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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.12.2006
Aktenzeichen: AnwZ(B) 118/05
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ(B) 118/05

vom 4. Dezember 2006

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzenden Richter Terno und Basdorf, die Richter Dr. Ernemann und Dr. Frellesen sowie die Rechtsanwälte Dr. Wüllrich, Dr. Frey und Prof. Dr. Quaas nach mündlicher Verhandlung am 4. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofes vom 14. November 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Verfahren wird in beiden Rechtszügen auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wurde am 31. Januar 1984 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt beim Amtsgericht G. und beim Landgericht B. zugelassen.

Mit Verfügung vom 17. August 2005 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Dieser Bescheid wurde dem Antragsteller am 18. August 2005 zugestellt.

Der Antragsteller hat mit seinem am 21. September 2005 eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Aufhebung der Widerrufsverfügung sowie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist beantragt. Der Anwaltsgerichtshof hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Anwaltsgerichtshof hat zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig verworfen. Dessen ungeachtet ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unbegründet.

1. Es kann dahinstehen, ob mit einer Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs, wie der Antragsteller meint, nach dem Gang des Verfahrens erst nach mündlicher Verhandlung oder nach erklärtem Verzicht auf eine solche zu rechnen gewesen sei. Jedenfalls liegt die vom Antragsteller gerügte Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht vor, weil sich bereits der Anwaltsgerichtshof mit dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers im Beschluss vom 13. Dezember 2005 befasst und dieses für nicht durchgreifend erachtet hat. Im Übrigen ermittelt der erkennende Senat den Sachverhalt im Beschwerdeverfahren als Tatsacheninstanz in eigener Verantwortung. Auf etwaige Verfahrensfehler der Vorinstanz kommt es damit nicht mehr an; durch die Anhörung des Antragstellers im Beschwerdeverfahren wird eine etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof jedenfalls geheilt (Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2003 - AnwZ(B) 36/02 unter II).

2. Der Anwaltsgerichtshof hat mit Recht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung geltenden Monatsfrist (§ 16 Abs. 5 BRAO) zurückgewiesen und dementsprechend den verspätet eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig verworfen.

Der Antragsteller war nicht ohne sein Verschulden verhindert, die Frist zur Einreichung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung zu wahren (§§ 22 Abs. 2 Satz 1 FGG, 40 Abs. 4 BRAO). Ein Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, das dem Antragsteller zuzurechnen ist (§ 22 Abs. 2 Satz 2 FGG), hat der Anwaltsgerichtshof mit Recht darin gesehen, dass der Verfahrensbevollmächtigte sich bei der Fristenberechnung nicht an dem aus der Postzustellungsurkunde ersichtlichen Zustellungsdatum orientiert hat, sondern an dem Datum des Gesprächs, in dem der Antragsteller ihm den Widerruf mit der Bitte um Vertretung vorgelegt hatte. Gründe, welche dieses Versehen entschuldigen könnten, liegen nicht vor.

Die Ursache für die Fristversäumung liegt im vorliegenden Fall nicht in der fehlerhaften Notierung, sondern in der fehlerhaften Ermittlung der Frist. Den Fristablauf für fristengebundene Prozesshandlungen hat der mit der Bearbeitung der Sache betraute Rechtsanwalt in eigener Verantwortung zu ermitteln oder zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2005 - X ZB 31/03, BRAK-Mitt. 2005, 181, unter II). Dieser Anforderung ist der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers nicht gerecht geworden. Das Vorbringen in der sofortigen Beschwerde, der Verfahrensbevollmächtigte sei wegen des Widerrufs erregt gewesen, als ihm dieser vorgelegt worden sei, vermag den Verstoß gegen die dem Rechtsanwalt obliegende Sorgfalt nicht zu entschuldigen. Wenn der Verfahrensbevollmächtigte die Eintragung der Sache als Fristsache ("genaue Wiedervorlage") nicht seinem Büropersonal überließ, sondern selbst vornahm, damit die Vermögenssituation des Antragstellers innerhalb der Kanzlei nicht bekannt wurde, musste er in besonderer Weise darauf achten, dass er selbst die einzutragende Frist zutreffend ermittelt hatte; denn eine Kontrolle der Fristberechnung durch sein Büropersonal konnte nicht stattfinden, wenn er dieses an der Eintragung der Frist nicht beteiligte.

3. Im Übrigen ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch unbegründet. Der Widerruf der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) ist weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Der Antragsteller war, wie er einräumt, im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung in Vermögensverfall geraten. Anhaltspunkte dafür, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht gefährdet waren, liegen nicht vor. Der Widerrufsgrund ist auch nicht nachträglich entfallen. Von einer Konsolidierung der Vermögensverhältnisse kann im Hinblick auf das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers (32 IN /06 AG G. ) nicht ausgegangen werden.

4. Der Senat setzt den Geschäftswert - übereinstimmend für das Beschwerdeverfahren und für das vorinstanzliche Verfahren - in der in Fällen der vorliegenden Art üblichen Höhe und damit abweichend vom Anwaltsgerichtshof fest (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 2004 - AnwZ(B) 60/03 und vom 18. April 2005 - AnwZ(B) 32/04; Henssler/Prütting-Dittmann, BRAO, 2. Aufl., § 202 Rdnr. 2).

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