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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.03.2004
Aktenzeichen: II ZR 36/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 93
ZPO § 91 a
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

II ZR 36/03

Verkündet am: 22. März 2004

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Gehrlein beschlossen:

Tenor:

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Gründe:

I. Die Parteien sind Wettbewerber bei dem Vertrieb von Flüssiggas. Die Beklagte ließ durch einen Mitarbeiter am 30. Juli 2001 einen mit der Aufschrift "R." versehenen, oberirdisch auf dem Grundstück des L. En. in N. aufgestellten Flüssiggasbehälter befüllen. Die Klägerin hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie hat behauptet, der Tank sei ihr Eigentum. Sie sei Rechtsnachfolgerin der E. GmbH (E.), die den ihr gehörenden Behälter En. 1972 im Rahmen eines Lieferabkommens zur Nutzung mit von der E. geliefertem Gas überlassen habe. Die E. habe den Gastank am 30. Juni 1988 im Rahmen der Veräußerung ihres Propangasgeschäfts an die M. & S. GmbH & Co. KG verkauft und übereignet, die 1998 auf sie, die Klägerin, verschmolzen worden sei.

Landgericht und Oberlandesgericht haben dem Begehren der Klägerin stattgegeben und die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, ohne Einwilligung der P. GmbH & Co. KG in deren Eigentum befindliche, mit der Aufschrift "R." versehene Flüssiggasbehälter zu befüllen und/oder befüllen zu lassen. Mit ihrer - zugelassenen - Revision hat die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiterverfolgt. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage hat die Beklagte vor dem Senat eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, wegen deren Formulierung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 29. Januar 2004 verwiesen wird. Die Klägerin hat die Erklärung angenommen. Beide Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt.

II. Nach § 91 a Abs. 1 ZPO ist über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach sind die Kosten allein der Beklagten aufzuerlegen.

1. Das Unterlassungsbegehren der Klägerin war bis zur Abgabe der Unterlassungserklärung im Senatstermin vom 9. Februar 2004 zulässig und begründet (§ 1004 Abs. 1 BGB).

An der Eigentümerstellung der Klägerin bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Nach dem Vorbringen der Parteien käme außer der Klägerin allein En. als Eigentümer des Gasbehälters in Betracht, der jedoch als Eigentümer ausscheidet, weil er am 15. Juni 2001 eine Liefervereinbarung für Flüssiggas und den Behälter- Nutzungs- und Wartungsvertrag der Klägerin unterschrieben hat, wonach er für die Überlassung des Tanks eine einmalige Nutzungsentschädigung von 400,00 DM zahlen sollte. Wäre En. bereits Eigentümer des Behälters gewesen, hätte er keine Veranlassung gehabt, der Klägerin für dessen Nutzung überhaupt irgendeinen Betrag zuzugestehen und zudem die Formularbedingung zu akzeptieren, daß der Tank, um dessen restliche Nutzung es ausweislich des in Klammern gesetzten handschriftlichen Zusatzes "Restnutz." zu der Zeile Behälter- Nutzungs- und Wartungsvertrag gehen sollte, unveräußerliches Eigentum der Klägerin sein sollte.

Das Berufungsgericht hat mit Recht in der Befüllung des Tanks der Klägerin durch die Beklagte eine Eigentumsbeeinträchtigung i.S. von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gesehen, die die Klägerin nicht zu dulden hatte. Die Beklagte ist Störerin, allerdings nicht mittelbare, sondern unmittelbare (Handlungs-)Störerin, weil die Tankbefüllung auf ihre Willensbetätigung, nämlich eine entsprechende Weisung an ihren Mitarbeiter, zurückgeht (Sen.Urt. v. 15. September 2003 - II ZR 367/02, NJW 2003, 3702).

Auf die Frage, ob die Beklagte ihr zumutbare Maßnahmen getroffen hat, die eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin zu verhindern geeignet gewesen wären, kommt es entgegen der Revision nicht an. Der Unterlassungsanspruch setzt kein Verschulden voraus. Ein Zumutbarkeitskriterium besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur für den mittelbaren Störer (BGHZ 106, 229, 235; 148, 13, 17).

Die festgestellte Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin begründete die tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr (BGHZ 140, 1, 10), die erst durch die Unterlassungserklärung ausgeräumt worden ist.

2. Es entspricht billigem Ermessen, daß die Beklagte die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen hat. Für die in den Vorinstanzen entstandenen Kosten folgt dies bereits daraus, daß die Klage bis zur Abgabe der Unterlassungserklärung der Beklagten begründet war. Aber auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens kommt eine Beteiligung der Klägerin nicht in Betracht.

Die Beklagte meint, der Klägerin müsse ein Teil der Revisionskosten auferlegt werden, weil sie die Unterlassungserklärung, die die Beklagte ihr unstreitig außergerichtlich bereits unter dem 31. Oktober 2003 angeboten hatte, erst im Senatstermin angenommen hat, obwohl sie mit der Zusage verbunden war, daß die Beklagte bei beiderseitiger Erledigungserklärung die Kosten des Rechtsstreits übernehmen werde und es einer begründeten Kostenentscheidung dann nicht bedürfe. Die durch dieses Verhalten der Klägerin verursachten Kosten müßten ihr in entsprechender Anwendung von § 93 ZPO zur Last fallen.

Es kann dahinstehen, ob der Gedanke des § 93 ZPO im Rahmen der Entscheidung nach § 91 a ZPO heranzuziehen und bei Billigkeitsüberlegungen auch der Zeitpunkt der Erledigungserklärung zu berücksichtigen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 24. Aufl. § 91 a Rdn. 25 m.w.N.). Im vorliegenden Fall kann die Klägerin jedenfalls weder ganz noch teilweise mit den Kosten der mündlichen Verhandlung vor dem Senat und des vorliegenden Beschlusses belastet werden. Sie war nicht gehalten, die ihr angebotene Unterlassungserklärung anzunehmen, bevor ihre Bedenken gegen deren Fassung ausgeräumt waren. Hierzu bedurfte es der Erörterung der Sache im Senatstermin. Damit sind weder die Erörterungsgebühren noch die Kosten des vorliegenden Beschlusses aus Billigkeitsgründen der Klägerin aufzuerlegen.



Ende der Entscheidung

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