Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.05.2009
Aktenzeichen: II ZR 166/07
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 47 Abs. 4
a) Der Versammlungsleiter einer GmbH-Gesellschafterversammlung kann von der Mehrheit der Gesellschafter bestimmt werden.

b) Ein Gesellschafter hat keinen Anspruch darauf, dass über die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers und den Widerruf der Prokura eines anderen Gesellschafters in einem Abstimmungsgang abgestimmt wird.

c) Ein Stimmverbot wegen einer gemeinsam begangenen Pflichtverletzung besteht nicht, wenn einer vorsätzlichen Verfehlung eines Gesellschafter-Geschäftsführers (hier: Kompetenzüberschreitung) mit einem Aufsichtsversäumnis des anderen Gesellschafters eine andersartige Pflichtverletzung gegenübersteht.


Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat

am 4. Mai 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und

die Richter Dr. Kurzwelly, Dr. Strohn, Dr. Reichart und Dr. Drescher

einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, und sie hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552 a ZPO).

I.

Zulassungsgründe bestehen nicht. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass Stimmen eines Gesellschafters nicht mitzuzählen sind, wenn der Gesellschafter von seinem Stimmrecht missbräuchlich Gebrauch macht - worauf das Berufungsgericht seine Entscheidung zur Revisionszulassung, ohne allerdings einen Zulassungsgrund zu benennen, maßgeblich gestützt hat. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Senats. Mit seiner Ansicht, ein Stimmverbot bei gemeinschaftlich begangenen Pflichtverletzungen bestehe für den Gesellschafter nur, wenn ein Beschluss Schadensersatzansprüche oder die Entlastung des Geschäftsführers betrifft, weicht das Berufungsgericht zwar von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (GmbHR 2000, 1050) ab. Die abweichende und unzutreffende Ansicht des Berufungsgerichts ist aber nicht entscheidungserheblich, weil die Mitgesellschafter des Klägers nicht gemeinschaftlich eine Pflicht verletzt haben. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht mehr erforderlich, nachdem der Senat die Frage durch Urteil vom 27. April 2009 (II ZR 167/07, z.V.b.) geklärt hat.

II.

Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

1.

Der Antrag des Klägers,

festzustellen, dass C. K. als Geschäftsführer abberufen und die Prokura von R. K. widerrufen wurde,

ist vom Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.

a)

Die Klage hat keinen Erfolg, soweit der Kläger festgestellt haben will, dass die Abberufung und der Widerruf der Prokura in einem Abstimmungsvorgang beschlossen wurden.

Das Berufungsurteil ist entgegen der Ansicht der Revision trotz des Fehlens von Entscheidungsgründen (§ 547 Nr. 6 ZPO) nicht aufzuheben. Ihr Fehlen führt nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung, wenn sich die übergangenen Angriffs- oder Verteidigungsmittel als unerheblich erweisen (BGHZ 39, 333, 338; 119, 300, 302; Urt. v. 26. Januar 1983 - IVb ZR 351/81, NJW 1983, 2318; v. 24. Oktober 1990 - XII ZR 124/89, NJW-RR 1991, 194; v. 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99, WM 2000, 2393). Die begehrte Feststellung kann nicht getroffen werden, weil über den Blockantrag nicht abgestimmt wurde. Mit der kombinierten Anfechtungs- und Beschlussfeststellungsklage kann die Nichtigerklärung eines gefassten, einen Antrag ablehnenden Beschlusses und die Feststellung erreicht werden, dass unter Berücksichtigung von Stimmverboten ein beantragter Beschluss gefasst wurde. Beides setzt voraus, dass in der Gesellschafterversammlung über den Antrag abgestimmt wurde. Der zum Versammlungsleiter bestellte Rechtsanwalt Dr. D. hat weder eine Abstimmung zu dem Blockantrag zugelassen noch dazu einen Beschluss festgestellt.

Dr. D. war trotz des Widerspruchs des Klägers zum Versammlungsleiter bestellt. Der Versammlungsleiter kann von der Mehrheit der Gesellschafter bestimmt werden (vgl. OLG München GmbHR 2005, 624; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 48 Rdn. 30; Scholz/K. Schmidt/Seibt, GmbHG 10. Aufl. § 48 Rdn. 33; Baumbach/Heck/Zöllner, GmbHG 18. Aufl. § 48 Rdn. 16). Dr. D. hat über die Abberufung des Geschäftsführers und den Widerruf der Prokura getrennt abstimmen lassen.

Der Kläger hatte keinen Anspruch darauf, dass über die Abberufung des Geschäftsführers und den Widerruf der Prokura gleichzeitig abgestimmt wird. Auf den Versuch des Klägers, durch die Zusammenfassung der Beschlussanträge die übrigen Gesellschafter von der Abstimmung auszuschließen und so die Mehrheit zu seinen Gunsten zu manipulieren, mussten sich weder die Mitgesellschafter noch der Versammlungsleiter einlassen. Einer gemeinschaftlichen Betroffenheit der Mitgesellschafter ist durch die Ausdehnung des Stimmverbots Rechnung zu tragen (BGHZ 98, 27, 33) und nicht durch die Gestaltung des Abstimmungsverfahrens.

