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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 25.07.2005
Aktenzeichen: II ZR 237/03
Rechtsgebiete: BetrAVG, EinigVtr


Vorschriften:

BetrAVG F. 16.12.1997 § 1
BetrAVG F. 16.12.1997 § 17 Abs. 1
EinigVtr Anl. I Kap. VIII Sachgeb. A Abschn. III Nr. 16
a) Eine nach Inkrafttreten des BetrAVG gemäß Anl. I Kap. VIII Sachgeb. A Abschn. III Nr. 16 EinigVtr im Beitrittsgebiet gegebene Versorgungszusage ist auch dann wirksam "erteilt", wenn durch sie eine bereits vor diesem Zeitpunkt übernommene Versorgungsverpflichtung ("Altzusage") mit dem Willen bestätigt wird, Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (erneut) zu begründen (i. Anschl. an BAGE 88, 205).

b) Ist eine Versorgungszusage im Beitrittsgebiet nach dem 31. Dezember 1991 wirksam erteilt worden, so sind im Rahmen der Feststellung der Unverfallbarkeit bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit auch die vor der Inkraftsetzung des BetrAVG in demselben Betrieb vom Zusageempfänger zurückgelegten Dienstzeiten zu berücksichtigen.

c) Der Vorstandsvorsitzende einer Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) der früheren DDR war kein Arbeitnehmer i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Er fiel jedoch bei einer nur geringfügigen Genossenschaftsbeteiligung und nicht ausschlaggebender Leitungsmacht als sog. Nichtarbeitnehmer in den Schutzbereich des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 237/03

Verkündet am: 25. Juli 2005

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Juli 2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger war seit 1. Mai 1962 mit einem Genossenschaftsanteil von ca. 3,3 % Mitglied der Produktionsgenossenschaft des Handwerks "E. " (nachfolgend: PGH) in W. (Sachsen); ab dem 26. Februar 1973 war er zugleich Vorsitzender ihres Vorstandes. Am 19. Dezember 1990 wurde die PGH in die E. GmbH (nachfolgend: GmbH) umgewandelt. Der Kläger, dessen Beteiligungsquote unverändert blieb, wurde auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages vom 1. Januar 1991 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH. Unter dem 25. Oktober/29. November 1991 schloß die GmbH, vertreten durch den Kläger, mit der H. Versicherungs-AG zum Zwecke der Altersversorgung sämtlicher Gesellschafter mit deren schriftlicher Einwilligung einen Gruppendirektversicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn am 1. Dezember 1991 ab. Am 6. Dezember 1991 beschloß der Beirat der GmbH, daß für alle Gesellschafter, einschließlich des Geschäftsführers, mit der H. Versicherungs-AG - deren Vertreter auf der Beiratssitzung anwesend waren - eine Gruppendirektversicherung zur Altersvorsorge der Gesellschafter abgeschlossen werden solle und ein entsprechender Antrag umgehend gestellt werde. Sämtliche Gesellschafter erhielten Versicherungsausweise der H. Versicherungs-AG, außerdem wurden ihnen in der Gesellschafterversammlung vom 10. April 1992 ausweislich des Versammlungsprotokolls gleichlautende Erklärungen zur Direktversicherung ausgehändigt; auch der Kläger erhielt eine solche, von ihm am 9. April 1992 namens der GmbH unterzeichnete "Bestätigung der betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung", in der unter Bezugnahme auf den Einigungsvertrag mit Wirkung vom 1. Januar 1992 die mit dem Abschluß der Versicherung übernommene Versorgungsverpflichtung auf der Grundlage des an diesem Tag in den neuen Bundesländern in Kraft getretenen BetrAVG bestätigt wurde. Am 3. Mai 1999 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet; aus diesem Grunde wurde das Dienstverhältnis des Klägers zum 31. Oktober 1999 beendet.

