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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.08.2003
Aktenzeichen: I ZB 6/03
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1
Einem sprachüblich gebildeten Wortzeichen aus Bestandteilen, die aus einer geläufigen fremden Sprache stammen und die als solche schon in die deutsche Umgangssprache eingegangen sind, fehlt jede Unterscheidungskraft, wenn der Verkehr das Zeichen angesichts der ohne weiteres verständlichen begrifflichen Bedeutung nur in diesem Sinn und nicht als Unterscheidungsmittel für Dienstleistungen versteht.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

I ZB 6/03

vom

28. August 2003

in der Rechtsbeschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung Nr. 398 47 743.4

Cityservice

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. August 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Anmelderin gegen den am 13. Januar 2003 an Verkündungs Statt zugestellten Beschluß des 25. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

I. Am 21. August 1998 meldete die Anmelderin die Wortmarke

Cityservice

für eine Vielzahl von Dienstleistungen der Klassen 35 bis 42 der Klasseneinteilung in der Anlage zu § 15 Abs. 1 MarkenV, z.B. "Buchführung; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen", "Versicherungswesen; Finanzwesen", "Telekommunikation", "Beförderung von Personen und Gütern mit Kraftfahrzeugen, Schienenbahnen, Schiffen und Flugzeugen", "Materialbearbeitung; Abbeizen; Abfallverarbeitung (Umwandlung)", "Ausbildung, Erziehung, Unterricht", "Dolmetschen; Hausmeisterdienste; Butlerdienste; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung", zur Eintragung in das Markenregister an. Wegen der Dienstleistungen im einzelnen wird auf Blatt 2 bis 6 des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung zurückgewiesen, weil der Marke für die angemeldeten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin ist ohne Erfolg geblieben.

Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihre Anmeldung weiter.

II. Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, bei der Bezeichnung "Cityservice" handele es sich im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen um eine freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe. Die ursprünglich der englischen Sprache entnommenen Bestandteile "City" (Stadt) und "Service" (Dienstleistung) seien in die deutsche Umgangssprache eingegangen. Es gebe zahlreiche zusammengesetzte Sachhinweise mit dem Bestandteil "City" (z.B. City-Kurier, City-Tarif, City-Info), wie auch eine Vielzahl von Wortverbindungen mit "Service" (z.B. Presse-Service, Bürger-Service oder Kunden-Service) bekannt seien. Das angemeldete Wortzeichen sei sprachüblich gebildet. Es werde sogar in dieser Form umfangreich verwendet. Der sich leicht erschließende Begriffsinhalt der Bezeichnung "City-Service" weise lediglich darauf hin, daß der Dienst bzw. die Dienstleistungen von einem Unternehmen in der jeweils betroffenen Stadt angeboten und erbracht würden. Darin liege eine wichtige Information für die angesprochenen Verkehrskreise, deren Entscheidung aus verschiedenen Gründen davon abhängig sein könne, ob sich der Anbieter am Ort befinde oder seinen Geschäftsbetrieb außerhalb der Stadt betreibe. Der Ort der Erbringung von Dienstleistungen sei in § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausdrücklich als Merkmal genannt, dessen Angabe von der Eintragung als Marke ausgeschlossen sei. Bei "City" handele es sich um eine Ortsangabe allgemeiner Art, die nicht eine bestimmte Stadt oder Region benenne, sondern eine Abgrenzung zu flächendeckend angebotenen Dienstleistungen darstelle. So würden z.B. potentielle Kunden durch eine in München erfolgende Verwendung des Hinweises "Cityservice" darüber informiert, daß die angebotenen Dienstleistungen in der Stadt München, nicht aber in außerhalb liegenden ländlichen Gegenden erbracht würden. Darin liege ein wesentliches Merkmal der Erbringung von Dienstleistungen, das gleichermaßen für alle beanspruchten Dienstleistungen gelte. Bei einer Verwendung der Angabe im Zusammenhang mit den einzelnen Dienstleistungen oder einem umfassenden Dienstleistungsangebot sei der Begriffsinhalt der Sachangabe jeweils ohne weiteres verständlich. Eine gleichwohl bestehende begriffliche Unbestimmtheit führe nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit der Bezeichnung.

Die Bedeutung des Wortes "Service" sei nicht auf eine eng verstandene kundenbezogene Bedeutung in dem Sinne beschränkt, daß Dienstleistungen nur für Personen erbracht würden, die bereits Kunden eines Unternehmens seien; demgemäß lägen die angeführten Ausschlußgründe auch für solche Dienstleistungen vor, die nicht auf eine kundenbezogene Betreuung beschränkt seien. Maßgeblich sei, daß die für die angemeldeten Dienstleistungen gewählte Bezeichnung "Cityservice" einen sprachüblich gebildeten und ohne weiteres verständlichen Hinweis darauf gebe, daß es sich um ein Dienstleistungsangebot in einer Stadt handele.