Zu einer Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über den Sammelantrag ist es auch nicht dadurch gekommen, dass der Versammlungsleiter Dr. D. , nachdem der Kläger auf einer Sammelabstimmung beharrte, doch noch feststellen ließ, wer dafür und wer dagegen stimmt. Er hat dies ausdrücklich unter Protest und gegen den Widerstand der übrigen Gesellschafter getan.

b)

Keinen Erfolg hat die Klage auch, soweit die Feststellung begehrt wird, dass die Gesellschafterversammlung die Abberufung des Geschäftsführers beschlossen hat. Der Beschlussantrag des Klägers wurde mehrheitlich abgelehnt. Dr. D. hat die Stimmen von R. K. zu Recht mitgezählt.

aa)

R. K. unterlag keinem Stimmverbot. Der dem § 47 Abs. 4 GmbHG zugrunde liegende Gedanke, dass ein Gesellschafter nicht Richter in eigener Sache sein darf, erfasst diejenigen Gesellschafter, welche eine Pflichtverletzung gemeinsam mit einem anderen begangen haben (BGHZ 98, 27, 34), auch soweit die Abberufung eines Geschäftsführers beschlossen werden soll (Sen.Urt. v. 27. April 2009 - II ZR 167/07, z.V.b.). Der Kläger hat eine solche, von R. K. und dem Geschäftsführer gemeinschaftlich begangene Pflichtverletzung nicht schlüssig vorgetragen. Die Zustimmung von R. K. als Gesellschafterin zu der Investition in eine neue Spanerlinie, die unter den Gesellschaftern wirtschaftlich umstritten ist, kommt von vornherein als Pflichtverletzung nicht in Betracht. Mit der Entscheidung über eine Geschäftsführungsmaßnahme verstoßen die Gesellschafter nicht gegen ihre gesellschafterlichen Pflichten, auch wenn sie wirtschaftliche Risiken eingehen. An dem C. K. vorgeworfenen Kompetenzverstoß war R. K. nicht beteiligt. Zur Einholung einer Zustimmung der Kommanditisten bzw. der Gesellschafter der Komplementärin zur Investitionsentscheidung war C. K. als Geschäftsführer der Komplementärin verpflichtet. Auch wenn - wie der Kläger meint - R. K. ihn nicht daran gehindert hat, den Kläger zu übergehen, war sie nicht von der Abstimmung ausgeschlossen. Mangels einer gemeinsam begangenen Pflichtverletzung gilt das Stimmverbot nicht, wenn - wie hier - einer vorsätzlichen Verfehlung eines Gesellschafter-Geschäftsführers allenfalls ein Aufsichtsversäumnis des anderen Gesellschafters, mithin eine ganz andersartige Pflichtverletzung gegenübersteht (Sen.Urt. v. 7. April 2003 - II ZR 193/02, ZIP 2003, 945).

Die Behauptung der Revision, der R. K. bei der Abstimmung vertretende Steuerberater sei dazu nicht befugt gewesen (Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG), ist als neuer Sachvortrag im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen.

bb)

R. K. hat auch nicht treuwidrig gegen die Abberufung des Geschäftsführers gestimmt. Das Berufungsgericht hat in zutreffender tatrichterlicher Würdigung im Kompetenzverstoß des Geschäftsführers noch keinen die Abberufung rechtfertigenden Grund gesehen. C. K. konnte davon ausgehen, dass die Mitgesellschafter mit der vorgesehenen Investition in eine neue Spanerlinie einverstanden waren, nachdem sie bereits zu der Zeit, als der Kläger selbst noch Geschäftsführer war, ins Auge gefasst und aus Geldmangel zurückgestellt worden war. Das Abstimmungsverhalten des Geschäftsführers als Gesellschafter rechtfertigt seine Abberufung nicht.

c)

Aus den zur Abberufung des Geschäftsführers dargelegten Gründen hat auch die Klage auf Feststellung, dass der Widerruf der Prokura von R. K. nicht beschlossen wurde, keine Aussicht auf Erfolg. Auch wenn C. K. den als Abberufungsgrund behaupteten Kompetenzverstoß vorsätzlich begangen hat, fehlte auch ihm mangels gemeinsamer Pflichtverletzung - wie ausgeführt - nicht das Stimmrecht hinsichtlich seiner Mitgesellschafterin (vgl. Sen.Urt. v. 7. April 2003 - II ZR 193/02, ZIP 2003, 945). Ein Grund zum Widerruf der Prokura bestand zudem nicht, weil R. K. den behaupteten Kompetenzverstoß nicht begangen hat und die Billigung der Geschäftsführungsmaßnahme keine Pflichtverletzung ist.

2.

Die Feststellungsklage zur Ablehnung der Einziehung der Geschäftsanteile hat aus den gleichen Gründen wie die Feststellungsklage zur Abberufung des Geschäftsführers und zum Widerruf der Prokura keinen Erfolg.

3.

Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit der Kläger die Feststellung beantragt, dass die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen seine Mitgesellschafter beschlossen worden sei. Die Mitgesellschafter des Klägers mussten diesem Antrag schon deshalb nicht zustimmen, weil vor Fertigstellung des einvernehmlich beschlossenen Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit der Investition und einem ggf. entstandenen Schaden kein Anlass zu einer Entscheidung über Schadensersatzansprüche bestand.

Ende der Entscheidung

Zurück