Da der beklagte P. -Verein das ordnungsgemäße Zustandekommen einer Versorgungszusage bestritt und auch im übrigen seine Einstandspflicht nach dem BetrAVG in Abrede stellte, erhob der Kläger Klage auf Feststellung, daß der Beklagte ihm zu Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung verpflichtet sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten mit der präzisierenden Maßgabe zurückgewiesen, daß die Leistungspflicht des Beklagten dem Kläger gegenüber aufgrund der von der GmbH erteilten Versorgungszusage in Gestalt der Direktversicherung bei der H. Versicherungs-AG festgestellt wird. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der - vom Oberlandesgericht zugelassenen - Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat im Rahmen des Feststellungsbegehrens des Klägers zu Recht eine Leistungspflicht des Beklagten aufgrund der von der GmbH dem Kläger erteilten Versorgungszusage in Gestalt der Direktversicherung bei der H. Versicherungs-AG gemäß §§ 7 Abs. 1, 2, 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG (i. d. bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung) i.V.m. §§ 1 b, 30 f BetrAVG (i. d. ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung - n.F. -) bejaht.

I. Die dem Kläger - wie auch allen anderen Gesellschaftern - von der GmbH in Gestalt der als Gruppenversicherung bei der H. Versicherungs-AG abgeschlossenen Direktversicherung erteilte Versorgungszusage ist - wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich einwandfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt hat - jedenfalls aufgrund der Billigung des Vertragsschlusses durch die Gesellschafterversammlung vom 10. April 2002 wirksam zustande gekommen.

Nach Kap. III Art. 8 i.V.m. Anl. I Kap. VIII Sachgeb. A Abschn. III Nr. 16 lit. a und b des Einigungsvertrages (EinigVtr) vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889 ff.) fällt allerdings im Beitrittsgebiet eine Versorgungszusage nur dann unter den zeitlichen Geltungsbereich des dort erst am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen BetrAVG, wenn sie nach dem 31. Dezember 1991 erteilt wurde. Daher hätte weder der Abschluß des Gruppen-Direktversicherungsvertrages mit Versicherungsbeginn am 1. Dezember 1991 (vgl. die Fiktion in § 1 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG a.F. bzw. § 1 b Abs. 2 Satz 4 BetrAVG n.F.) noch der auch in das Jahr 1991 fallende Beiratsbeschluß über den Abschluß einer solchen Altersversorgungsversicherung zugunsten sämtlicher Gesellschafter für sich genommen ausgereicht, um daraus gültige Versorgungsansprüche des Klägers gegen den Beklagten nach dem BetrAVG herzuleiten.

Auf diese Ereignisse vor dem maßgeblichen Zäsurzeitpunkt (1. Januar 1992) kommt es jedoch - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht entscheidend an, weil die GmbH durch die sämtlichen Gesellschaftern, auch dem Kläger, auf der Gesellschafterversammlung ausgehändigten Bestätigungserklärungen zur betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung - offenbar in Kenntnis der Wirksamkeitsproblematik - mit Wirkung ab 1. Januar 1992 die mit dem Abschluß der Versicherung übernommene Versorgungsverpflichtung ausdrücklich schriftlich "bestätigt" hat. Eine nach dem Inkrafttreten des BetrAVG in den neuen Bundesländern gegebene Zusage ist grundsätzlich unabhängig davon gültig, ob sie - wofür hier vieles spricht - als Neuerteilung einer Zusage oder als Bestätigung einer bereits vor dem Zäsurzeitpunkt übernommenen Verpflichtung anzusehen ist, weil auch im letzteren Fall aus der schriftlichen Erklärung eindeutig hervorgeht, daß sich die GmbH jedenfalls mit Wirkung ab dem 1. Januar 1992 (erneut) zu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung verpflichten wollte (vgl. zur Zulässigkeit einer derartigen Bestätigung: BAGE 88, 205, 208). Allerdings bedurfte die von der GmbH, vertreten durch den Kläger als ihren Geschäftsführer, diesem erteilte Altersversorgungszusage unabhängig davon, daß der Kläger nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war, noch der Zustimmung der Gesellschafterversammlung als dem für den Anstellungsvertrag einschließlich der Regelungen der Altersversorgung zuständigen Gesellschaftsorgan. Eine solche Zustimmung hat das Berufungsgericht - in Übereinstimmung mit dem Landgericht - in vertretbarer tatrichterlicher Würdigung aus der im Einverständnis aller Gesellschafter erfolgten Aushändigung der Bestätigungserklärungen über die betriebliche Altersversorgung an alle Gesellschafter - unter Einschluß des Klägers - am 10. April 1992 gesehen. Für diese Auslegung haben die Vorgänge der Beschlußfassung des Beirats über die Einführung der Altersversorgung durch Abschluß der Gruppenversicherung für alle Gesellschafter sowie der Abschluß dieser Versicherung selbst mit der erklärten Zustimmung aller Gesellschafter aus dem Jahre 1991 lediglich indizielle Bedeutung dahingehend, daß sie das von Anfang an bestehende und in der Gesellschafterversammlung vom 10. April 2002 fortdauernde Einverständnis aller Gesellschafter mit dem Abschluß einer inhaltlich gleichlautenden Direktversicherung als Altersversorgung für sämtliche Gesellschafter unter Einschluß des Klägers in seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer zum Ausdruck bringen.

