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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.06.2007
Aktenzeichen: II ZR 152/06
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 186 Abs. 3
AktG § 192
AktG § 203 Abs. 2
AktG § 221
AktG § 245 Abs. 1 Nr. 1
a) Ein Hauptversammlungsbeschluss, der den Vorstand zu einem Bezugsrechtsausschluss bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen (§ 221 AktG) im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung (§§ 192 ff. AktG) ermächtigt (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG analog; vgl. Sen.Beschl. v. 21. November 2005 - II ZR 79/04, ZIP 2006, 368) und für den Fall eines Vorgehens in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bestimmte Voraussetzungen in Anlehnung an diese Vorschrift festlegt, ist rechtlich unbedenklich. Ob die in dem Hauptversammlungsbeschluss genannten Voraussetzungen vorliegen, haben der Vorstand und der Aufsichtsrat zu prüfen, wenn sie von der Ermächtigung Gebrauch machen wollen (vgl. Sen. aaO; BGHZ 136, 133, 140).

b) Gemäß § 245 Nr. 1 AktG anfechtungsbefugt ist ein Aktionär auch, wenn er seinen Widerspruch gegen den Beschluss schon vor dessen Fassung erklärt hat.


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

II ZR 152/06

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen mangels Entscheidungserheblichkeit der in dem Berufungsurteil aufgeworfenen Grundsatzfragen nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Revision kommt es im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss der Beklagten zu Punkt 7 der Tagesordnung vom 5. Juli 2005 nicht entscheidend darauf an, ob ein Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gemäß §§ 221 Abs. 4 Satz 2, 186 AktG auch im vereinfachten Verfahren entsprechend § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG - ohne konkrete sachliche Rechtfertigung der Maßnahme - zulässig ist. Das Berufungsgericht verkennt schon im Ansatz, dass der angefochtene, in Kombination mit einer bedingten Kapitalerhöhung (§§ 192 ff. AktG) und einer Ermächtigung des Vorstandes zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen (§ 221 Abs. 1, 2 AktG) gefasste Hauptversammlungsbeschluss das Bezugsrecht der Aktionäre nicht von vornherein selbst ausschließt, sondern den Vorstand dazu im Bedarfsfall unter bestimmten Voraussetzungen nur ermächtigt, was nach ganz herrschender Auffassung entsprechend § 203 Abs. 2 Satz 1 AktG zulässig ist (vgl. Sen.Beschl. v. 21. November 2005 - II ZR 79/04, ZIP 2006, 368; MünchKommAktG/Habersack 2. Aufl. § 221 Rdn. 173; Hüffer, AktG 7. Aufl. § 221 Rdn. 39; Sethe, AG 1994, 342, 350; OLG München AG 1991, 210 f.; 1994, 372 f.).

a) Wie der Senat in seinem Beschluss vom 21. November 2005 (aaO) klargestellt hat, gelten für einen Hauptversammlungsbeschluss, der den Vorstand zu einem Bezugsrechtsausschluss bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen in Zusammenhang mit einer bedingten Kapitalerhöhung ermächtigt, die Grundsätze entsprechend, die der Senat für eine solche Ermächtigung im Rahmen eines genehmigten Kapitals (§§ 192 ff., 203 Abs. 2 Satz 1 AktG) entwickelt hat (BGHZ 136, 133 - Siemens/Nold). Ein genehmigtes Kapital dient - ebenso wie die Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Wandelanleihen (§ 221 Abs. 2 AktG) - dazu, der Gesellschaft bzw. ihren Verwaltungsorganen die Bewegungsfreiheit zu geben, die erforderlich ist, um auf dem Kapital- oder Beteiligungsmarkt sich bietende Gelegenheiten rasch und erfolgreich ausnutzen zu können (BGHZ 136, 133, 136 f.; Sen.Urt. v. 10. Oktober 2005 - II ZR 148/03, ZIP 2005, 2205 = AG 2006, 36 - Mangusta/ Commerzbank I), was im Einzelfall auch einen Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre erforderlich machen und rechtfertigen kann. Darüber hat aber dann nicht die Hauptversammlung, sondern der von ihr ermächtigte Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 204 Satz 4 AktG) zu entscheiden (BGHZ 136, 133, 139 f.).

