Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.11.2000
Aktenzeichen: BLw 7/00
Rechtsgebiete: LwVG


Vorschriften:

LwVG § 20 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BLw 7/00

vom

9. November 2000

in der Landwirtschaftssache

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 9. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Klein - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 24. Februar 2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 37.200 DM.

Gründe:

I.

Der Antragsteller verlangt vom Antragsgegner die Räumung und Herausgabe eines Hofes. Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag durch Beschluß vom 10. November 1999 zurückgewiesen. Die Zustellung des Beschlusses ist nach dem Empfangsbekenntnis am 17. November 1999 erfolgt. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist am 2. Dezember 1999 bei dem Oberlandesgericht eingegangen.

Der Antragsteller hat geltend gemacht, dem Beschluß sei keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt gewesen. Die Zustellung sei auch nicht, wie auf dem Empfangsbekenntnis angegeben, am 17. November 1999, sondern erst am 18. November 1999 erfolgt. Das Empfangsbekenntnis sei von einer Mitarbeiterin seines erstinstanzlichen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt F. , irrtümlich auf den 17. November 1999 datiert worden.

Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

1. Das Beschwerdegericht sieht als erwiesen an, daß der zugestellten Ausfertigung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch Rechtsanwalt F. begründe den Beweis dafür, daß die Zustellung am 17. November 1999 erfolgt sei. Durch die Aussagen von Rechtsanwalt F. und seiner Mitarbeiterinnen A. und K. sei der Gegenbeweis nicht geführt.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist insoweit nicht zu beanstanden, als es festgestellt hat, der zugestellten Ausfertigung sei die vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung beigefügt gewesen.

a) Die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts ist von dem Richter am Amtsgericht B. unterschrieben worden. Er hat am 10. November 1999 die Zustellung des Beschlusses an Rechtsanwalt F. als Bevollmächtigten des Antragstellers unter Beifügung "Rechtsmittelbelehrung sofortige Beschwerde" verfügt. Nach dem Vermerk der Kanzleimitarbeiterin des Landwirtschaftgerichts, der Justizangestellten R. R. , ist die Verfügung am 12. November 1999 erledigt worden. Nach der dienstlichen Äußerung von Frau R. hat sie an die zur Zustellung an Rechtsanwalt F. bestimmte Ausfertigung des Beschlusses die Rechtsmittelbelehrung angeheftet.

An der Richtigkeit der dienstlichen Äußerung sind nicht deshalb Zweifel angebracht, weil Frau R. auf dem von ihr vorbereiteten Empfangsbekenntnis nicht vermerkt hat, daß dem Beschluß die vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung beigeheftet war. Ein derartiger Vermerk ist für die Wirksamkeit der Zustellung nicht notwendig.

b) Auf Nachfrage des Beschwerdegerichts hat Frau R. ihre dienstliche Stellungnahme dahin ergänzt, sie könne sich an den Vorgang deshalb erinnern, weil sie die Bearbeitung von Verfahren in Landwirtschaftssachen erst unmittelbar vor dem 12. November 1999 übernommen habe, mit diesen nicht vertraut gewesen sei und deshalb ihre mit der Bearbeitung von Landwirtschaftssachen bis dahin betraute Kollegin danach habe fragen müssen, welche Belehrung sie der zur Zustellung an den Antragsteller bestimmten Ausfertigung habe beifügen müssen. In seinem Schreiben an den zweitinstanzlichen Bevollmächtigten des Antragstellers, Rechtsanwalt E. , vom 2. Dezember 1999 hat Rechtsanwalt F. zwar angegeben, der ihm zugestellten Ausfertigung des Beschlusses sei eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt gewesen. Bei seiner Vernehmung durch das Beschwerdegericht hat er indessen bekundet, "seines Erachtens" sei dem Beschluß keine Belehrung beigefügt gewesen. Eine sichere Erinnerung hatte er mithin nicht.

c) Auch die Tatsache, daß sich die Rechtsmittelbelehrung nicht in der dem Beschwerdegericht vorgelegten Handakte von Rechtsanwalt F. befindet, erlaubt keinen sicheren Schluß darauf, daß die dienstliche Äußerung von Frau R. unzutreffend ist. Die Rechtsmittelbelehrung wird danach von Frau R. grundsätzlich ebenso an die Ausfertigung angeheftet wie das vorbereitete Empfangsbekenntnis. Zur Rückgabe des Empfangsbekenntnisses ist es damit notwendig, den Heftverband zu lösen. Das ist nach der vom Antragsteller vorgelegten Handakte von Rechtsanwalt F. auch im vorliegenden Fall geschehen. Mithin wurde eine an den zuzustellenden Beschluß geheftete Belehrung zugleich mit dem zur Rückgabe an das Gericht vorgesehenen Empfangsbekenntnis von der Ausfertigung getrennt und muß nicht in die Handakte gelangt sein.

3. Zutreffend rügt die Rechtsbeschwerde jedoch das Verfahren, aufgrund dessen das Beschwerdegericht meint, der durch die Unterzeichnung des auf den 17. November 1999 datierten Empfangsbekenntnisses geführte Beweis der Zustellung an diesem Tag (BGH, Urt. v. 7. Juni 1990, III ZR 216/89, NJW 1990, 2125) sei durch die Aussage von Rechtsanwalt F. und seiner Mitarbeiterinnen A. und K. nicht widerlegt.

Die Rechtzeitigkeit der Einlegung gehört zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen der sofortigen Beschwerde. Diese Voraussetzungen sind von Amts wegen zu prüfen. Dabei ist der dem Gericht vorliegende Prozeßstoff umfassend zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 11. Februar 1982, III ZR 39/81, NJW 1982, 1467, 1468 und Beschl. v. 19. April 1994, VI ZB 3/94, NJW 1994, 1881, 1882). Hieran fehlt es. Die Befragung von Rechtsanwalt F. durch das Beschwerdegericht ist unvollständig.

Bei seiner Vernehmung waren alle aus dem Akteninhalt ersichtlichen Anhaltspunkte zu prüfen und zu würdigen, die für die für den Zeitpunkt der Zustellung von Bedeutung sein konnten. Insoweit war auch die von dem Antragsteller vorgelegte Handakte seiner Bevollmächtigten zu berücksichtigen. Die Akte enthält zuoberst das Auftragsschreiben von Rechtsanwalt F. an Rechtsanwalt E. vom 2. Dezember 1999. Nach diesem Schreiben hat Rechtsanwalt F. die zur Zustellung an ihn bestimmte Ausfertigung des Beschlusses des Landgerichts erst am 18. November 1999 seinem Gerichtspostfach beim Amtsgericht P. entnommen. Ist das richtig, ist ausgeschlossen, daß die Angabe des 17. November 1999 auf dem von ihm unterzeichneten Empfangsbekenntnis zutrifft. Das ist bei der Befragung von Rechtsanwalt F. durch das Beschwerdegericht und der Würdigung der Aussagen seiner Mitarbeiterinnen unbeachtet geblieben. Dies macht die erneute Vernehmung von Rechtsanwalt F. notwendig.



Ende der Entscheidung

Zurück