Demgegenüber ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe diesbezüglichen streitigen Sachvortrag des Beklagten im Hinblick auf das Zustandekommen der Versorgungszusage in einer das rechtliche Gehör verletzenden Weise übergangen, offensichtlich unbegründet. Abgesehen davon, daß die einzelnen Umstände der tatrichterlichen Würdigung erstinstanzlich nicht streitig waren und durch die bloße Inbezugnahme erstinstanzlichen Vorbringens in der Berufungsbegründung auch nicht streitig geworden sind, haben sich sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht mit den allenfalls hinsichtlich der Rechtsfolge umstrittenen Umständen im Rahmen der Bewertung der Vorgänge in der maßgeblichen Gesellschafterversammlung vom 10. April 1992 revisionsrechtlich einwandfrei auseinandergesetzt.

II. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß die solchermaßen wirksam zugunsten des Klägers im Jahre 1992 zustandegekommene Versorgungszusage unverfallbar geworden ist, weil sie bei Eintritt des Versorgungsfalles mindestens drei Jahre bestanden hat und zugleich die weitere Voraussetzung einer zwölfjährigen Betriebszugehörigkeit gegeben ist (vgl. §§ 30 f, 1 b BetrAVG n.F.; § 1 BetrAVG a.F.).

Der Kläger hat zwar die mindestens zwölfjährige Betriebszugehörigkeit nicht in vollem Umfang bei der GmbH selbst erfüllt, weil diese erst im Jahre 1990 durch (formwechselnde) Umwandlung aus der früheren PGH nach der PGHVO vom 8. März 1990 (GBl. I S. 164) entstanden ist. Bei der Berechnung der Dauer der Betriebszugehörigkeit ist jedoch - entgegen der Ansicht des Beklagten - die langjährige Tätigkeit des Klägers als Vorsitzender des Vorstands der PGH als Rechtsvorgängerin der GmbH zu berücksichtigen. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, sind weder dem Wortlaut noch dem Zweck der gesetzlichen Regelung in Anl. I Kap. VIII Sachgeb. A Abschn. III Nr. 16 lit. a und b EinigVtr Einschränkungen hinsichtlich der Anwendbarkeit der §§ 1 bis 18 ff. BetrAVG auf wirksam nach dem 1. Januar 1992 erteilte Versorgungszusagen zu entnehmen.

