Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 18.09.2000
Aktenzeichen: II ZR 15/99
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 43 Abs. 2
GmbHG § 43 Abs. 2

Zur Tragweite des Haftungsverzichts einer GmbH gegenüber einem Gesellschafter-Geschäftsführer anläßlich seines Ausscheidens aus der Gesellschaft und der gleichzeitigen Amtsniederlegung.

BGH, Urteil vom 18. September 2000 - II ZR 15/99 - OLG Frankfurt a. Main LG Kassel


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 15/99

Verkündet am: 18. September 2000

Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. Dezember 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in Höhe von 106.395,98 DM nebst Zinsen ("überzahltes Architektenhonorar") zu deren Nachteil erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der frühere Kläger zu 1 (nachfolgend: Kläger) und der Beklagte schlossen sich am 1. April 1984 zum Zwecke der Erbringung von Architektenleistungen zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (nachfolgend: GbR) zusammen. Ferner waren sie alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer und - gemeinsam mit D. W. - Gesellschafter der Klägerin zu 2 (nachfolgend: Klägerin), einer GmbH, die für Rechnung Dritter unter Einschaltung von Subunternehmern Häuser und Eigentumswohnungen errichtete. Die Architektenleistungen hierfür erbrachte die GbR im Auftrag der Klägerin. Wegen aufgetretener Differenzen lösten der Kläger und der Beklagte die GbR zum 31. Dezember 1991 auf. Dabei verpflichteten sie sich zur Abwicklung und Abrechnung der von ihnen jeweils eigenverantwortlich betreuten Projekte der Klägerin und einigten sich im übrigen dahingehend, daß mit den getroffenen Vereinbarungen "die bekannten und evtl. noch auftretenden Ansprüche abgegolten und erledigt sind ...". Durch notariellen Vertrag vom 30. Januar 1992 vereinbarten außerdem die Gesellschafter der Klägerin, daß der Beklagte zum 1. Januar 1992 aus der GmbH ausscheidet, seine Geschäftsanteile zum Preis von 1,-- DM auf die verbleibenden Gesellschafter überträgt und sein Amt als Geschäftsführer niederlegt; im Zusammenhang damit heißt es in der Urkunde weiter, daß der Beklagte "ab 1. Januar 1992 von jeglicher Haftung und allen Verpflichtungen gegenüber der K. GmbH entbunden" ist. Anschließend beschlossen die Gesellschafter die Genehmigung der Geschäftsanteilsübertragung, die Neuverteilung der Geschäftsanteile unter den verbliebenen Gesellschaftern und die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer. Eine 1994 von den Klägern des hiesigen Rechtsstreits gegen den Beklagten erhobene Teilklage auf Zahlung von 152.620,27 DM wegen angeblicher Verletzung von Geschäftsführerpflichten ist erstinstanzlich abgewiesen worden; ihre Berufung haben die Kläger nach gerichtlichem Hinweis auf das Fehlen eines zur Klageerhebung erforderlichen Gesellschafterbeschlusses zurückgenommen. Am 15. Juli 1996 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, gegen den Beklagten als früheren Geschäftsführer im einzelnen genau bezeichnete Ersatzansprüche bis zur Höhe von mindestens 492.757,99 DM gerichtlich geltend zu machen; dabei handelte es sich in Höhe von 34.190,-- DM um angeblich an die GbR überzahltes Honorar aus einem zwischen ihr und der Klägerin am 18. Mai 1990 geschlossenen Architektenvertrag. Nachdem die Kläger nunmehr - unter Einschluß der Honorarrückforderung - Ersatzansprüche von insgesamt 398.287,-- DM eingeklagt haben, ist ihre Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen worden. Nach fristgerechtem Einspruch haben die Kläger ihre Klage um 72.205,98 DM hinsichtlich des überzahlten Architektenhonorars erhöht. Das Landgericht hat nach Beweiserhebung das Versäumnisurteil aufrechterhalten und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen der Kläger zurückgewiesen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision verfolgt nur die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der Senat hat durch Beschluß vom 3. Juli 2000 das Rechtsmittel lediglich hinsichtlich des überzahlten Architektenhonorars in Höhe von 106.395,98 DM nebst Zinsen angenommen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin ist im Umfang der Annahme begründet und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, der Klägerin stünden Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten wegen angeblicher Pflichtverletzungen als Geschäftsführer der GmbH - ohne deren nähere Prüfung - schon deshalb nicht zu, weil sie in der notariellen Urkunde vom 30. Januar 1992 auf deren Geltendmachung verzichtet habe. Hinsichtlich des überzahlten Architektenhonorars fehle es zudem im Umfang der Klageerhöhung von 72.205,98 DM an dem gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG erforderlichen Gesellschafterbeschluß. Schließlich seien sämtliche Ersatzansprüche - mit Ausnahme eines Bereicherungsanspruchs wegen einer Privatentnahme in Höhe von 60.000,-- DM - gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG verjährt. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II. 1. Der Anspruch auf Rückzahlung angeblich in Höhe von 106.395,98 DM überzahlter Vorschüsse auf das nach dem Architektenvertrag vom 18. Mai 1990 der GbR geschuldete Architektenhonorar wird nicht durch den im notariellen Vertrag vom 30. Januar 1992 vereinbarten Haftungsausschluß berührt. Dieser erfaßt - wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat und wovon die Parteien ersichtlich auch im Berufungsrechtszug ausgegangen sind - lediglich die Haftung des Beklagten gegenüber der Klägerin aus der Verletzung von Pflichten als Geschäftsführer. Nur auf diese Rechtsstellung des Beklagten innerhalb der GmbH bezieht sich auch die - insoweit zutreffende - Auslegung der Ausschlußklausel durch das Berufungsgericht. Hinsichtlich des angeblich zuviel gezahlten Architektenhonorars begehrt die Klägerin indessen - was das Berufungsgericht offenbar übersehen hat - vom Beklagten keinen Schadensersatz wegen Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten (§ 43 Abs. 2 GmbHG), sondern Rückzahlung von Vorschüssen aufgrund des Architektenvertrags mit der GbR. Für einen solchen vertraglichen Erstattungsanspruch (vgl. zur Vertragsnatur: BGHZ 140, 365, 374 f.) haftet der Beklagte lediglich als Mitglied der Architekten-GbR persönlich und mit seinem Privatvermögen (vgl. dazu: BGHZ 142, 315). Gesichtspunkte, die für eine Erstreckung des Haftungsausschlusses auch auf derartige Ansprüche sprechen könnten, die der GmbH gegen den Beklagten als außenstehenden Dritten zustehen, sind weder den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils noch dem bisherigen Sachvortrag der Parteien zu entnehmen.