Auch die erforderliche Unterscheidungskraft weise die angemeldete Bezeichnung nicht auf. Zwar sei bei der Beurteilung dieser Eintragungsvoraussetzung von einem großzügigen Maßstab auszugehen, die angemeldete Bezeichnung werde angesichts ihres leicht erkennbaren Begriffsinhalts jedoch nicht als Unterscheidungsmittel verstanden. Auch Wortzusammenstellungen, die lexikalisch nicht nachweisbar seien, erfüllten nicht immer die Anforderungen an die Unterscheidungskraft, wenn es sich um eine sprachübliche Begriffsbildung mit unmittelbar beworbenem Waren- oder Dienstleistungsbezug handele.

III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.

Mit Recht hat das Bundespatentgericht die angemeldete Marke für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen für nicht unterscheidungskräftig i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gehalten.

1. Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (st. Rspr.; BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 42/98, GRUR 2001, 1151, 1152 = WRP 2001, 1082 - marktfrisch; Beschl. v. 28.6.2001 - I ZB 58/98, GRUR 2001, 1153, 1154 = WRP 2001, 1201 - anti KALK). Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, daß ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

2. Das Bundespatentgericht ist rechtsfehlerfrei zu seiner Annahme gelangt, daß der angemeldeten Marke für die Dienstleistungen des Verzeichnisses jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Das Bundespatentgericht hat unangegriffen festgestellt, daß die ursprünglich der englischen Sprache entnommenen Bestandteile "City" und "Service" der angemeldeten Marke in die deutsche Umgangssprache eingegangen sind. Dementsprechend gibt es zahlreiche zusammengesetzte Sachhinweise mit dem Wort "City". Ebenso finden sich Wortverbindungen mit dem Bestandteil "Service" in vielfachen Erscheinungsformen. Das Markenwort "Cityservice" begegnet auch bei Internet-Recherchen. Es ist sprachüblich gebildet und wird auch tatsächlich umfangreich im Zusammenhang mit verschiedenen Dienstleistungen verwendet; insbesondere in Verbindung mit Informationen über die in einer Stadt angebotenen Dienstleistungen und ihre Anbieter.

Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde erfolglos mit ihrem Vortrag, der Bezeichnung "Cityservice" komme kein feststehender Begriffsinhalt oder Aussagegehalt zu, der sich so mit einer der angemeldeten Dienstleistungen verbinde, daß die Gewährleistung einer Ursprungsidentität ausscheide.

Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde hat das Bundespatentgericht die Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht überspannt. Jegliche Unterscheidungskraft fehlt einer Bezeichnung nicht nur dann, wenn es um eine Beschreibung konkreter Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geht, sondern auch dann, wenn es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder ein geläufiges Wort aus einer fremden Sprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH, Beschl. v. 13.6.2002 - I ZB 1/00, GRUR 2002, 1070, 1071 = WRP 2002, 1281 - Bar jeder Vernunft, m.w.N.). Hiervon ist das Bundespatentgericht angesichts der von ihm in nicht zu beanstandender Weise getroffenen Feststellungen ausgegangen. Soweit die Rechtsbeschwerde ihre gegenteilige Meinung darauf stützt, daß eine Vielzahl eingetragener Marken mit den Bestandteilen einerseits "City" und andererseits "Service" bestünden, kann dem nicht beigetreten werden. Die von der Anmelderin vorgelegte Liste von derartigen Marken besagt für die angemeldete Marke nichts, weil die Marken der Liste ihre Unterscheidungskraft gerade aus der Kombination der Bestandteile "City" oder "Service" mit einem weiteren Begriff gewinnen. Die von dem Bundespatentgericht herangezogene allgemeine Lebenserfahrung, daß Begriffe wie die angemeldete Marke vom angesprochenen Verkehr nicht als Unterscheidungsmittel verstanden würden, kann damit nicht mit Erfolg in Frage gestellt werden.

Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, daß das Bundespatentgericht den Begriff eines "betrieblichen Unterscheidungsmittels" verwendet hat, kann auch hieraus nichts Wesentliches hergeleitet werden. Aus den Gründen im Zusammenhang ergibt sich ohne weiteres, daß das Bundespatentgericht einen rechtlich zutreffenden Begriff der Unterscheidungskraft zugrunde gelegt hat.

3. Fehlt es demnach an der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens, kommt es auf die vom Bundespatentgericht bejahte Frage des Vorliegens eines Freihaltungsbedürfnisses i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht mehr an.

IV. Danach war die Rechtsbeschwerde gemäß § 89 Abs. 1 MarkenG zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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