Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 05.11.2008
Aktenzeichen: I ZR55/06
Rechtsgebiete: PAngV


Vorschriften:

PAngV § 1 Abs. 1
PAngV § 1 Abs. 3
PAngV § 1 Abs. 6
Wird der Verkauf eines Mobiltelefons zusammen mit einer Prepaid-Card einschließlich eines festen Startguthabens beworben, so besteht keine Verpflichtung, außer dem Paketpreis für Mobiltelefon und Prepaid-Card auch die Tarife für die Nutzung der Card anzugeben. Ist das Mobiltelefon mit einem SIM-Lock verriegelt, so ist auf die Dauer der Verriegelung und die Kosten einer vorzeitigen Freischaltung hinzuweisen.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2008

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und

die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. März 2006 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V., zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen, das unter anderem Mobiltelefone vertreibt.

Das Warenhaus K. warb am 2. Mai 2005 in einer Anzeige im "... Stadtanzeiger" mit einem von der Beklagten als "XtraPac" bezeichneten und von ihr gestalteten Angebot zum Preis von 39,95 EUR. Das Angebot bestand aus einem Mobiltelefon und einer als "XtraCard" bezeichneten Netzzugangskarte der Beklagten mit einem Startguthaben von 10 EUR. Das Mobiltelefon war mit einem SIM-Lock versehen und konnte für einen Zeitraum von 24 Monaten nur über eine "XtraCard" der Beklagten betrieben werden, sofern der Erwerber sich nicht dafür entschied, gegen Zahlung eines weiteren in der Werbung ausgewiesenen Betrags von 99,50 EUR zu einem anderem Mobilfunkanbieter zu wechseln. Angaben über die verbrauchsabhängigen Kosten für die Nutzung der "Xtra-Card" sowie einen Preis für das Aufladen dieser Karte enthielt die Werbung nicht.

Der Kläger hält diese Werbung für wettbewerbswidrig und hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, wie nachstehend wiedergegeben unter Preisangabe für den Kauf von Mobiltelefonen in Verbindung mit dem Abschluss eines Mobilfunkvertrags zu werben, ohne Angaben zu den verbrauchsabhängigen Kosten des Mobilfunkvertrags zu machen:

GRAFIK: [name="LNRB_2008_32156"]

Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Köln MMR 2006, 466 = CR 2006, 671). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Unterlassungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der beanstandeten Werbung gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1 und 6 PAngV verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der angegebene Preis von 39,95 EUR sei der ordnungsgemäß gebildete Endpreis. Das Angebot beziehe sich auf ein sogenanntes Prepaid-Handy, bei dem mit dem gleichzeitigen Erwerb der "XtraCard" keine notwendigen weiteren Kosten verbunden seien. Habe der Erwerber das Startguthaben verbraucht, könne er entweder das Handy nur passiv nutzen, die Karte bei der Beklagten aufladen oder nach Zahlung von 99,50 EUR zu einem Konkurrenten wechseln. Auch wenn die Mehrheit der angesprochenen Verbraucher dazu neige, die Karte aufzuladen, begründe dies nach der Preisangabenverordnung keine Pflicht zur Kenntlichmachung der damit verbundenen, nur möglicherweise und aufgrund neuer rechtlicher Entscheidungen entstehenden Kosten.

II.

Die Revision bleibt ohne Erfolg. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch weder aus §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3 UWG i.V. mit § 1 PAngV noch aus § 5 UWG zu.

1.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat derjenige, der Waren oder Dienstleistungen gewerbsmäßig gegenüber Letztverbrauchern anbietet oder unter Angabe von Preisen bewirbt, die dafür zu zahlenden Endpreise anzugeben. Bei Leistungen können gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 PAngV stattdessen - soweit üblich - Verrechnungssätze angegeben werden. Die Angaben müssen nach § 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen.

Die in § 1 PAngV genannten Anforderungen bestehen indes nur im Hinblick auf die unmittelbar angebotenen oder beworbenen Produkte. Sie gelten dagegen nicht für andere Produkte, die lediglich im Falle der Verwendung der angebotenen Produkte benötigt werden. Daher ist der Anbieter oder Werbende nach der Preisangabenverordnung nicht zur Angabe der Preise solcher weiteren erforderlichen Produkte verpflichtet, auch wenn er diese selbst anbietet und daher indirekt mitbewirbt (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.2007 - I ZR 51/05, GRUR 2008, 729 Tz. 15 = WRP 2008, 928 - Werbung für Telefondienstleistungen).

2.

