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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.03.2007
Aktenzeichen: I ZR 249/02
Rechtsgebiete: MarkenG, ZPO


Vorschriften:

MarkenG § 22 Abs. 1 Nr. 2
MarkenG § 22 Abs. 1 Nr. 2 Altern. 2
MarkenG § 22 Abs. 2
MarkenG § 50
MarkenG § 54
ZPO § 91a
ZPO § 91a Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 533 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

I ZR 249/02

vom 1. März 2007

in dem Rechtsstreit

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. März 2007 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:

Tenor:

Die Gerichtskosten erster Instanz und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin erster Instanz tragen die Beklagte zu 1 zu 1/5, der Beklagte zu 2 zu 1/20 und die Klägerin zu 3/4.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Beklagten zu 1 zu 5/7, des Beklagten zu 2 zu 3/4 und des Beklagten zu 3 in voller Höhe.

Von den Gerichtskosten des zweiten Rechtszugs tragen die Klägerin 17/20 und die Beklagte zu 1 3/20.

Von den außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszugs der Klägerin trägt die Beklagte zu 1 1/5. Die außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszugs der Beklagten zu 1 fallen der Klägerin zu 5/7 zur Last. Die außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszugs der Beklagten zu 2 und 3 trägt die Klägerin.

Von den außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens der Klägerin hat die Beklagte zu 1 5/31 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens der Beklagten zu 1 fallen der Klägerin zu 19/25 zur Last. Die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens der Beklagten zu 2 und 3 trägt die Klägerin.

Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe:

I. Die Klägerin, eine der 16 Gesellschafterinnen des Deutschen Lotto- und Totoblocks, betreibt in N. u.a. das sogenannte "Mittwochs-Lotto" und das "Samstags-Lotto". Zusammen mit den übrigen 15 Gesellschafterinnen ist sie Inhaberin der mit Priorität vom 2. September 1996 als durchgesetztes Zeichen eingetragenen Wortmarke "LOTTO".

Die Beklagte zu 1 befasst sich mit der gewerblichen Organisation von Spielgemeinschaften, die am Lotteriespiel der Klägerin und der im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossenen anderen Gesellschaften teilnehmen.

Die Beklagte zu 1 firmierte bis zum 7. Juni 2000 unter "Lotto T. S. B.V. & Co European KG". Sie ist Inhaberin der für die Vermittlung von Lotterien und Wettspielen mit Priorität vom 27. April 1997 eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. "LottoT. ". Die Beklagte hat zudem eine Wort-/Bildmarke "T. Lotto" für die Dienstleistung "Vermittlung von Lotterien und Wettspielen" zur Eintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet. Der Beklagte zu 2 war alleinvertretungsberechtigter Direktor der persönlich haftenden Gesellschafterin "LottoT. S. B.V." der Beklagten zu 1. Der Beklagte zu 3 ist zusammen mit der Beklagten zu 1 bei der DENIC e.G. als Inhaber des Domainnamens "lottot. " registriert.

Die Klägerin hat die Beklagten zu 1 bis 3 auf Unterlassung in Anspruch genommen, die Firma "LottoT. S. B.V. & Co European KG" und/oder "LottoT. " als Firmenschlagwort zu verwenden oder verwenden zu lassen (Antrag zu 1.1), in Datennetzen die Bezeichnung "lottot. " als Second-Level-Domain-Namen zu verwenden oder reserviert zu halten (Antrag zu 1.2) und in die Löschung der für sie registrierten Internet-Domain "lottot. .de" einzuwilligen (Antrag zu 2). Darüber hinaus hat die Klägerin beantragt (Antrag zu 3), den Beklagten zu 1 und 2 zu verbieten, ein Gewinnspiel zu veranstalten oder zu bewerben, indem ein Gewinn für den Fall der über einen bestimmten Zeitraum hinweg unterhaltenen erfolglosen Teilnahme an einer Tippgemeinschaft der Beklagten zu 1 ausgelobt wird.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Beklagten haben gegen diese Verurteilung Berufung eingelegt, soweit sie nach den Anträgen zu 1.1, 1.2 und 2 verurteilt worden sind. Die Klägerin hat den Antrag zu 1.2 in der Berufungsinstanz modifiziert. Die Beklagte zu 1 hat in der Berufungsinstanz mit einer Zwischenfeststellungswiderklage beantragt festzustellen, dass ihr an der Unternehmenskennzeichnung "LottoT. " Zwischenrechte gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 MarkenG gegenüber der Marke LOTTO zustehen.