Der regelmäßig auf künftige, noch unbestimmte Kapitalbeschaffungsmaßnahmen abzielende Ermächtigungsbeschluss bedarf seinerseits keiner sachlichen Rechtfertigung (vgl. BGHZ 136, 133, 138 ff.; Hüffer, AktG 7. Aufl. § 203 Rdn. 27), die nur in Bezug auf eine konkrete Maßnahme sinnvoll beurteilt werden könnte (vgl. BGHZ 83, 319, 323 f.). Vielmehr hat die Hauptversammlung lediglich zu prüfen und darüber zu entscheiden, ob die ihr in allgemeiner Form von der Verwaltung vorgeschlagene Maßnahme bei abstrakter Beurteilung im Interesse der Gesellschaft liegt (BGHZ 136, 133, 138). Bedarf sonach der Ermächtigungsbeschluss keiner sachlichen Rechtfertigung, kommt es für ihn auch auf die von der Klägerin in Abrede gestellte Anwendbarkeit des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht an, weil diese Vorschrift nur einen Spezialfall sachlicher Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses normiert (vgl. Seibert/ Kiem/Schüppen, Handbuch der kleinen AG 4. Aufl. Rdn. 888), die Zulässigkeit einer Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss nach allgemeinen Grundsätzen aber nicht ausschließt.

b) Der vorliegende Ermächtigungsbeschluss entspricht den im Senatsurteil vom 23. Juni 1997 (BGHZ 136, 133 ff.) aufgestellten Anforderungen. Die beabsichtigte Maßnahme ist in der vorgelegten Einladung zur Hauptversammlung bekannt gemacht (§ 186 Abs. 4 AktG) und in dem Vorstandsbericht (Anl. K 11) ausreichend damit begründet worden, dass die Gesellschaft durch die Möglichkeit des Bezugsrechtsausschlusses die Flexibilität zu kurzfristiger Wahrnehmung günstiger Kapitalmarktsituationen erhalte und durch diese Maßnahme auch ein Kursänderungsrisiko für den Zeitraum einer Bezugsfrist vermieden werden könne. Soweit der Beschlussinhalt Beschränkungen der Ermächtigung im Hinblick auf § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG vorsieht, ist damit eine Entscheidung der Hauptversammlung über die Anwendung dieser Vorschrift im Einzelfall nicht verbunden und wird dadurch der Vorstand (und der Aufsichtsrat) einer eigenverantwortlichen Prüfung der Zulässigkeit des Bezugsrechtsausschlusses nicht enthoben (vgl. BGHZ 136, 133, 140). Dementsprechend heißt es in dem angefochtenen Beschluss u.a., dass die zur Bedienung der Wandlungsrechte auszugebenden Aktien 10 % des Grundkapitals nicht überschreiten dürfen, soweit Wandelschuldverschreibungen in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG unter Ausschluss des Bezugsrechts ausgegeben werden. Dies entspricht zwar § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, würde aber auch bei Unanwendbarkeit dieser Vorschrift nicht zur Anfechtbarkeit des Ermächtigungsbeschlusses führen. Denn grundsätzlich steht es der Hauptversammlung frei, die Grenzen der von ihr erteilten Ermächtigung zu bestimmen. Das gilt im vorliegenden Fall auch insoweit, als die Ermächtigung des weiteren dahin eingeschränkt ist, dass der Ausgabepreis für die Schuldverschreibungen ihren "nach anerkannten finanzmathematischen Methoden ermittelten theoretischen Marktwert ... nicht wesentlich unterschreiten" darf. Ließe sich mit solchen Methoden ein - dem Börsenkurs i.S. von § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG entsprechender - Marktwert nicht bestimmen, wie die Revision zur Begründung der Unanwendbarkeit des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG im Rahmen des § 221 Abs. 4 Satz 2 AktG geltend macht, ginge die Ermächtigung, deren Grenzen der Vorstand zu beachten hat (vgl. BGHZ 136, 133, 140), ins Leere; sie wäre aber auch dann ebenso wenig wegen Gesetzeswidrigkeit anfechtbar wie eine uneingeschränkte Ermächtigung, welche die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss in das pflichtgemäße Ermessen des Vorstands stellt (vgl. dazu BGHZ 136, 133, 139).

2. Da die von der Revision allein weiterverfolgte Anfechtung der Ermächtigung zu dem Bezugsrechtsausschluss, die einen selbständigen Streitgegenstand bildet (vgl. Sen.Urt. v. 19. April 1982 - II ZR 55/81, ZIP 1982, 689, 692; MünchKommAktG/Habersack aaO § 221 Rdn. 196), aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg hat, kommt es auf die zwischen den Parteien ebenfalls streitige Frage der Anfechtungsbefugnis der Klägerin gemäß § 245 Nr. 1 AktG nicht an. Diese Voraussetzung betrifft - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Anfechtungsklage (vgl. Hüffer aaO § 245 Rdn. 2) und scheitert im Übrigen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, nicht daran, dass die Klägerin ihren Widerspruch gegen den angefochtenen Beschluss schon vor dessen Fassung erklärt hat.

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.

Ende der Entscheidung

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