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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.07.2005
Aktenzeichen: I ZR 170/02
Rechtsgebiete: UWG, GWB


Vorschriften:

UWG § 4 Nr. 1
UWG § 4 Nr. 11
GWB § 19 Abs. 4 Nr. 1
GWB § 20 Abs. 1
Eine Gemeinde handelt nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände wettbewerbsrechtlich unlauter oder kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen Bestattungsdienst im Friedhofsgebäude auf dem Gelände des städtischen Friedhofs unterbringt.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I ZR 170/02

Verkündet am: 21. Juli 2005

Friedhofsruhe

in dem Rechtsstreit

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte, die Stadt F. , unterhält am Nordwestrand des bebauten Gemeindegebiets einen Friedhof. Nach § 5 der Friedhofsatzung besteht bei einer Bestattung auf dem Friedhof für bestimmte Verrichtungen (insbesondere für die Durchführung der Erdbestattung und die Beisetzung von Urnen) ein Benutzungszwang.

In einem Gebäude am Rand des Friedhofs befinden sich die Aufbahrungsräume und die Aussegnungshalle. An die Aussegnungshalle schließt ein Gebäudeteil mit drei Büroräumen an. In einem dieser Räume ist das Büro der Friedhofsverwaltung der Beklagten; hier werden die Grabstellen vergeben und die Bestattungszeiten festgelegt. Der zweite Raum wurde bis zum Erlaß des landgerichtlichen Urteils für den Betrieb des privatwirtschaftlich betriebenen städtischen Bestattungsdienstes genutzt. Der dritte Raum diente der Beklagten und zwei Sargherstellern bis zu einer von der Beklagten im Rechtsstreit abgegebenen Unterlassungserklärung als Ausstellungsraum für Särge und Überurnen.

Der städtische Bestattungsdienst wird personell getrennt von der Friedhofsverwaltung geführt und übernimmt gewerbliche Leistungen im Zusammenhang mit Bestattungen. Das Sterbefall-Standesamt und das Friedhofsamt sind im Rathaus in der Stadtmitte.

Die Klägerin zu 1 betreibt ein Bestattungsunternehmen und unterhält in F. eine Filiale. Der Kläger zu 2 ist ein Verband, der nach seiner Satzung u.a. den Zweck hat, die gemeinsamen wirtschaftlichen Belange des Bestattungsgewerbes und seiner Mitglieder - auch durch Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs - zu fördern.

Die Kläger haben geltend gemacht, die Beklagte handele wettbewerbsrechtlich unlauter und kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen Bestattungsdienst in einem Büroraum des Friedhofsgebäudes auf dem Gelände des städtischen Friedhofs unterbringe. Dies widerspreche dem Friedhofszweck, eine angemessene und geordnete Bestattung und ein pietätvolles Gedenken an die Verstorbenen in würdigem Rahmen zu ermöglichen, und der Standesauffassung im Bestattungsgewerbe. Durch die Verknüpfung hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeiten verschaffe sich die Beklagte zudem einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil. Wenn Angehörige eines Verstorbenen die Friedhofsverwaltung aufsuchen müßten, werde dies leicht Anlaß sein, auch den gewerblichen Bestattungsauftrag zu erteilen. Aufgrund ihrer Doppelfunktion als Träger des Friedhofs mit Benutzungszwang und als Betreiber des kommunalen Bestattungsunternehmens habe die Beklagte eine marktbeherrschende Stellung. Durch Unterbringung ihres gewerblichen Bestattungsbetriebs auf dem Friedhofsgelände verstoße die Beklagte zudem gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB, da keinem anderen Bestattungsunternehmen ein vergleichbarer Standort zur Verfügung stehe.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, innerhalb des Geländes des gemeindlichen Waldfriedhofes F. ein Büro des städtischen Bestattungsdienstes zu unterhalten und/oder dort bestattungswirtschaftliche Dienste anzubieten.

Den ursprünglich gestellten Antrag, der Beklagten auch die Unterhaltung eines Ausstellungsraums für Särge und Überurnen auf dem Friedhofsgelände zu untersagen, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte insoweit eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte.