1. Die Maßgaben des Einigungsvertrages zum Inkrafttreten des BetrAVG knüpfen schon vom Wortlaut her die Anwendbarkeit der §§ 1 bis 18 BetrAVG lediglich an den Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage, so daß sich bei der Berechnung der Unverfallbarkeit der Zusage die Dauer der Betriebszugehörigkeit auch auf die vor der Inkraftsetzung des Gesetzes im Beitrittsgebiet in demselben Betrieb zurückgelegten Dienstzeiten erstreckt. Irgendwelche beschränkenden Übergangsregelungen finden sich in dieser Hinsicht in Nr. 16 c Anl. I EinigVtr nicht; im Gegenteil sind die §§ 26 bis 30 BetrAVG, die sowohl beschränkende als auch "erweiternde" Übergangs- und Inkrafttretensregelungen für das bisherige bundesrepublikanische BetrAVG enthielten, nicht anwendbar. Entgegen der Ansicht der Revision bedurfte es nicht etwa besonderer Regelungen, um die Anrechnung von Betriebszugehörigkeitszeiten aus der Zeit des Bestehens der DDR zu ermöglichen. Dafür spricht insbesondere nicht der Umstand, daß in Maßgabe Nr. 16 b 2. Halbs. Anl. I EinigVtr die Nachversicherung gemäß § 18 Abs. 6 BetrAVG von Zeiten vor dem 1. Januar 1992 ausgeschlossen ist. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine nur die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst betreffende Sonderregelung; daraus läßt sich nicht zwingend ein Wille des Gesetzgebers entnehmen, die Geltung der Regelungen des BetrAVG in ihrer zeitlichen Dimension generell, also auch bezüglich der Anrechnungsfähigkeit in der DDR zurückgelegter Betriebszugehörigkeitszeiten, zu beschränken.

2. Auch dem Zweck der Sonderregelung des Einigungsvertrages über das - im Verhältnis zum überwiegenden sonstigen bundesrepublikanischen Recht - spätere Inkrafttreten des BetrAVG im Beitrittsgebiet lassen sich keine sicheren Anhaltspunkte für einen Willen des Gesetzgebers entnehmen, bei nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erteilten wirksamen Versorgungszusagen die Anwendung der Bestimmungen des BetrAVG etwa zusätzlich hinsichtlich der zeitlichen Dimension einzuschränken. Nach der Gesetzesbegründung dienten die beschränkenden Regelungen der Maßgabe Nr. 16 lit. a und b des Einigungsvertrages dazu, "unkalkulierbare Risiken aus bestehenden Versorgungszusagen" zu vermeiden (Erläuterungen vom 10. September 1990, BT-Drucks. 11/7817, S. 138). Hintergrund hierfür war, daß während der Verhandlungen über den Einigungsvertrag zum einen ungewiß war, in welchem Umfang im Beitrittsgebiet betriebliche Versorgungszusagen überhaupt existierten; zum anderen war noch nicht abzusehen, in welchem Maße Betriebe mit solchen Versorgungszusagen nach der Herstellung der Rechtseinheit insolvenzgefährdet sein würden. Mit der Begrenzung der Geltung des BetrAVG auf ab dem Jahre 1992 erteilte Versorgungszusagen wurde also vornehmlich der Sorge Rechnung getragen, auf den P. -Verein könnte andernfalls eine große Zahl von Insolvenzfällen mit vielen zu sichernden Versorgungszusagen - möglicherweise ohne äquivalente Beitragszahlungen - zukommen. Dieses Risiko wird durch die Neuregelung im wesentlichen dadurch begrenzt, daß die betreffenden Unternehmen selbst entscheiden, ob sie derartige "Versorgungsaltlasten" durch Neuerteilung/Bestätigung zugrundeliegender Zusagen übernehmen wollen, wobei als Sicherheitsspanne für den frühesten Beginn der Unverfallbarkeit von Gesetzes wegen jedenfalls der Dreijahreszeitraum seit der neuen, frühestens ab Beginn des Jahres 1992 gültigen Zusage anzusehen ist. Für derartige nach dem Zäsurzeitpunkt wirksam bestätigte "Altzusagen" ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich das BetrAVG auch im Sinne einer (unechten) Rückwirkung in bezug auf die Verpflichtung zur Anpassung gemäß § 16 BetrAVG anzuwenden (BAGE 88, 205, 207 f. - unter Nr. II).

