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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.03.1999
Aktenzeichen: I ZB 5/98
Rechtsgebiete: MarkenG, MarkenV


Vorschriften:

MarkenG § 3 Abs. 1
MarkenG § 8 Abs. 1
MarkenG § 3
MarkenG § 89 Abs. 4
MarkenG § 156 Abs. 1
MarkenV § 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

I ZB 5/98

vom

25. März 1999

in der Rechtsbeschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 394 05 513.6

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. März 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck und Dr. Bornkamm

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 26. November 1997 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 8. Dezember 1994 beim Patentamt eingegangenen Anmeldung die "farbige Eintragung mit folgenden Farben: schwarz: RAL 9005, zink-gelb: RAL 1018" für die Waren

" Maschinelle, gegebenenfalls auch münzbetätigte Sprüh-, Spül- und Reinigungsgeräte, insbesondere Hochdruckreinigungsgeräte, Dampfstrahlgeräte, Partikelstrahlgeräte, Sprühextraktionsgeräte, Bürstmaschinen, Naß- und Trockensauger, Teppichbürstsauger, Reinigungsmaschinen für Hartflächen und textile Beläge, Kehrmaschinen, Behälterinnenreinigungsgeräte sowie im wesentlichen eines oder mehrere dieser Geräte umfassende Anlagen;

Fahrzeugwaschanlagen, im wesentlichen bestehend aus einem oder mehreren der vorstehend genannten Reinigungsgeräte, aus Trocknungsgeräten und/oder Chemikalienabgabegeräten; maschinelle Geräte zur Entkonservierung von Fahrzeugen; handbetätigte Reinigungsgeräte für den gewerblichen und den häuslichen Einsatz, insbesondere Kehrgeräte und Poliergeräte".

Der Anmeldung war ein Quadrat, bestehend aus zwei ohne Zwischenraum aneinander gefügten farbigen Rechtecken in schwarzer bzw. gelber Farbe, beigefügt. Die Beschreibung der Marke hat folgenden Wortlaut: "Durch die Marke soll die Farbkombination der in der Darstellung wiedergegebenen Farben geschützt werden, nicht die konkrete Raumaufteilung. Diese Farbkombination umfaßt folgende Farben: schwarz: RAL 9005; zink-gelb: RAL 1018. Jede Kombination dieser Farben soll als Marke geschützt werden."

Die Anmelderin hat vorsorglich ihr Einverständnis mit einer Zeitrangverschiebung und Festsetzung des Anmeldetages auf den 1. Januar 1995 erklärt.

Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben (BPatGE 39, 145).

Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.

II. Das Bundespatentgericht hat in der angemeldeten Farbzusammenstellung kein markenfähiges Zeichen im Sinne von § 3 Abs. 1 MarkenG gesehen und auch die graphische Darstellbarkeit verneint. Es hat dazu ausgeführt:

Es fehle bereits an der erforderlichen graphischen Darstellbarkeit, die im Rahmen der Prüfung einer Anmeldung auf Markenfähigkeit vorliegen müsse. Die Anmelderin begehre ausdrücklich Schutz der Farbkombination im Hinblick auf eine freie Verteilung der Farben, die in den verschiedensten Proportionen und Formen denkbar sei. Das lasse sich in keiner Weise graphisch wiedergeben, insbesondere aber nicht durch zwei farbige, zusammen ein Quadrat bildende Rechtecke, wie sie der Anmeldung beigefügt gewesen seien. Diese Form der Anmeldung könne allenfalls zur Annahme einer je hälftigen Aufteilung der Farbkombination führen; ein Verständnis der Anmeldung, dem die Anmelderin von vornherein entgegengetreten sei.

Des weiteren entspreche die angemeldete bloße Farbkombination von vornherein nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 MarkenG. Die gesetzliche Bestimmung bringe zum Ausdruck, daß auch nach neuem Recht Farben nicht für sich allein unabhängig von jeglicher graphischen Festlegung schützbar seien, sondern nur im Zusammenhang mit der jeweiligen konkreten Aufmachung der Waren. Daraus, daß die Begründung zum Regierungsentwurf des Markengesetzes den Schutz von "Farben und Farbzusammenstellungen" erwähne, könnten keine abweichenden Schlüsse gezogen werden; denn maßgeblich sei allein die Formulierung im Gesetzestext, wonach Farben nur im Rahmen einer Aufmachung schutzfähig seien. Dieses Verständnis stehe auch in Einklang mit Art. 2 MarkenRL, in dem ebenfalls vom Aufmachungsschutz ausgegangen werde, ohne Farben und Farbkombinationen ausdrücklich zu erwähnen.

