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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.05.1998
Aktenzeichen: BLw 40/97
Rechtsgebiete: LwAnpG


Vorschriften:

LwAnpG § 44 Abs. 1
LwAnpG § 44 Abs. 1

Bei einem Wechsel der Tätigkeit von der LPG (P) in die Stamm-LPG (T) setzte sich die LPG-Mitgliedschaft in dieser fort.

BGH, Beschl. v. 8. Mai 1998 - BLw 40/97 - OLG Naumburg AG Wernigerorde


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BLw 40/97

vom

8. Mai 1998

in der Landwirtschaftssache

betreffend die Zahlung einer Abfindung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 8. Mai 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Vogt und Dr. Wenzel, sowie die ehrenamtlichen Richter Kreye und Dahm

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Senats für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. Juli 1997, soweit er zu seinem Nachteil ergangen ist, aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Schluß-Beschluß des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Wernigerode vom 19. September 1995 dahingehend abgeändert, daß die Antragsgegnerin insgesamt 218.672,96 DM nebst 4% Zinsen ab 2. September 1993 zu zahlen hat.

Die weitergehenden Rechtsmittel des Antragstellers und die Anschlußbeschwerde der Antragsgegnerin in II. Instanz werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten I. Instanz hat die Antragsgegnerin zu 62 %, im übrigen der Antragsteller zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten der beiden Rechtsmittelverfahren fallen der Antragsgegnerin zu Last.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 181.835,26 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Erbeserbe der Eheleute M. und deren Sohnes, die einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Größe von 33,784 ha in die LPG (Typ I) "B. ", H. , eingebracht hatten. Die LPG bewirtschaftete insgesamt 231 ha Nutzfläche ihrer Mitglieder und 54 ha eigene Fläche.

Im Zuge des Zusammenschlusses der LPG mit der Antragsgegnerin übernahm diese den von den Erblassern eingebrachten Betrieb.

Der Antragsteller war Mitglied der am 1. Januar 1978 im Wege der Ausgliederung aus der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin (vgl. Senatsbeschl. v. 29. November 1996, BLw 30/96, WM 1997, 888 = AgrarR 1997, 50) gegründeten LPG (P) G. . Er hat seine Tätigkeit dort am 4. Mai 1987 beendet und sie ab 5. Mai 1987 bei der Antragsgegnerin fortgesetzt. Er wurde in deren Vorstand berufen und war später dessen Vorsitzender. Er kündigte seine Mitgliedschaft und das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1990.

Er hat als Wiedereinrichter Ansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz geltend gemacht und zunächst von der Antragsgegnerin Auskunft über ihr Eigenkapital verlangt. Dem hat das Landwirtschaftsgericht durch Teilbeschluß vom 14. Dezember 1993 entsprochen. Er hat weiterhin beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung einer Abfindung zu verpflichten in Höhe

1. eines restlichen Fondsausgleichs von 702,80 DM und des eingebrachten Feldinventars von 12.702 DM,

2. eines Inventarzinses in Höhe von 3.960 DM und einer Bodennutzungsvergütung in Höhe von 82.97& DM,

3. eines Anteils an dem Vermögen der LPG Typ I von 94.899,26 DM und

4. eines Anteils an dem von der Beklagten übernommenen Grundeigentum der LPG Typ T von 101.512 DM sowie einer Vergütung für die Nutzung dieses Bodenanteils von 19.718,40 DM.

Das Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag zu 1 bis 3 in Höhe von 195.240,06 DM entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er zuletzt nur noch den im erstinstanzlichen Antrag zu 4 enthaltenen Betrag von 19.718,40 DM verlangt hat, und auf die Anschlußbeschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht nur dem Antrag zu 1 entsprochen. Außerdem hat es dem Antragsteller als Anteil an dem von der Antragsgegnerin übernommenen Grundeigentum der LPG Typ I einen Betrag von 36.837,70 DM (= 7,9 ha x 4.663 DM), insgesamt also 50.242,50 DM zuerkannt. Mit der Rechtsbeschwerde, die das Oberlandesgericht "wegen der Frage der LPG- Mitgliedschaft des Antragstellers" zugelassen hat, verfolgt der Antragsteller die Anträge zu 2 und 3 weiter.