Die Beklagte hat ihre umstrittene gewerbliche Tätigkeit im Friedhofsgebäude als rechtmäßig und insbesondere als mit der Friedhofsatzung vereinbar verteidigt. Im Bereich dieser privatwirtschaftlichen Tätigkeit habe sie keine marktbeherrschende Stellung.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Die Unterbringung des privatwirtschaftlich tätigen Bestattungsdienstes im Anbau der Aussegnungshalle des städtischen Friedhofs sei weder wettbewerbswidrig noch kartellrechtswidrig. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:

Eine Gemeinde handele grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, wenn sie einen privatwirtschaftlichen Bestattungsbetrieb in einem Gebäude unterbringe, in dem auch hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt würden, falls eine ausreichende räumliche und personelle Trennung bestehe, die den Angehörigen eines Verstorbenen eine unbeeinflußte Entscheidung darüber ermögliche, welches Unternehmen sie mit Bestattungsleistungen beauftragten. Die Beklagte habe die Friedhofsverwaltung und ihren privatwirtschaftlichen Bestattungsdienst ausreichend getrennt.

Die Frage, ob die Unterbringung eines kommunalen Bestattungsdienstes in Räumen auf dem Friedhofsgelände gegen die Zweckbestimmung des Friedhofs verstoße und wettbewerbswidrig sei, lasse sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des angegriffenen Verhaltens und seiner Auswirkungen sowie der Interessen der Parteien beantworten.

Das Gebäude mit den Aufbahrungsräumen, der Aussegnungshalle und den Büros der Beklagten liege am Rand des Friedhofs und in der Nähe zweier weiterer Gebäude (eines Wohngebäudes und eines Garagen- und Schuppengebäudes). Der Bestattungsdienst, dessen Tätigkeit geeignet sei, dem Friedhofszweck zu dienen, sei äußerst zurückhaltend in einem an die Aussegnungshalle angebauten Flachbau untergebracht. Der Bürotrakt könne von der Aussegnungshalle oder durch einen Außeneingang auf der Gebäudeseite, die dem Friedhof abgewandt sei, betreten werden. An dem Gebäude weise nichts auf die Unterbringung des Bestattungsdienstes hin. Ein Schild am Außeneingang beziehe sich auf die "Friedhofsverwaltung". Als Hinweis auf das Büro des Bestattungsdienstes diene lediglich ein kleines Türschild. Unter diesen Umständen verstoße die Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nicht gegen den Friedhofszweck.

Die Beklagte verschaffe sich dadurch auch keinen erkennbaren Wettbewerbsvorteil. Angehörige eines Verstorbenen würden zwar möglicherweise durch den Besuch der Friedhofsverwaltung dazu veranlaßt, mit der Auswahl der Grabstelle bei der Friedhofsverwaltung die Erteilung des Bestattungsauftrags beim Bestattungsdienst zu verbinden. Die räumliche und personelle Trennung der beiden Einrichtungen lasse den Angehörigen aber hinreichende Entscheidungsfreiheit. Der Standort des Bestattungsdienstes bringe zudem im Vergleich zu Standorten in zentraler Lage der Stadt auch wettbewerbliche Nachteile. Wegen der Stadtrandlage des Friedhofs und des durch den Friedhofszweck bedingten Ausschlusses von Werbung an Ort und Stelle sei die Unterbringung im Friedhofsgebäude wenig geeignet, das Bestehen und die Geschäftsräume des Bestattungsdienstes bekanntzumachen.

Auch ein kartellrechtlicher Unterlassungsanspruch sei nicht gegeben. Die Doppelfunktion der Beklagten als hoheitlich tätige Gemeinde und als Betreiberin des Bestattungsdienstes begründe keine marktbeherrschende Stellung. Die Beklagte werde zwar dadurch, daß sie ihrem Bestattungsdienst bestimmte Räume zur gewerblichen Nutzung zuweise, auf dem Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet seien, tätig. Zu diesem Markt gehöre aber auch der örtliche Gewerberaummarkt der Stadt F. - . Es sei nicht ersichtlich, daß die Beklagte auf diesem Markt eine überragende Marktstellung habe.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision bleibt ohne Erfolg.

1. Die Kläger beanstanden mit ihrer Klage trotz des weitergehenden Antragswortlauts konkret, daß die Beklagte ihren gewerblichen Bestattungsdienst auf dem Gelände des städtischen Friedhofs im Friedhofsgebäude, in dem sich auch ein Büroraum der Friedhofsverwaltung befindet, unterbringt. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es kommt dagegen - anders als die Revision meint - für die Entscheidung nicht darauf an, wie die Büroräume der Beklagten an den Türen beschildert sind, weil der Klageantrag nicht darauf abstellt.