Das Berufungsgericht hat unter Abweisung der Zwischenfeststellungswiderklage der Beklagten zu 1 und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen der Beklagten die Unterlassungsanträge zu 1.1 bezogen auf das Firmenschlagwort "LottoT. " sowie den modifizierten Unterlassungsantrag zu 1.2 und den Unterlassungsantrag zu 2 für begründet erachtet (OLG Köln MMR 2003, 114). Eine Aussetzung des Rechtsstreits wegen des gegen die Marke "LOTTO" der Klägerin anhängigen Löschungsverfahrens hat das Berufungsgericht abgelehnt. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.

Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.

Der Senat hat das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Löschung der Wortmarke "LOTTO" der Klägerin ausgesetzt. Im Löschungsverfahren ist die Wortmarke "LOTTO" für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotteriespielen rechtskräftig gelöscht worden (BGH, Beschl. v. 19.1.2006 - I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 = WRP 2006, 1130 - LOTTO). Die Klägerin hat daraufhin die Klage zurückgenommen. Die Beklagte zu 1 und die Klägerin haben die Zwischenfeststellungswiderklage übereinstimmend für erledigt erklärt. Sie haben insoweit beantragt, der jeweils anderen Partei die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

II. Nachdem die Klägerin die Klage zurückgenommen hat und die Beklagte zu 1 und die Klägerin die Zwischenfeststellungswiderklage in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu entscheiden.

1. Die auf die Klage entfallenden Kosten hat die Klägerin, soweit sie die Klage zurückgenommen hat (§ 269 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO), nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu tragen. Den Beklagten zu 1 und 2 fallen die anteiligen Kosten zur Last, die im Hínblick auf ihre Verurteilung nach dem Klageantrag zu 3 in erster Instanz angefallen sind (§ 92 Abs. 1 ZPO).

2. Über die auf die Zwischenfeststellungswiderklage entfallenden Kosten einschließlich der Kosten der Vorinstanzen ist nach übereinstimmender Erledigungserklärung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu befinden (§ 91a Abs. 1 ZPO).

a) Die Erledigung der Hauptsache kann noch in der Rechtsmittelinstanz während des Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde erklärt werden (BGH, Beschl. v. 13.2.2003 - VII ZR 121/02, BauR 2003, 1075, 1076; Beschl. v. 30.9.2004 - I ZR 30/04, WRP 2005, 126). Bei der danach zu treffenden Kostenentscheidung ist der mutmaßliche Ausgang des Nichtzulassungsbeschwerde- und gegebenenfalls des Revisionsverfahrens zu berücksichtigen (BGH BauR 2003, 1075, 1076; BGH WRP 2005, 126). Der Umstand, dass eine fehlerhafte Kostenentscheidung des Berufungsgerichts in dem die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschluss nicht korrigiert werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 28.3.2006 - XI ZR 388/04, NJW-RR 2006, 1508), steht der Anwendung des § 91a ZPO im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht entgegen. Denn die Entscheidung nach § 91a ZPO dient nicht der Korrektur fehlerhafter Entscheidungen der Vorinstanzen im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren, sondern der Berücksichtigung der durch die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien eingetretenen Erledigung des Rechtsstreits. Diese kann auch noch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren berücksichtigt werden, weil die Einlegung der Beschwerde die Rechtskraft des Berufungsurteils hemmt (§ 544 Abs. 5 Satz 1 ZPO).

b) Danach sind die auf die Zwischenfeststellungswiderklage entfallenden Kosten der Beklagten zu 1 aufzuerlegen.

aa) Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wäre erfolgreich gewesen, weil die Revision nach Teillöschung der Wortmarke "LOTTO" zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen worden wäre (§ 543 Abs. 2 Nr. 2, § 544 ZPO).

bb) Die Zwischenfeststellungswiderklage hätte allerdings keinen Erfolg gehabt.

Das Berufungsgericht hat sie zwar schlüssig als sachdienlich i.S. von § 533 Nr. 1 ZPO zugelassen, weil es in der Sache über die Feststellungswiderklage entschieden hat.

Die Zwischenfeststellungswiderklage war jedoch unzulässig, weil die Beklagte zu 1 mit der begehrten Feststellung, dass ihr an der Unternehmenskennzeichnung "LottoT. " Zwischenrechte gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 MarkenG gegenüber der Marke "LOTTO" zustehen, im Verletzungsrechtsstreit ausgeschlossen war. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Nr. 2 Altern. 2 MarkenG, um die es im Streitfall geht, ist im Wege teleologischer Reduktion einschränkend auszulegen. Danach kann im Verletzungsprozess das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen der prioritätsälteren Marke nicht zur Überprüfung gestellt werden, wenn dies noch im Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt nach §§ 50, 54 MarkenG und im Verfahren vor dem Bundespatentgericht erfolgen kann (BGHZ 156, 112, 117 - Kinder).

Ende der Entscheidung

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