II. Das Beschwerdegericht vertritt die Auffassung, dem Antragsteller stünden nur als Erben Abfindungsansprüche nach §§ 51 a Abs. 2, 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG zu. Er selbst sei nicht Mitglied der Antragsgegnerin geworden, sondern nur als Arbeitnehmer deren Vorsitzender gewesen. Aus dem Sozialversicherungsausweis lasse sich eine Mitgliedschaft nicht herleiten, weitere Beweise habe er nicht angeboten. Eine Inventar- und Bodenverzinsung könne er daher nicht beanspruchen. Darüberhinaus stehe ihm auch kein "Wertersatz" für die von den Erblassern eingebrachten 33,78 ha landwirtschaftliche Nutzfläche zu.

Dies hält der Rechtsbeschwerde nicht stand.

III.

1. Die Rechtsbeschwerde ist in vollem Umfang zulässig (§ 65 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 24 Abs. 1 LwVG). Das Beschwerdegericht hat das Rechtsmittel "wegen der Frage der Mitgliedschaft des Antragstellers" zugelassen. Daraus ergibt sich nicht mit der nötigen Klarheit, ob damit die Zulassung auf den Anspruch nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG beschränkt oder nur begründet werden sollte, warum die Rechtsbeschwerde zugelassen worden ist. Eine Beschränkung auf die Mitgliedschaft als nicht teilentscheidungsfähige Voraussetzung eines Anspruchs nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG ist jedenfalls wirkungslos (Senatsbeschl. v. 8. Dezember 1995, BLw 33/95, Agrarrecht 1996, 53, 54). Da andererseits sich aus dem angefochtenen Beschluß nicht klar und eindeutig ergibt, daß überhaupt an eine Beschränkung und nicht nur an eine Begründung der Zulassung gedacht wurde, unterliegt der angefochtene Beschluß der rechtlichen Prüfung in vollem Umfang.

2. Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht den Antrag auf Zahlung von 94.899,26 DM zurückgewiesen. Zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde, daß das Beschwerdegericht insoweit sowohl den Sachverhalt als auch den gestellten Antrag verkannt hat. Das Beschwerdegericht geht in dem Tatbestand seines Beschlusses davon aus, daß es sich um einen Anspruch auf den "Gegenwert der 33,78 ha, d.s. umgerechnet DM 2.809/ha" handelt. Dies steht jedoch in Widerspruch zu dem in diesem Zusammenhang in Bezug genommenen Parteivorbringen. Daraus ergibt sich, daß es sich bei dem geltend gemachten Betrag nicht um "Wertersatz" für die von den Erblassern eingebrachte Nutzfläche, sondern um den behaupteten Anteil der Erblasser an dem von der Beklagten übernommenen Vermögen der LPG Typ I handelt, wie auch das Landwirtschaftsgericht zutreffend erkannt hat. Daß dieser von den Erblassern in die Antragsgegnerin eingebrachte Anteil am Fondsvermögen eine dem Inventarbeitrag gleichstehende Leistung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 349 f; 123, 23 f m. Anm. Schweizer, EWiR 1993, 1013; Beschl. v. 9. Juni 1993, BLw 17/93, AgrarR 1993, 218; Beschl. v. 24. November 1993, BLw 38/93, WM 1994, 314 = AgrarR 1994, 126). Die Berechnung des Wertes dieses Fonds und des dem Antragsteller zustehenden Anteils anhand der im Protokoll vom 1. Juni 1971 über die Übernahme des Betriebs M. ausgewiesenen Bilanzwerte der beteiligten LPGen per 31. Dezember 1970 ist unstreitig. Der Behauptung des Antragstellers, der aufgrund dieser Bilanz festgestellte Fonds der LPG Typ I sei bis zur Übernahme des den Erblassern gehörenden Betriebs noch angewachsen, und den Einzelheiten der Berechnung ist die Antragsgegnerin auch in zweiter Instanz nicht entgegengetreten, nachdem das Landwirtschaftsgericht den Vortrag des Antragstellers schon in erster Instanz für entscheidungserheblich erachtet hatte.

