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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.09.2004
Aktenzeichen: II ZR 383/02
Rechtsgebiete: VerbrKrG, BGB


Vorschriften:

VerbrKrG § 9 Abs. 3
VerbrKrG § 9 Abs. 2 Satz 4
VerbrKrG § 9 Abs. 1
VerbrKrG § 9 Abs. 4
BGB § 255
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 383/02

Verkündet am: 13. September 2004

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 12. Juni 2002 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, die zeitweise als A. AG firmierte, nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch, mit dem diese ihren Beitritt zur G.-GbR, S. Straße 7 und 9, D., Fonds Nr. 14 [im folgenden: Fonds (-gesellschaft)] finanzierte. Dem liegt, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte beteiligte sich mit dem Ziel einer steuersparenden Kapitalanlage an dem Fonds. Sie unterzeichnete am 26. Mai 1992 ein an den Treuhänder des Fonds gerichtetes notarielles Angebot zum Abschluß eines auf ihren Beitritt und die Verwendung der einzuzahlenden Gelder bezogenen Treuhandvertrages sowie am 17. August 1992 eine "Beitrittserklärung" zu dem Fonds.

Die Fondsgesellschaft war von der Do. GmbH und deren Geschäftsführer W. Gr. gegründet worden. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Bebauung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des Grundstücks S. Straße 7 und 9 in D.. Die Einlage der Beklagten sollte 120.000,00 DM betragen und in vollem Umfang durch den von der Klägerin zu gewährenden Kredit finanziert werden. Dementsprechend unterzeichnete die Beklagte am 26. Mai 1992 einen Kreditantrag. Danach sollte die Darlehensvaluta an den Treuhänder ausgezahlt werden. Der Kredit sollte am Ende der Laufzeit in einem Betrag zurückgezahlt werden.

Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta in Höhe der Einlage und eines Agios auf ein Konto des Treuhänders. In der Folgezeit konnten die in dem Fondsprospekt veranschlagten und von der Do. GmbH für die Dauer von fünf Jahren garantierten Mieten nicht erwirtschaftet werden. Die Do. GmbH stellte im Juni 1996 ihre Zahlungen ein. Ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt. Der Initiator des Fonds, W. Gr., wurde 1999 wegen Kapitalanlagebetrugs in vier Fällen, u.a. hinsichtlich des Fonds 14, rechtskräftig verurteilt. Er hatte sich oder der Do. GmbH ohne Wissen der Anleger von der Grundstücksverkäuferin und Bauträgerin, der Dom. GmbH, einen Teil der in dem Fondsprospekt für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks veranschlagten 9,2 Mio. DM, nämlich etwa 4,3 Mio. DM, zurückzahlen lassen. Auf diese Weise war von dem insgesamt aufgebrachten Kapital des Fonds in Höhe von 12,25 Mio. DM weniger als die Hälfte in das Bauvorhaben geflossen.

Nachdem diese Vorgänge bekannt geworden waren, erklärte die Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 6. Juni 1997 gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Darlehensvertrages wegen arglistiger Täuschung. Am 7. Juli 2000 kündigte sie ihre Mitgliedschaft in der Fondsgesellschaft.

Die Klägerin verlangt mit der Klage Rückzahlung des Darlehens einschließlich eines Disagios und einer Bearbeitungsgebühr, insgesamt 144.587,63 DM. Die Beklagte fordert widerklagend Rückgewähr der an die Klägerin gezahlten Zinsen von 38.591,95 DM, sowie die gerichtliche Feststellung, daß das Pfandrecht, das sie der Klägerin zur Sicherung aller Forderungen an ihren im Depot des F. befindlichen Wertpapieren eingeräumt hat, erloschen ist.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision will die Beklagte die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin auf Grund der Widerklage erreichen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Die Beklagte braucht der Klägerin keine weiteren Zahlungen zu leisten und hat umgekehrt gegen sie einen Anspruch auf Rückgewähr ihrer bereits erbrachten Leistungen. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner hier maßgebenden bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung.

1. Das Berufungsgericht geht mit Recht davon aus, daß der Beitritt der Beklagten zur Fondsgesellschaft und der zu seiner Finanzierung geschlossene Darlehensvertrag der Parteien ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG sind. Nach der Rechtsprechung des Senats erfüllen der Beitritt zu einer Anlagegesellschaft und der ihn finanzierende Kreditvertrag die Voraussetzungen eines Verbundgeschäfts, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; ebenso Entscheidungen v. 14. Juni 2004 in den Sachen II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Klägerin hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt.

2. Von Rechtsfehlern beeinflußt ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagten stünden keine Rechte zu, die sie der Klägerin nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG entgegen halten könne.

Die Beklagte kann sich, ohne daß es auf die Kündigung ihrer Fondsmitgliedschaft und deren vom Berufungsgericht - zu Unrecht - angenommene Verfristung oder Verwirkung (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 1592, 1594 f.) ankäme, der Klägerin gegenüber nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG dar- auf berufen, daß ihr gegen die Gründuungsgesellschafter des Fonds, die Do. GmbH und W. Gr., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v. 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852).

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 14. Juni 2004 in den Sachen II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406 entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus der Bank alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind. Wie dem Senat aus einer Reihe von Parallelverfahren bekannt ist und die Beklagte unter Einreichung einer Urteilskopie unbestritten vorgetragen hat, ist W. Gr. wegen Kapitalanlagebetrugs, u.a. im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Fonds 14, rechtskräftig verurteilt worden. Anhaltspunkte dafür, daß die Verurteilung zu Unrecht erfolgt sein oder gerade die Beklagte nicht zu den Betrugsopfern gehört haben könnte, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

3. Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).

Danach hat die Beklagte der Klägerin nur die Fondsbeteiligung und in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die Do. GmbH und W. Gr. abzutreten. Die Darlehensvaluta, die nicht an sie, sondern an den Treuhänder geflossen ist, braucht die Beklagte der Klägerin nicht zurückzuzahlen. Sie kann im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) Rückgewähr der von ihr auf Grund des Darlehensvertrages an die Klägerin erbrachten Leistungen verlangen, sofern sie aus ihrem eigenen Vermögen und nicht aus den Erträgnissen des Fonds stammten (Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407). Außerdem ist ihr Feststellungsbegehren jedenfalls insoweit begründet, als das Pfandrecht hinsichtlich eines der Klageforderung (144.587,63 DM = 73.926,48 €) entsprechenden Betrages erloschen ist.

II. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil nicht festgestellt ist, ob und in welchem Umfang die Beklagte aus der Gesellschaftsbeteiligung Vermögensvorteile erlangt hat. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht außerdem Gelegenheit, nach Maßgabe der Urteile des Senats vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407) zu klären, ob die Beklagte, wie die Klägerin behauptet, in den Genuß von Steuervorteilen gekommen ist, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüberstehen und die deshalb im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen sind.



Ende der Entscheidung

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