Danach gebe es keinen abstrakten Schutz konturloser Farben. Trägerin der Ausstattung könne nur die in ihrer konkreten Individualität kennzeichnende Einheit von Farbe und Form sein. Der gesetzlich gewährleistete Schutz erstrecke sich nicht auf eine unübersehbare Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten der beanspruchten Farben untereinander und ihre Anbringung auf den Waren, deren Verpackungen, in der Werbung usw.

III. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Die (abstrakte) Markenfähigkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 MarkenG und die graphische Darstellbarkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 MarkenG können dem angemeldeten Zeichen nicht abgesprochen werden.

1. Das Bundespatentgericht hat die Markenfähigkeit des angemeldeten Zeichens verneint, weil für die angemeldete Farbzusammenstellung abstrakt, nicht jedoch in einer bestimmten konkreten Aufmachung, Schutz begehrt werde. Ein derartiges besonderes Eintragungshindernis fehlender Markenfähigkeit für Farben oder Farbzusammenstellungen kann dem Gesetz, wie der Bundesgerichtshof - nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses - entschieden hat (Beschl. v. 10.12.1998 - I ZB 20/96, WRP 1999, 430, 431 = MarkenR 1999, 64 - Farbmarke gelb/schwarz), jedoch nicht entnommen werden.

Zwar ist das Bundespatentgericht zutreffend davon ausgegangen, daß für die Eintragung eines Zeichens als Marke die allgemeine (abstrakte) Markenfähigkeit i.S. des § 3 Abs. 1 MarkenG gegeben sein und deshalb im Eintragungsverfahren geprüft werden muß. Es hat die Markenfähigkeit aber zu Unrecht verneint. Wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung "Farbmarke gelb/schwarz" (WRP 1999, 430, 431) ausgeführt hat, können nach § 3 Abs. 1 MarkenG als Marke alle Zeichen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, insbesondere sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen. Schon aus diesem Gesetzeswortlaut ergibt sich, daß für die abstrakte Markenfähigkeit bei aus Farben oder Farbzusammenstellungen bestehenden Anmeldungen gegenüber anderen Markenformen, wie Wort-, Bild- oder Hörmarken, keine besonderen (abstrakten) Schutzvoraussetzungen vorliegen müssen. Vielmehr werden insbesondere Farben und Farbzusammenstellungen, wie der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 12/6581 S. 65 = BlPMZ 1994, Sonderheft S. 59) entnommen werden kann, lediglich zur Klarstellung ihrer Eignung als markenschutzfähige Aufmachungen ausdrücklich hervorgehoben. Auch Farbmarken müssen daher die allgemeinen Voraussetzungen der Markenfähigkeit, wie vor allem den Grundsatz der Selbständigkeit der Marke von dem Produkt, erfüllen; nicht mehr und nicht weniger (BGH WRP 1999, 430, 431 - Farbmarke gelb/schwarz).

Von der generellen Markenfähigkeit von Farben und Farbzusammenstellungen geht auch der 28. Senat des Bundespatentgerichts in einer Reihe neuerer Entscheidungen aus (MarkenR 1999, 32 - ARAL-Blau; GRUR 1999, 61 - ARAL/Blau I; WRP 1999, 329 - Blau/Weiß I; WRP 1999, 334 - Blau/Weiß II).

Aus Art. 2 MarkenRL, der u.a. durch die Vorschrift des § 3 Abs. 1 MarkenG umgesetzt worden ist (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf aaO S. 65 bzw. 59), kann - anders als das Bundespatentgericht gemeint hat - die Einschränkung von Farbmarken auf konkrete Ausstattungen oder Aufmachungen nicht entnommen werden. In der Markenrechtsrichtlinie heißt es, daß Marken alle Zeichen sein können, soweit sie geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, wenn sie sich graphisch darstellen lassen, hierzu gehöre insbesondere die Aufmachung der Ware. Daß unter diese allgemeine Formulierung ohne Einschränkung auf konkrete körperliche Gestaltungen auch farbliche Aufmachungen fallen, ist nicht zweifelhaft (BGH WRP 1999, 430, 431 - Farbmarke gelb/schwarz).