3. Der Senat kann dem Beschwerdegericht schließlich auch nicht darin folgen, daß der Antragsteller nicht Mitglied der Antragsgegnerin war und ihm deswegen keine Ansprüche nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG zustehen. Zutreffend hat das Landwirtschaftsgericht darauf hingewiesen, daß nach den Bestimmungen der Nrn. 13 Abs. 1, 16 Abs. 1 Musterstatut (P) und (T) der Wechsel der Tätigkeit des Antragstellers von der LPG (P) zur Antragsgegnerin dazu geführt hat, daß die Mitgliedschaft in der Antragsgegnerin fortgesetzt wurde. Dies hat der Senat bisher zwar nur für den Fall des Wechsels von der Stamm-LPG zur LPG (P) ausgesprochen (Beschl. v. 29. November 1996, BLw 30/96, AgrarR 1997, 50 und 153 = WM 1997, 888), muß in gleicher Weise aber auch für den hier vorliegenden - umgekehrten - Wechsel von der LPG (P) in die auf die Tierproduktion beschränkte Stamm-LPG gelten. Die Regelung sollte dem Genossenschaftsbauern die ununterbrochene Mitgliedschaft seit Eintritt in diejenige LPG sichern, in der er erstmals die Mitgliedschaft begründet hatte (Kommentar zum LPGG v. 2. Juli 1982 (1989) § 29 Anm. 2.2). Ob die Mitgliedschaft auch bei einem Wechsel in eine andere LPG fortgesetzt wurde (so Kommentar zum LPGG aaO) oder ob es hierzu einer förmlichen Beendigung der Mitgliedschaft und der Aufnahme als Mitglied in der neuen LPG bedurfte (so Puls in LPG-Recht, Lehrbuch (1984) 6.2.3 S. 117), bedarf hier keiner Entscheidung. Anders als in dem vom Senat in BGHZ 125, 166, 174 entschiedenen Fall ist hier eine Tauschvereinbarung über die Mitgliedschaftsrechte des Antragstellers nicht abgeschlossen worden.

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller zudem als ihr Mitglied behandelt. Sie hat ihn in der für LPG-Mitglieder zuständigen staatlichen Arbeits- und Sozialversicherung versichert und hat ihm nach seinem unbestrittenen Vorbringen Bodenanteile ausbezahlt. Erst im Laufe des Verfahrens hat sie die Mitgliedschaft bestritten, weil aus dem Protokollbuch der LPG nicht hervorgehe, daß die Vollversammlung jemals über einen Aufnahmeantrag des Antragstellers zu entscheiden hatte. Dies ist aber unerheblich.

4. War der Antragsteller nach alledem Mitglied der Antragsgegnerin und ist er aufgrund seiner Kündigung bei dieser zum 31. Dezember 1990 ausgeschieden, steht ihm auch die vom Landwirtschaftsgericht zuerkannte Boden- und Inventarverzinsung von 86.936 DM (82.976 DM + 3.960 DM) zu, weil die Mitgliedszeiten der Erblasser mit denen des Antragstellers zusammenzurechnen sind (Senatsbeschl. v. 4. November 1994, BLw 47/94, AgrarR 1995, 25, 26).

Damit ergibt sich insgesamt folgende Abfindung:

1. Restlicher Fondsausgleich 702,80 DM, 2. Feldinventar 12.702,00 DM, 3. Fondsanteil Typ I 94.899,26 DM, 4. Bodennutzungsvergütung für 33,784 ha (1975-1990) 82.976,00 DM, 5. Zinsen für Inventarbeiträge (1975-1990) 3.960,00 DM, Summe: 195.240, 06 DM.

Hiervon bereits zuerkannt: Positionen 1, 2 13.404,80 DM, Rest: 181.835,26 DM.

Hinzu kommt der vom Berufungsgericht darüber hinaus zugebilligte Wertersatz für den Anteil der Erblasser an dem von der Antragsgegnerin übernommenen Grundeigentum der LPG Typ I in Höhe von 36.837,70 DM. Daß dieser Anspruch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war, hätte nur auf eine Anschlußbeschwerde der Antragsgegnerin hin berücksichtigt werden können. Die Gesamtforderung beläuft sich damit auf 218.672,96 DM.

Der zuerkannte Anspruch ist in voller Höhe zu befriedigen, weil die Antragsgegnerin eine auf nicht ausreichendes Eigenkapital gestützte Dürftigkeitseinrede auch in zweiter Instanz nicht erhoben hat (Senatsbeschl. v. 9. Juni 1993, BLw 44/92, AgrarR 1994, 260 = WM 1993, 1644).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

Ende der Entscheidung

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