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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.01.2003
Aktenzeichen: II ZR 254/00
Rechtsgebiete: BetrAVG, BGB


Vorschriften:

BetrAVG § 2 Abs. 1
BGB § 133 B
BGB § 157 B
a) Das Mitglied des Vorstandes eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit ist für die Zusage einer von § 2 Abs. 1 BetrAVG abweichenden, ihm günstigeren Berechnung der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft (Verzicht auf ratierliche Kürzung) darlegungs- und beweispflichtig.

b) Eine solche vom "Mindestschutz" des BetrAVG zugunsten des Dienstverpflichteten abweichende Vereinbarung unterliegt grundsätzlich keinen erhöhten formalen Anforderungen und muß daher nicht "ausdrücklich" getroffen werden.

c) Zur Berücksichtigung des Inhalts der Vertragsverhandlungen bei der Auslegung einer individuell ausgehandelten, an das Beamtenversorgungsrecht angelehnten Versorgungsregelung im Dienstvertrag des Vorstandes eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 254/00

Verkündet am: 13. Januar 2003

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Juli 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat. Auch insoweit wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 31. März 1999 zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der im Jahr 1939 geborene Kläger war zunächst als Beamter bei der D. B. (heute: D. P. AG) und sodann - unter Beurlaubung ohne Bezüge - seit 1974 bei der Beklagten tätig, zuletzt als Vorstandsmitglied. Ab 1. Mai 1990 wechselte er zur K. Po. VVaG (nachfolgend: K.), bei der er Vorstandsmitglied und ab 1991 Vorstandsvorsitzender war. Der am 28. November 1989 mit der K. geschlossene Anstellungsvertrag enthält hinsichtlich der Altersversorgung des Klägers in § 10 folgende Regelung:

"Die K. PO. V.V.a.G. gewährt Herrn Ke. ein Ruhegehalt und eine Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe des Beamtenversorgungsgesetzes. Die K. PO. V.V.a.G. bezahlt den Unterschied zwischen dem von ihm bei der D. B. erdienten Ruhegehalt sowie der von der V. Po. V.V.a.G. erworbenen Rente und dem Ruhegehalt eines Bundesbeamten der Besoldungsgruppe B 5 (ab 1.9.1991: B 7), als laufende, monatlich zu entrichtende Rente, wobei als ruhegehaltsfähige Dienstzeit die von der D. B. festgesetzte Dienstzeit zugrunde zu legen ist.

...

Im übrigen gelten für die Rente die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung und das Beamtenversorgungsgesetz."

In einem Nachtrag vom 10. September 1993 zu dem Anstellungsvertrag heißt es, daß die Besoldungsgruppe B 5 bzw. B 7 durch B 8 ersetzt und die mit der Versorgungszusage erworbene Versorgungsanwartschaft unverfallbar ist. Das Dienstverhältnis des Klägers bei der K. endete zum 30. April 1995, weil der Kläger nicht mehr zum Vorstand bestellt wurde. Seitdem ist er wieder bei der D. P. AG entsprechend seinem ursprünglichen Beamtenstatus beschäftigt. Die Beklagte ist seit dem 1. Juli 1998 aufgrund einer Fusion Rechtsnachfolgerin der K..