Bei der Anwendung des Art. 2 MarkenRL wörtlich entsprechenden Art. 4 GMV ist die Dritte Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt in den Entscheidungen "Orange" (MarkenR 1999, 38) und "LIGHT GREEN" (MarkenR 1999, 108, 109) davon ausgegangen, daß eine Farbe generell markenfähig ist.

2. Das Bundespatentgericht hat die graphische Darstellbarkeit der angemeldeten Marke i.S. von § 8 Abs. 1 MarkenG zu Unrecht verneint. Danach sind von der Eintragung als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 MarkenG ausgeschlossen, die sich nicht graphisch darstellen lassen. Die Bedeutung der graphischen Darstellbarkeit ergibt sich aus den mit diesem Erfordernis angestrebten Zwecken, im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form zugrunde legen zu können, die Eintragung ins Register als solche überhaupt zu ermöglichen und die Eintragung im Interesse der Allgemeinheit zur Unterrichtung über die in Kraft stehenden Marken und ihren Schutzbereich zu veröffentlichen (vgl. Althammer/Ströbele, Markengesetz, 5. Aufl., § 8 Rdn. 9; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 8 Rdn. 12; Völker/Semmler, GRUR 1998, 93, 97). Hierfür bedarf es nicht notwendig der graphischen Wiedergabe der Marke selbst. Es genügt die Umschreibung der Marke mit hinreichend eindeutigen Symbolen, die - im Streitfall betreffend eine abstrakte Farbmarke - in den konkreten Farbangaben liegen kann, so wie sie etwa bei Hörmarken in der gesetzlich (§ 11 MarkenV) ausdrücklich geforderten zweidimensionalen graphischen Wiedergabe in einer üblichen Notenschrift oder durch ein Sonagramm liegt (BGH WRP 1999, 430, 431 - Farbmarke gelb/schwarz).

Durch die Einreichung eines Farbmusters oder - wie im Streitfall ebenfalls erfolgt - durch die Beschreibung mittels Bezugnahme auf ein Farbklassifikationssystem (Angabe der RAL-Nummern) ist die Marke eindeutig graphisch dargestellt (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 8 Rdn. 13; Völker/Semmler, GRUR 1998, 93, 98; Wittenzellner in Festschrift für Beier, 1996, 333, 335). Das entspricht - obwohl die Markenverordnung eine besondere Regelung für Farbmarken nicht enthält - im Ergebnis der in Regel 3 Abs. 5 GemeinschaftsmarkenDV enthaltenen Bestimmung (vgl. dazu HABM MarkenR 1999, 108, 110 - LIGHT GREEN), nach der die Farben anzugeben sind, aus denen sich die Marke zusammensetzt.

IV. Angesichts der danach gegebenen abstrakten Markenfähigkeit des angemeldeten Zeichens und dessen graphischer Darstellbarkeit war der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache gemäß § 89 Abs. 4 MarkenG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.

Das Bundespatentgericht wird nunmehr in Anbetracht des Einverständnisses der Anmelderin mit einer Zeitrangverschiebung und Festsetzung des Anmeldetages auf den 1. Januar 1995 (§ 156 Abs. 1 MarkenG) der Frage von Eintragungshindernissen gemäß § 8 Abs. 2 MarkenG nachzugehen haben. Es wird dabei zu beachten haben, daß der Bundesgerichtshof im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Prüfung im Zusammenhang mit Telefonbüchern zwar ausgeführt hat, daß Farbkombinationen von Haus aus keine betriebliche Herkunftshinweisfunktion zukommt (Urt. v. 20.3.1997 - I ZR 246/94, GRUR 1997, 754, 755 f. = WRP 1997, 748 - grau/magenta; vgl. auch Althammer/Ströbele, Markengesetz, § 8 Rdn. 29). Daraus kann jedoch für die markenrechtliche Beurteilung nicht allgemein geschlossen werden, daß einer bestimmten Farbe oder einer Farbzusammenstellung für jede Ware von Hause aus jegliche Unterscheidungskraft fehlt (differenzierend: HABM MarkenR 1999, 38, 40 Tz. 16 - Orange; MarkenR 1999, 108, 110 Tz. 21 - LIGHT GREEN). Für eine derartige Annahme bedarf es besonderer, vom Bundespatentgericht nachzuholender tatsächlicher Feststellungen zur Übung im Verkehr und zum Verständnis des mit den im Streitfall in Frage stehenden Waren angesprochenen Publikums (BGH, Beschl. v. 25.3.1999 - I ZB 23/98 - Farbmarke magenta/grau, Umdr. S. 8 f.).

Ende der Entscheidung

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