2. Die klageweise Geltendmachung der Rückforderung überzahlter Honorarvorschüsse unterlag entgegen der Hilfserwägung des Berufungsgerichts nicht im Umfang des Klageerhöhungsbetrages von 72.205,98 DM dem Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses nach § 46 Nr. 8 GmbHG, da es sich dabei nicht um Ersatzansprüche gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer oder Gesellschafter handelt. Sonstige Ansprüche, die der Gesellschaft aus einem Rechtsverhältnis mit dem Geschäftsführer oder Gesellschafter als außenstehendem Dritten zustehen, unterfallen nicht dem Gesellschafterentscheid (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 46 Rdn. 21 m.N.).

3. Schließlich beruht auch die weitere Hilfsargumentation des Berufungsgerichts bezüglich der Verjährung auf der unzutreffenden Prämisse, bei der vorliegenden Erstattungsforderung handele es sich um einen Ersatzanspruch im Sinne des § 43 Abs. 2 GmbHG, der einer fünfjährigen Verjährung unterliegt. Für den geltend gemachten vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Vorschüsse gilt die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB.

III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, die weiterhin erforderlichen Feststellungen - insbesondere zu Grund und Höhe des Erstattungsanspruchs und zur Hilfsaufrechnung des Beklagten - zu treffen.

Soweit das Berufungsgericht das Klagevorbringen zur Höhe der Erstattungsforderung als rechnerisch unverständlich bezeichnet hat, ist auf folgendes hinzuweisen: Die Klägerin ist lediglich in der Klageschrift von einem berechtigten Honoraranspruch des Beklagten in Höhe von 198.210,-- DM ausgegangen und hat auf der Grundlage von zunächst behaupteten Abschlagszahlungen von 232.400,-- DM ihre Rückforderung mit 34.190,-- DM beziffert. Bereits im Schriftsatz vom 12. Mai 1997 hat sie die Honorarberechnung auf 183.925,-- DM und den Umfang der Abschlagszahlungen auf 290.320,98 DM korrigiert, woraus sich - rechnerisch zutreffend - die Klageerhöhung ergibt. Etwaige Unstimmigkeiten hinsichtlich der klägerischen Behauptungen zur Gesamthöhe der Vorschußzahlungen (vgl. dazu Schriftsatz vom 22. Juli 1997, GA 63) werden in der neuen Berufungsverhandlung aufzuklären sein.

Ende der Entscheidung

Zurück