Auf Anfrage des Klägers erteilte die K. ihm im April 1996 eine Auskunft über das von ihr geschuldete Ruhegehalt, das sie aufgrund einer Quotierung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG nach dem Verhältnis seiner tatsächlich bei der K. verbrachten Beschäftigungszeit von 60 Monaten zu der fiktiv bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres möglichen Betriebszugehörigkeit (172 Monate) mit 10.773,40 DM jährlich berechnete. Der Kläger, der eine solche ratierliche Kürzung auf der Grundlage der vertraglichen Regelung unter Berücksichtigung der Vertragsverhandlungen für unzulässig hält, begehrt mit der Klage die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab Eintritt in den Ruhestand ein Ruhegehalt entsprechend der Versorgung eines Bundesbeamten der Besoldungsgruppe B 8, abzüglich des bei der D. B./D. P. AG erdienten Ruhegehalts und der bei der V. Po. VVaG (Beklagten) erworbenen Betriebsrente, (ungekürzt) zu gewähren.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen; zugleich hat es auch die von der Beklagten in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage auf Feststellung, daß dem Kläger aus seiner Dienstzeit bei der K. vom 1. Mai 1990 bis 30. April 1995 kein Anspruch auf betriebliche Altersversorgung gegen die Beklagte zusteht, abgewiesen. Mit der Revision wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Feststellungsklage.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist begründet und führt hinsichtlich der Klage zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, daß dem Kläger zwar aufgrund des Anstellungsvertrages vom 28. November 1989 in Verbindung mit dem Nachtrag vom 10. September 1993 abweichend von den Mindestregelungen des BetrAVG trotz einer nur fünfjährigen Beschäftigungsdauer bei der K. eine unverfallbar gewordene Anwartschaft auf betriebliches Ruhegeld zustehe. Jedoch unterliege das in § 10 des Dienstvertrages (nachfolgend: DV) individuell vereinbarte Ruhegeld der ratierlichen Kürzung gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG. Eine hiervon zugunsten des Klägers abweichende Regelung hätten die Vertragsbeteiligten in § 10 DV nicht ausdrücklich vereinbart, zumindest habe der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger eine derartige, ihn begünstigende Vereinbarung nicht bewiesen. Auch wenn es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dem Kläger bei den Vertragsverhandlungen mit der K. darauf angekommen sei, bei seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis - gleich zu welchem Zeitpunkt - eine ungekürzte Altersversorgung nach der Besoldungsstufe B 8 zu erhalten, und der vom Aufsichtsrat der K. mit der Verhandlungsführung beauftragte damalige Vorstandsvorsitzende Dr. W. damit einverstanden gewesen sei, sei dies für die K. gemäß §§ 35 VAG, 112 AktG nicht bindend gewesen. In dem von dem zuständigen Aufsichtsrat der K. unterzeichneten Anstellungsvertrag fehle eine ausdrückliche Regelung über eine entsprechende "Vollversorgungsregelung" zugunsten des Klägers. Die Inbezugnahme des Beamtenversorgungsgesetzes reiche hierfür nicht aus, weil davon nur die Höhe des Anspruchs betroffen und damit die grundsätzliche Quotierung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG nicht ausgeschlossen sei. Diese Beurteilung hält in wesentlichen Punkten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II. 1. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß dem Kläger - insoweit in Abweichung von der gesetzlichen Regelung in §§ 1 Abs. 1, 17 Abs. 1 BetrAVG - auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen im Anstellungsvertrag vom 28. November 1989 in Verbindung mit dem Nachtrag vom 10. September 1993 eine unverfallbar gewordene Anwartschaft auf das betriebliche Ruhegeld gegen die K. zusteht. Auch trifft es rechtlich zu, daß dann, wenn ein Arbeitnehmer oder ein - wie der Kläger - in den Schutzbereich des BetrAVG einbezogener "arbeitnehmerähnlicher" Dienstverpflichteter (vgl. dazu Sen.Urt. v. 15. Juli 2002 - II ZR 192/00, ZIP 2002, 1701, 1702 m.w.N.) vor Eintritt des Versorgungsfalls mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, sein Ruhegeld grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG ratierlich zu kürzen ist und daß der Arbeitnehmer für eine hiervon abweichende, ihm günstigere Zusage darlegungs- und beweispflichtig ist (st. Rspr. vgl. nur BAG, AP Nr. 9 zu § 2 BetrAVG).

