat dieser die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Nach alledem haben sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers seit Erlaß der Widerrufsverfügung weiter verschlechtert. Der Vermögensverfall besteht fort. Auch die Interessen der Rechtsuchenden sind damit nach wie vor gefährdet.

2. Der im Beschwerdeverfahren erneut gestellte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 42 Abs. 5 Satz 2, § 16 Abs. 6 BRAO zulässig, konnte im vorliegenden Fall aber keinen Erfolg haben, weil die Widerrufsverfügung aus den vorstehend dargelegten Gründen Bestandskraft erlangt.

3. Dem Vertagungsantrag vom 28. Februar 2004 war nicht stattzugeben. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, daß er gehindert ist, an der mündlichen Verhandlung vor dem Senat teilzunehmen. Zwar hat er zur Entschuldigung seines Fernbleibens ein ärztliches Attest vorgelegt. Dieses belegt jedoch nicht eine Verhandlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.

Im übrigen ist nicht ersichtlich, daß der Antragsteller erhebliche Tatsachen vortragen könnte, die den nachträglichen Wegfall des Vermögensverfalls belegen könnten. Insoweit hat er selbst in seinem Schriftsatz vom 28. Februar 2004 nur geltend gemacht, "Beweis antreten zu können, daß die derzeitige Vermögenssituation kurzfristig ausgeräumt werden wird".

Ende der Entscheidung

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