Können aber bereits in der DDR erteilte Versorgungszusagen über den Weg der Neuerteilung Wirksamkeit erlangen und kommen damit praktisch die dort zurückgelegten Zeiten auch hinsichtlich der Frage der Unverfallbarkeit zur Anrechnung, so wäre es aus Gründen der Systemgerechtigkeit schwerlich vertretbar, wenn man dies bei erstmals erteilten ("neuen") Zusagen desselben, nur formwechselnd umgewandelten Rechtsträgers im Hinblick auf die Anrechnung alter Betriebszugehörigkeitszeiten verneinen wollte. Die Entscheidung des Unternehmens, die Zusage neu zu erteilen oder zu erneuern, bedeutet in beiden Fällen die Anerkennung der Betriebstreue durch Zusage einer Altersversorgung. Dem steht nicht entgegen, daß allein durch die Entscheidung des Unternehmens letztlich dem P. -Verein zahlreiche unkalkulierbare oder zusätzliche Insolvenzrisiken aufgebürdet werden könnten; eine derartige Belastung des Sicherungsträgers ist vielmehr als Folge der gesetzlichen Inkrafttretensregelung des Einigungsvertrages hinzunehmen. Im übrigen ist in bezug auf dieses Risiko ein sachlicher Unterschied zu sonstigen, im "alten" Geltungsbereich des BetrAVG zustande gekommenen "normalen" Zusagen, der eine Differenzierung rechtfertigen würde, nicht zu erkennen. Korrektiv ist in beiden Fällen die Mißbrauchsregelung des § 7 Abs. 5 BetrAVG, nach der der P. -Verein Leistungen verweigern kann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß die Zusage im Hinblick auf seine Eintrittspflicht erteilt worden ist. Eine solche Annahme ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn schon im Zeitpunkt der Zusageerteilung Zweifel an der Erfüllbarkeit der Versorgungszusage wegen schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse des Unternehmens begründet waren. Für eine derartige Konstellation besteht allerdings im vorliegenden Fall - schon mit Rücksicht auf den zeitlichen Abstand bis zu der späteren Insolvenz der GmbH - kein Anhaltspunkt.

III. Der Kläger fällt nicht nur hinsichtlich seiner Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der GmbH, sondern auch schon mit seiner früheren Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der PGH in den persönlichen Geltungsbereich des § 17 Abs. 1 BetrAVG.

1. Bei der GmbH war der Kläger in seiner Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer zwar kein Arbeitnehmer im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG; er galt aber als - einem Arbeitnehmer versorgungsrechtlich gleichzustellender - sog. Nichtarbeitnehmer im Sinne des Satzes 2 dieser Vorschrift. Als geringfügig (mit nur ca. 3,3 %) beteiligter Minderheitsgesellschafter mit nicht ausschlaggebender Leitungsmacht war er nicht etwa einem "Unternehmer" gleichzusetzen, sondern unterfiel dem Schutzbereich der Norm (vgl. Sen.Urt. v. 14. Juli 1980 - II ZR 224/79, ZIP 1980, 778, 779: Beteiligung von 8 % ist als "nicht erheblich" einzustufen).

2. Auch in der Zeit vor der Umwandlung war der Kläger als Genossenschaftsmitglied der PGH und zugleich deren Vorstandsvorsitzender kein Arbeitnehmer im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG (vgl. BAG, Urt. v. 13. Juni 1996 - 8 AZR 20/94, NZA 1997, 542 unter eingehender Begründung der Ablehnung der Arbeitnehmerstellung solcher Genossenschaftsmitglieder nach dem Recht der DDR; vgl. auch BAGE 79, 193 - zur Ablehnung eines Arbeitsverhältnisses der LPG-Mitglieder).