2. Im übrigen begegnet jedoch die Auslegung der Altersversorgungsregelung in § 10 DV durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Berufungsgericht bereits die Voraussetzungen für die Annahme einer von der gesetzlichen Grundregel des § 2 BetrAVG abweichenden, dem Arbeitnehmer günstigeren Vereinbarung überspannt hat [nachfolgend a)], zudem bei der Beurteilung des Vertragswortlauts wesentliche Umstände übersehen hat [nachfolgend b)] und insbesondere zu Unrecht das - den Vortrag des Klägers bestätigende - Ergebnis der Beweisaufnahme zum Inhalt der Vertragsverhandlungen und den daraus ableitbaren gemeinsamen Vorstellungen der Vertragspartner von der Versorgungsregelung für unerheblich erachtet hat [nachfolgend c)].

a) Schon im Ansatz verfehlt ist die Annahme des Berufungsgerichts, eine von der gesetzlich bestimmten zeitanteiligen Kürzung des Ruhegehaltsanspruchs gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG abweichende, für den Kläger günstigere Regelung im Sinne eines Verzichts auf ratierliche Kürzung müsse "ausdrücklich" getroffen werden. Derartige zugunsten des Arbeitnehmers vom "Mindestschutz" des BetrAVG abweichende Vereinbarungen unterliegen als privatautonome Gestaltungen grundsätzlich keinen erhöhten formalen Anforderungen. Aus der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, BB 1979, 1663; BAG, AP Nr. 9 zu § 2 BetrAVG; BAG, ZIP 1995, 671) sowie des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 18. März 1982 - I ZR 15/80, BB 1983, 254 f.) folgt nichts anderes. Das gilt auch insoweit, als das Bundesarbeitsgericht in zwei der genannten Entscheidungen - jeweils bezogen auf den konkreten Fall - ausgesprochen hat, eine etwaige (behauptete) von der Berechnung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG abweichende Zusage hätte "deutlicher" (AP Nr. 9 aaO) bzw. "deutlich" (ZIP aaO, 672) zum Ausdruck gebracht werden müssen; damit wird ersichtlich nur das Maß der richterlichen Überzeugungsbildung im konkreten Fall beschrieben, nicht jedoch generell eine ausdrückliche Formulierung der Abweichung vom BetrAVG verlangt. Das hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung zum Nachteil des Klägers verkannt.

b) Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht bei der Würdigung des Wortlauts der Ruhegehaltsregelung in § 10 DV für die Auslegung wesentliche Umstände, die für den Ausschluß einer ratierlichen Kürzung des Ruhegeldanspruchs sprechen, zu Unrecht außer Betracht gelassen. Dem Wortlaut des § 10 DV kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schon nicht entnommen werden, daß die Inbezugnahme des Beamtenversorgungsgesetzes nur auf die rechnerische Höhe des Anspruchs beschränkt ist. Mit der generellen Verweisung auf die versorgungsrechtlichen Vorschriften des Beamtenrechts haben die Parteien unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sich die näheren Einzelheiten im Grundsatz uneingeschränkt nach dem in Bezug genommenen Gesetz regeln; damit ist zugleich klargestellt, daß individuelle, von dem vorgegebenen Rahmen abweichende Absprachen der besonderen vertraglichen Vereinbarung bedürfen. Eine solche individuelle Vereinbarung haben die Parteien sogleich anschließend in § 10 Abs. 1 Satz 2 DV dahingehend getroffen, daß der zugesagte Pensionsanspruch sich aus dem B 5/7-Ruhegehalt (später B 8) abzüglich des bei der D. B. erdienten (A 15-)Ruhegehalts sowie der bei der Beklagten bereits erworbenen Rente errechnet, wobei als ruhegehaltsfähige Dienstzeit die von der D. B. festgesetzte Dienstzeit zugrunde zu legen ist. Gerade die Anknüpfung daran, daß die von der D. B. verbindlich festgesetzte Dienstzeit auch im Verhältnis der Vertragspartner zueinander die maßgebliche ruhegehaltsfähige Dienstzeit darstellen soll, läßt auf eine bewußte Abweichung von der Quotierungsbestimmung des § 2 Abs. 1 BetrAVG schließen, weil dem Beamtenversorgungsgesetz eine derartige ratierliche Kürzung fremd ist. Das Berufungsgericht hat insoweit außer acht gelassen, daß eine von § 2 BetrAVG abweichende Regelung auch dann vorliegt, wenn durch eine Anrechnung von Vordienstzeiten oder - wie hier zusätzlich - "Nachdienstzeiten" das vom Gesetz vorgesehene Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zur insgesamt möglichen Betriebszugehörigkeit des ausgeschiedenen Mitarbeiters zum Vorteil des Arbeitnehmers beeinflußt wird. So liegt es hier schon nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 2 DV, weil die Ausgangsparameter der Differenz zwischen versprochenem B-5/7/8-Ruhegehalt und erdienter Pension/Rente ebenso festgelegt sind wie die von der Pensionsbehörde nach dem Beamtenversorgungsgesetz verbindlich festzusetzende ruhegehaltsfähige Dienstzeit. Danach ergab sich nach Multiplikation mit den beamtenversorgungsrechtlich vorgeschriebenen Faktoren zugunsten des Klägers in jedem Falle ein bestimmter Prozentsatz bis zu maximal 75 % der ruhegehaltsfähigen Beamtenbezüge, ohne daß Raum für weitergehende - dem Beamtenversorgungsrecht unbekannte - "ratierliche" Kürzungen wäre. Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 2 DV spricht daher für den Willen der Vertragsparteien, dem Kläger den individuell vereinbarten Versorgungsanspruch ohne ratierliche Kürzung zu gewähren. Vor diesem Hintergrund läßt sich - was das Berufungsgericht nicht bedacht hat - auch aus der salvatorischen Klausel in § 10 Abs. 5 DV, wonach "im übrigen" die gesetzlichen Bestimmungen, d.h. das Beamtenversorgungsgesetz und das BetrAVG gelten sollen, nicht ableiten, daß die zuvor vereinbarte Sonderregelung nach beamtenrechtlichen Maßstäben gleichwohl der ratierlichen Kürzung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG unterliegen sollte.