2. Den Klägern steht gegen die Beklagte wegen des beanstandeten Wettbewerbsverhaltens kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu (§§ 3, 8 UWG). Die für diese Beurteilung maßgebliche Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 nicht gegenüber dem zuvor geltenden Rechtszustand verändert.

a) Es ist für sich genommen wettbewerbsrechtlich unbedenklich, wenn sich die Beklagte als Gemeinde mit ihrem als Eigenbetrieb geführten Bestattungsdienst am Wettbewerb beteiligt. Eine Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb ist weder allgemein noch im Bereich des Bestattungswesens unzulässig (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I, m.w.N.). Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung kann sich deshalb nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten).

b) Der öffentlichen Hand ist, wenn sie sich erwerbswirtschaftlich betätigt, nicht anders als privaten Unternehmen unlauteres Wettbewerbsverhalten verboten. Die Unlauterkeit einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einer Gemeinde kann sich zudem gerade aus ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft und der damit verbundenen besonderen Stellung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, ergeben, etwa wenn die amtliche Autorität oder das Vertrauen in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung mißbraucht werden oder wenn öffentlich-rechtliche Aufgaben mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit verquickt werden (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 24.9.2002 - KZR 4/01, GRUR 2003, 167, 169 = WRP 2003, 73 - Kommunaler Schilderprägebetrieb, jeweils m.w.N.; vgl. auch österr. OGH ÖBl. 1996, 80, 85 f. - Städtische Bestattung - und wbl. 2004, 394, 395 f. - Friedhofsverwaltung). Solche besonderen Umstände, die das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrig machen könnten, sind hier jedoch nicht gegeben.

aa) Die Beklagte handelt nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, wenn sie das Büro ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt. Die Beklagte ist allerdings, wenn sie erwerbswirtschaftlich tätig ist, auch an ihre eigenen kommunalen Satzungen gebunden. Diese sind gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (Art. 2 EGBGB; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.24), die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG) das Marktverhalten zu regeln. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte nicht gegen ihre eigene Friedhofsatzung verstößt, wenn sie das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt, wird von der Revision jedoch ohne Erfolg beanstandet.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Friedhofsatzung bedürfen Arbeiten im Friedhof, die gewerbsmäßig vorgenommen werden, der Erlaubnis der Beklagten. Die Vorschrift des § 9 Nr. 6 der Friedhofsatzung der Beklagten verbietet es, auf dem Friedhof "gewerbliche oder sonstige Leistungen ohne Genehmigung anzubieten". Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, wird mit diesen Bestimmungen nicht nur ein Verbot ausgesprochen, sondern zugleich anerkannt, daß ein Bedürfnis zur Vornahme bestimmter gewerblicher Tätigkeiten im Rahmen des Friedhofbetriebs und auf dem Friedhof, insbesondere zur Durchführung von Bestattungen, besteht. An diese Auslegung der Friedhofsatzung als Ortsrecht ist der Senat als Revisionsgericht gemäß § 545 Abs. 1, § 560 ZPO gebunden (vgl. - zu § 549 Abs. 1, § 562 ZPO a.F. - BGHZ 97, 231, 235 f.; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 545 Rdn. 8).

bb) Die Beklagte handelt auch nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG, wenn sie im Friedhofsgebäude das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes neben dem Büro ihrer Friedhofsverwaltung unterbringt.

(1) Hinterbliebene können zwischen den verschiedenen Angeboten gewerblicher Bestattungsunternehmen frei wählen. Die Beklagte nimmt dadurch, daß sie das Büro ihres Bestattungsdienstes auf dem Friedhofsgelände unterhält, keinen unangemessenen unsachlichen Einfluß auf mögliche Kunden. Die Räume, die für die hoheitliche Friedhofsverwaltung genutzt werden, und die Räume für den Bestattungsdienst sind hinreichend voneinander getrennt (vgl. dazu auch BGH GRUR 1987, 116, 119 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 553 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe).

(2) Mit der Unterbringung ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte auch nicht in wettbewerbsrechtlich unlauterer Weise ihre öffentlich-rechtliche Stellung aus. Die Beklagte ist grundsätzlich nicht gehindert, für ihre erwerbswirtschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Bestattungswesens Mittel einzusetzen, die ihr aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung zur Verfügung stehen (vgl. BGH GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 262 - Altautoverwertung; vgl. dazu auch österr. OGH wbl. 2004, 394, 396 - Friedhofsverwaltung). Es liegt zudem im öffentlichen Interesse, daß die Mittel, die der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen, wirtschaftlich eingesetzt werden. Standortvorteile, die mit der Nutzung ihres Eigentums verbunden sind, darf die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Unternehmen - von Ausnahmefällen abgesehen (vgl. BGH GRUR 2003, 167, 169 - Kommunaler Schilderprägebetrieb) - nutzen. Von der Beklagten kann deshalb nicht verlangt werden, daß sie das ihr gehörende Friedhofsgebäude nicht für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nutzt, die mit dem Friedhofszweck vereinbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 91/87, GRUR 1989, 603, 606 = WRP 1989, 587 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb III). Auf die Frage, ob das Berufungsgericht die Vor- und Nachteile, die mit der Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude verbunden sind, zutreffend eingeschätzt hat, kommt es danach nicht an.