Bei wertender Betrachtung ist jedoch die Rechtsposition des Klägers als Mitglied der PGH und deren Vorstandsvorsitzender ebenfalls als die eines Nichtarbeitnehmers im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG anzusehen. Nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts war der Kläger vor dem Rechtsformwechsel an demselben, seinerzeit als PGH organisierten Unternehmen mit derselben Quote geringfügig beteiligt und seit dem 26. Februar 1973 zugleich dessen Vorstandsvorsitzender. Daß er seinerzeit etwa - abweichend von seiner späteren Stellung als Geschäftsführer der GmbH - besondere Leitungsmacht innegehabt hätte, die ihn trotz seiner damals genauso geringfügigen Beteiligung gleichwohl als Unternehmer qualifiziert hätte, ist - schon wegen der gesellschaftlichen Beschränkungen der Unternehmensfreiheit in der DDR - nicht ersichtlich. Gemäß § 15 des Musterstatuts für die PGH vom 21. Februar 1973 (GBl. 1973, 121) war er im Gegenteil als Vorstand lediglich ausführendes Organ der Mitgliederversammlung und Leiter der PGH auf der Grundlage der Rechtsvorschriften, des Statuts und der Beschlüsse der Mitgliederversammlung. Er hatte nach dem Grundsatz der Kollektivität und der vollen persönlichen Verantwortung seiner Mitglieder zu arbeiten; zudem bestand der Vorstand aus mindestens drei Mitgliedern. Da die PGH-Mitglieder einschließlich des Vorsitzenden in vielen Bereichen sogar ähnlich einem werktätigen Arbeitnehmer behandelt, insbesondere ihre Arbeitsbedingungen wie auch die Vergütung u. ä. sogar einzelvertraglich durch schriftliche Vereinbarung festgelegt wurden (vgl. Nr. 3.2., 3.4. und 3.6. der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über das Musterstatut der Produktionsgenossenschaften des Handwerks vom 30. Dezember 1977 - GBl., Sonderdruck Nr. 948 -), konnte der Kläger - auch soweit seine eigene Position betroffen war - nicht nach freiem unternehmerischen Ermessen (vgl. zu diesem Kriterium: BGHZ 77, 233), sondern nur in Abhängigkeit von vorgegebenen gesetzlichen Einschränkungen sowie abhängig von dem Statut und von der Mitgliederversammlung als höchstem Organ der Genossenschaft tätig werden.

Einer Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG als sogenannter Nichtarbeitnehmer steht auch nicht entgegen, daß er seine Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der PGH nicht auf besonderer vertraglicher Grundlage, sondern auf statutarischer Basis erbracht hat. Ob etwa Tätigkeiten auf gesetzlicher Basis vom Schutzbereich des § 17 BetrAVG generell auszunehmen sind - obwohl das Gesetz zu der Frage schweigt, auf welcher Rechtsgrundlage die Tätigkeit erbracht werden muß (vgl. dazu: Blomeyer/Otto, BetrAVG 2. Aufl. § 17 Rdn. 78, 79; Höfer, BetrAVG - Stand: August 2001 - § 17 Rdn. 3718 ff.) -, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls kommen nach herrschender Meinung im Schrifttum grundsätzlich alle zulässigen schuldrechtlichen Vertragstypen - einschließlich atypischer Vertragsgestaltungen (§ 311 Abs. 1 BGB) - als zulässige Tätigkeitsgrundlage in Betracht, wobei es sich nicht nur um Dienst-, Geschäftsbesorgungs- und Dienstverschaffungsverträge, sondern auch um Gesellschaftsverträge handeln kann (vgl. Blomeyer/Otto aaO § 17 Rdn. 78 m.w.Nachw.). Um einen derartigen Gesellschaftsvertrag handelt es sich bei dem Statut der PGH, aus dem die Arbeitsverpflichtung des Klägers und der anderen Genossen abgeleitet wurde (vgl. dazu: §§ 10 Abs. 3, 14 Abs. 1, 15 Musterstatut).



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