c) Schließlich hat sich das Berufungsgericht zu Unrecht durch §§ 35 VAG, 112 AktG gehindert gesehen, das Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach der Kläger durch die einvernehmlich ausgehandelte und im Vertrag niedergelegte Ruhegehaltsregelung in jedem Fall eine ungekürzte Versorgung im Falle seines Ausscheidens bei der K. erhalten sollte, bei der Auslegung des § 10 DV zu berücksichtigen. Zwar trifft es zu, daß für den Abschluß des Dienstvertrages mit dem Kläger auf Seiten der K. ausschließlich dessen Aufsichtsrat zuständig war und daß demzufolge auch Willensakte des damaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. W. als Verhandlungsführer den Aufsichtsrat in bezug auf den Abschluß des Vertrages nicht wirksam hätten binden können. Um eine unzulässige Zuständigkeitsverschiebung auf den Vorstandsvorsitzenden bei der Willensvertretung handelt es sich aber nicht, wenn dieser vom Aufsichtsrat lediglich mit den Vertragsverhandlungen einschließlich der Erstellung des Vertragsentwurfs betraut wird und der Aufsichtsrat anschließend in eigener Verantwortung das Verhandlungsergebnis billigt und auf dieser Grundlage den Vertrag mit dem künftigen Vorstandsmitglied abschließt. Soweit es um den für die Auslegung eines solchermaßen zustande gekommenen Vertrages bedeutsamen Inhalt der Vertragsverhandlungen geht, reicht die - durch den Verhandlungsführer vermittelte - Kenntnis eines Aufsichtsratsmitglieds hiervon aus, um ein rechtserhebliches Wissen der Gesellschaft zu begründen; denn das Wissen schon eines Mitglieds des in der Angelegenheit vertretungsberechtigten Organs (Aufsichtsrat) ist das Wissen der Gesellschaft (Senat, BGHZ 47, 282, 287). So liegt es hier. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Dr. W. hat - wie die Revision zutreffend geltend macht - als Zeuge in beiden Vorinstanzen bekundet, daß er als vom Aufsichtsrat beauftragter Verhandlungsführer diesen - speziell dessen Vorsitzenden - ständig über den Inhalt der Verhandlungen mit dem Kläger unterrichtet habe; der Aufsichtsratsvorsitzende habe auch noch persönlich mit dem Kläger die Angelegenheit besprochen. Danach ist davon auszugehen, daß der Inhalt der Vertragsverhandlungen - insbesondere die vom Zeugen Dr. W. akzeptierten Vorstellungen des Klägers von einer "Vollversorgung" -, der sich in dem schriftlichen Anstellungsvertrag vom 28. November 1989, namentlich der Versorgungsregelung des § 10, niedergeschlagen hat, dem Aufsichtsrat zumindest über seinen Vorsitzenden zur Kenntnis gebracht wurde. Demnach ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der Inhalt der zwischen dem Kläger und dem Zeugen Dr. W. geführten Vertragsverhandlungen bei der Auslegung des § 10 DV zu berücksichtigen.