3. Ansprüche aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bestehen ebenfalls nicht.

a) Die Kläger berufen sich zur Begründung ihres Unterlassungsantrags auch auf § 33 i.V. mit § 20 Abs. 1 GWB. Sie tragen dazu vor, die Beklagte behindere andere Bestattungsunternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund, wenn sie ein Büro im Friedhofsgebäude für ihren Bestattungsdienst nutze (vgl. dazu BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Ein solcher Anspruch ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte nicht Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist sachlich relevant der Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet sind, und räumlich relevant der örtliche Gewerberaummarkt in F. . Auf diesem Markt ist die Beklagte nicht marktbeherrschend. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen.

b) Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist auch nicht aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB begründet. Durch die Unterbringung ihres städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte nicht eine marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich aus.

Die Beklagte ist nur marktbeherrschend auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt der Leistungen, für die durch § 5 der Friedhofsatzung ein Benutzungszwang angeordnet ist, nicht jedoch auf dem relevanten Markt für die Leistungen gewerblicher Bestattungsunternehmen.

Die Vorschrift des § 19 GWB kann allerdings auch dann anwendbar sein, wenn die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nicht auf dem beherrschten Markt, sondern auf einem Drittmarkt aufgetreten ist (vgl. BGHZ 156, 379, 382 f. - Strom und Telefon I; BGHZ 158, 334, 338 f. - Der Oberhammer, m.w.N.). Dies gilt auch nach der Neufassung des § 19 Abs. 2 Satz 1 GWB durch die 7. GWB-Novelle (Siebtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1954; vgl. dazu Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640 S. 45; Monopolkommission, Das allgemeine Wettbewerbsrecht in der Siebten GWB-Novelle, Sondergutachten 41/42, S. 13). Ein Anspruch aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 GWB ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte die Wettbewerbsmöglichkeiten der Klägerin zu 1 auf dem Markt für Leistungen der Bestattungsunternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt. Jedem Unternehmen, auch einem marktbeherrschenden, steht ein unternehmerischer Freiraum zu; es ist grundsätzlich ihm selbst überlassen, die Art seiner wirtschaftlichen Betätigung zu bestimmen und zu entscheiden, mit welchen Waren oder Leistungen es am Markt teilnehmen will, sofern es sich hierbei nicht solcher Mittel bedient, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuwiderlaufen (BGHZ 156, 379, 389 - Strom und Telefon I, m.w.N.). Ein Einsatz kartellrechtswidriger Mittel ist aber nicht schon dann anzunehmen, wenn die öffentliche Hand wie andere Unternehmen im Wettbewerb Standortvorteile wahrnimmt, die sich aus der Nutzung ihres Eigentums ergeben. Etwas anderes folgt im vorliegenden Fall auch nicht daraus, daß die Beklagte in dem Bereich, für den Benutzungszwang besteht, eine Monopolstellung besitzt (vgl. dazu auch BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Die Beklagte nutzt mit der Unterbringung des städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude neben der Friedhofsverwaltung diese Monopolstellung nicht mißbräuchlich aus; sie verquickt damit nicht unzulässig die öffentlich-rechtliche mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit. Die räumliche Nähe zum Friedhof und zur Friedhofsverwaltung bringt dem städtischen Bestattungsdienst zwar jedenfalls auch wettbewerbliche Vorteile; der Zusammenhang zwischen der Hoheitsverwaltung und dem gewerblichen Bestattungswesen ist aber nicht so eng, daß die Ausnutzung solcher Vorteile im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu mißbilligen wäre (vgl. dazu auch - zu § 1 UWG a.F. - BGH GRUR 1987, 116, 118 f. - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I). Noch weniger ist das beanstandete Verhalten für sich geeignet, Mitbewerber aus dem Markt zu drängen.

III. Die Revision der Kläger war danach auf ihre Kosten zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).



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