Bei Anwendung der dargestellten Grundsätze entspricht die Werbung der Beklagten den Anforderungen der Preisangabenverordnung. Wird der Verkauf eines Mobiltelefons zusammen mit einer Prepaid-Karte einschließlich eines festen Startguthabens beworben, so besteht keine Verpflichtung, außer dem Paketpreis für Mobiltelefon und Prepaid-Karte auch die Tarife für die Nutzung der Karte anzugeben.

a)

Das beworbene Angebot der Beklagten besteht aus dem Mobiltelefon, der "XtraCard", die den Netzzugang ermöglicht, und einem Gesprächsstartguthaben von 10 EUR. Für dieses Gesamtangebot ist der Endpreis von 39,95 EUR zutreffend angegeben. Eine vertragliche Verpflichtung der Kunden, weitere kostenpflichtige Verbindungsdienstleistungen der Beklagten in Anspruch zu nehmen, wird durch die Annahme des Angebots nicht begründet. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, kommt es nicht darauf an, ob die Mehrheit der angesprochenen Verbraucher aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen dazu neigen wird, die "XtraCard" aufzuladen, um weiter aktiv telefonieren zu können. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die angebotene "XtraCard" für die Dauer von 24 Monaten dem Kunden den passiven Netzzugang, also die Möglichkeit, Anrufe entgegenzunehmen, gewährt. Insoweit umfasst das Angebot zwar den Abschluss eines Netzvertrags. Für diesen passiven Netzzugang entstehen aber keine Kosten, so dass - anders als bei dem Netzkartenvertrag im Fall "Handy für 0,00 DM" (BGHZ 139, 368, 376) - dafür auch kein Preis anzugeben ist.

b)

Bei dieser Gestaltung des Angebots der Beklagten entspricht das Aufladen der "XtraCard" oder - nach Freischaltung des SIM-Locks - der Erwerb von Netzkarte und Verbindungsdienstleistungen eines anderen Anbieters, die für die weitere Nutzung des Mobiltelefons zum aktiven Telefonieren erforderlich sind, den für die Nutzung eines beworbenen Produkts notwendigen, aber nicht mitverkauften Zubehörteilen oder Verbrauchsmaterialien, für die die Anforderungen der Preisangabenverordnung nicht gelten (vgl. BGH GRUR 2008, 729 Tz. 15). Das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit (§ 1 Abs. 6 PAngV) fordert keine Angaben in Bezug auf künftige, möglicherweise in Betracht kommende Folgegeschäfte.

Es stellt auch keinen Verstoß gegen die Bestimmungen der Preisangabenverordnung dar, dass die beanstandete Werbung keine detaillierten Angaben dazu enthält, in welchem Umfang mit dem Startguthaben von 10 EUR telefoniert werden kann (vgl. Wenglorz in Fezer, UWG, § 4-S14 Rdn. 103; Völker, Preisangabenrecht, 2. Aufl., § 1 Rdn. 48; ders. in Harte/Henning, UWG, § 1 PAngV, Rdn. 19; Gelberg in Landmann/Rohmer/Gelberg, Gewerbeordnung, Bd. 2, § 1 PAngV Rdn. 28b).

c)

Zu Unrecht beruft sich die Revision demgegenüber auf die Rechtsprechung des Senats, nach der dann, wenn der kostenlose oder fast kostenlose Erwerb eines Mobiltelefons mit dem Abschluss eines Netzkartenvertrags erkauft wird, nach der Preisangabenverordnung eine Verpflichtung der Anbieter von Mobiltelefonen besteht, die für den Verbraucher mit dem Netzkartenvertrag verbundenen Kosten deutlich kenntlich zu machen. Maßgeblich dafür ist, dass im Rahmen des Netzkartenvertrags vielfach nicht unbeträchtliche Anschlussgebühren sowie insbesondere für einen bestimmten Zeitraum im Voraus festgelegte monatliche Grundgebühren und Gesprächsgebühren anfallen (vgl. BGHZ 139, 368, 376 ff. - Handy für 0,00 DM).

Dementsprechend hat der Senat einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung in einem Fall verneint, in dem den Erwerbern der beworbenen Mobiltelefone möglich und bekannt war, die Verbindungsdienstleistungen im Wege einer dauerhaften Voreinstellung ("Pre-Selection") oder durch Wählen einer bestimmten Kennziffer bei jeder einzelnen Verbindung ("Callby-Call") durch andere Anbieter erbringen zu lassen. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass in diesem Fall mit dem Erwerb der beworbenen Produkte - anders als bei einem allein über den Verbindungsdienst eines bestimmten Mobilfunkbetreibers einsetzbaren Mobiltelefon - weder eine Entscheidung noch eine nicht mehr ohne Weiteres abzuändernde Vorentscheidung für einen Anbieter von Verbindungsdienstleistungen verbunden war. Der Umstand, dass der größere Teil der Anschlussinhaber die von der dortigen Beklagten angebotenen Verbindungsdienstleistungen in Anspruch genommen hatte, führte zu keiner abweichenden Beurteilung (BGH GRUR 2008, 729 Tz. 16 - Werbung für Telefondienstleistungen).