III. Da das Urteil des Oberlandesgerichts der Aufhebung unterliegt und weiterer auslegungsrelevanter Vortrag über die bislang getroffenen Feststellungen hinaus nicht zu erwarten ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 a.F. ZPO).

Nach den vorstehenden Ausführungen ist § 10 DV zwischen dem Kläger und der K. sowohl von seinem Wortlaut als auch nach dem von den Vertragsbeteiligten übereinstimmend zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen dahin auszulegen, daß die K. dem Kläger die von ihm begehrte Vollversorgung, d.h. ein nicht nach § 2 Abs.1 BetrAVG ratierlich gekürztes Ruhegehalt, mit dem Eintritt in den Ruhestand schuldet. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob man den zwischen dem Kläger und dem Zeugen Dr. W. ausgehandelten Vertragsentwurf als Angebot des Klägers an die K. (vertreten durch den Aufsichtsrat) ansieht, das diese dann durch ihren Aufsichtsrat akzeptiert hat, oder ob der ausgehandelte, dem Wortlaut und Inhalt nach nicht veränderte Vertragsentwurf vom Aufsichtsrat gebilligt und dann als Angebot an den Kläger übermittelt wurde, das dieser angenommen hat: Im ersten Fall war das Angebot des Klägers so zu verstehen, wie es zwischen diesem und dem Zeugen Dr. W. - in Kenntnis und mit Billigung des Aufsichtsratsvorsitzenden - ausgehandelt worden war, und wurde in dieser Form von der K. akzeptiert; im zweiten Fall richtete die K. das Angebot entsprechend den Vertragsverhandlungen und dem unveränderten Vertragswortlaut an den Kläger, so daß dieser nach §§ 133, 157 BGB davon ausgehen durfte, daß der Vertrag entsprechend dem in den Vertragsverhandlungen erzielten Einverständnis zustande kam. In beiden Fällen ist § 10 DV so zu verstehen, wie es das Berufungsgericht auf Seite 10 seines Urteils zusammengefaßt dargelegt hat, nämlich dahingehend, daß der Kläger unabhängig von dem Ausscheidenszeitpunkt bei der K. Anspruch auf ungekürzte Altersversorgung nach Besoldungsstufe B 8 im Sinne der vereinbarten Differenzregelung hat. Der Zeuge Dr. W. hat in seiner schriftlichen Aussage hervorgehoben und bei seiner Vernehmung in beiden Vorinstanzen bekräftigt, daß der Kläger hinsichtlich seiner Gesamtversorgung einem pensionierten Bundesbeamten der Stufe B 8 gleichgestellt und daß sein Versorgungsanspruch - anders als bei seiner früheren Beschäftigung bei der Beklagten - nicht in Abhängigkeit von der Dauer seiner Tätigkeit bei der K. gestellt werden, mithin die ratierliche Kürzung nach dem BetrAVG "hier nicht angewendet werden" sollte.

Danach erweist sich das der Feststellungsklage des Klägers stattgebende Urteil des Landgerichts als zutreffend, so daß die Berufung der Beklagten auch insoweit zurückzuweisen ist.

Ende der Entscheidung

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