Allerdings weist die Revision zutreffend darauf hin, dass es der Senat in der Entscheidung "Handy für 0,00 DM" (BGHZ 139, 368, 377 f.) für erforderlich gehalten hat, in der Werbung für ein Mobiltelefon mit Netzkartenvertrag bei den Verbindungsentgelten außer dem monatlichen Mindestumsatz auch die bei dessen Überschreiten anfallenden, verbrauchsabhängigen Gesprächsgebühren - zumindest in vereinfachter Form - anzugeben. Jener Fall ist jedoch mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu vergleichen. Der Kunde ist weder gezwungen, für mehr als den Mindestumsatz zu telefonieren, noch eine Prepaid-Karte aufzuladen. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass er in dem der Entscheidung BGHZ 139, 368 zugrunde liegenden Fall bereits mit Abschluss des Netzvertrags dazu verpflichtet wurde, die bei Überschreiten des Mindestumsatzes anfallenden Gesprächskosten zu zahlen. Daran fehlt es bei dem Angebot der Beklagten. Ist das Guthaben auf der Karte verbraucht, kann der Kunde ein von ihm eingeleitetes Telefongespräch nicht einfach zu den Verbindungstarifen der Beklagten fortsetzen. Vielmehr muss er sich bewusst dafür entscheiden, die Karte mit einem bestimmten Betrag aufzuladen. Die weitere aktive Nutzungsmöglichkeit des Mobiltelefons ist damit - anders als im Fall "Handy für 0,00 DM" - nicht Bestandteil des Angebots der Beklagten.

3.

Der durchschnittliche informierte und verständige Abnehmer von Telefondienstleistungen ist durch die beanstandete Werbung auch nicht i.S. des § 5 UWG irregeführt worden.

a)

Die Werbung der Beklagten ist nicht geeignet, einen unzutreffenden Eindruck über die Preiswürdigkeit des gekoppelten Angebots von Mobiltelefon und Netzkarte zu vermitteln (vgl. BGHZ 139, 368, 376 - Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 264 = WRP 1999, 94 - Handy-Endpreis). Zwar kann das Mobiltelefon während eines Zeitraums von 24 Monaten ab Erwerb nach Verbrauch des Startguthabens nur noch aktiv genutzt werden, wenn die "XtraCard" aufgeladen oder ein Betrag von 99,95 EUR für die Entriegelung des SIM-Locks gezahlt und das Telefon dann mit einer anderen Netzkarte weiter betrieben wird. Der für die Freischaltung aufzubringende Betrag und die Dauer der Bindung werden aber in der beanstandeten Werbung hinreichend deutlich angegeben. Der Verbraucher wird durch die Angaben in der Anzeige in die Lage versetzt, die mit dem Vertragsabschluss verbundene wirtschaftliche Belastung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. BGH GRUR 1999, 261, 264 - Handy-Endpreis).

b)

Durch die Verwendung des Begriffs "Startguthaben" wird ausreichend deutlich, dass es sich dabei nur darum handeln kann, dem Erwerber zu ermöglichen, sich mit dem Mobiltelefon und den Dienstleistungen der Beklagten vertraut zu machen, und dass bei weiterer aktiver Nutzung des Mobiltelefons zusätzliche verbrauchsabhängige Kosten entstehen. Da über die Höhe dieser Kosten keine Angaben erfolgen, kommt insoweit auch keine Irreführung in Betracht. Irreführende Angaben über den Umfang der von dem Startguthaben umfassten Verbindungsdienstleistungen werden ebenfalls nicht gemacht. In der Anzeige wird auch nicht der unzutreffende Eindruck geweckt, der Erwerb der beworbenen Produkte verpflichte den Kunden dazu, nach Verbrauch des Startguthabens weiterhin die Verbindungsdienstleistungen der Beklagten in Anspruch zu nehmen.

c)

Offenbleiben kann, ob nach künftigem Recht (vgl. die neue Bestimmung des § 5a Abs. 2 und 3 UWG nach dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des UWG, BT-Drucks. 16/10145) die für das Startguthaben maßgeblichen Tarife sowie die Kosten des Aufladens der Karte als wesentliche Informationen anzusehen sind, die dem Verbraucher im Interesse einer aufgrund von ausreichenden Informationen getroffenen Kaufentscheidung nicht vorenthalten werden dürfen. Zwar kommt schon vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung eine unmittelbare Anwendung des Art. 7 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken in Betracht, die durch das geplante Änderungsgesetz umgesetzt werden soll. Dies gilt aber nur für Sachverhalte aus der Zeit ab dem 12. Dezember 2007 (Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie) und damit nicht für die 2005 erschienene streitgegenständliche Werbung.

III.

Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

Zurück