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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.12.2004
Aktenzeichen: II ZR 409/02
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 11
GmbHG § 15
a) Vor der Eintragung einer GmbH in das Handelsregister bestehen noch keine Geschäftsanteile. Ein Gesellschafterwechsel in der Vorgesellschaft ist daher nur durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages möglich.

b) Auf einen fehlerhaften Gesellschafterwechsel in der Vorgesellschaft sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anwendbar.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 409/02

Verkündet am: 13. Dezember 2004

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Kraemer, Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Caliebe

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten und unter Zurückweisung der Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 11. Juli 2002 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stendal vom 22. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin schloß mit der nicht im Handelsregister eingetragenen Z. GmbH einen Subunternehmervertrag, aus dem ihr ein Restwerklohn i.H.v. 34.991,34 € zusteht. Die Z. GmbH war am 15. Juli 1997 von den Gesellschaftern Za., K., A. und M. Kr. gegründet worden.

Jeder Gesellschafter sollte einen Geschäftsanteil i.H.v. 12.500,00 DM übernehmen. M. Kr. übertrug ihren Anteil teilweise auf den Mitgesellschafter Za. und teilweise auf ihren Ehemann B. Kr.. Dieser erklärte sodann seinen Austritt aus der Gesellschaft. Nach zwischenzeitlichem Abschluß des Subunternehmervertrages mit der Klägerin übertrug Za. mit notariellem Vertrag vom 16. Januar 1998 seinen Anteil teilweise, nämlich i.H.v. 10.000,00 DM, auf den Beklagten. Der Anteil von B. Kr. und weitere Teil-Anteile der übrigen Gesellschafter wurden auf einen weiteren Erwerber N. übertragen. Auf diese Weise sollten Za., K., A., der Beklagte und N. mit je 10.000,00 DM an der Gesellschaft beteiligt sein. Noch am 16. Januar 1998 hielten diese Personen eine Gesellschafterversammlung ab.

Auch in der Folgezeit kam es nicht zu der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister. Am 9. April 1998 stellte die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit ein. Ein Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens wurde mangels Masse abgelehnt. Mit Schreiben vom 27. Mai 1998 erklärte der Beklagte die Anfechtung seiner Beitrittserklärung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung.

Die Klägerin meint, der Beklagte sei Mitglied der Vorgesellschaft geworden und hafte als solches für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich. Dementsprechend nimmt sie ihn auf Zahlung des Restwerklohns in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr i.H.v. 1/5, nämlich 6.998,27 €, stattgegeben. Dagegen richten sich die in dem angefochtenen Urteil zugelassenen Revisionen beider Parteien.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Rechtsmittel des Beklagten hat dagegen Erfolg und führt zur vollständigen Klageabweisung.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte sei nicht Gesellschafter der Z. GmbH in Gründung geworden, weil in dem Gründungsstadium einer GmbH eine Anteilsübertragung unwirksam sei und ein neuer Gesellschafter nur durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages aufgenommen werden könne, zu der es hier nicht gekommen sei. Dennoch hafte der Beklagte, weil er sich nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft wie ein Gesellschafter der Vorgesellschaft behandeln lassen müsse. Die Gesellschaft sei werbend tätig gewesen. Auf die Anfechtbarkeit der Beitrittserklärung komme es nicht an, weil die Anfechtung jedenfalls nur für die Zukunft wirksam sein könne. Nach den somit anwendbaren Grundsätzen der Verlustdeckungshaftung der Vorgesellschafter hafte der Beklagte für die Schulden der Vorgesellschaft unbeschränkt, allerdings nur anteilmäßig entsprechend seiner Beteiligung an der Gesellschaft. Da die Gesellschaft vermögenslos sei, bestehe insoweit eine Außenhaftung im Verhältnis zu den Gesellschaftsgläubigern.

II. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

1. Zutreffend und von den Revisionen auch nicht beanstandet ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei nicht Gesellschafter der Vorgesellschaft geworden. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht vor der Eintragung der GmbH noch kein Geschäftsanteil, der übertragen werden kann. Möglich ist nur die Übertragung des künftigen Geschäftsanteils, die aber erst mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister wirksam wird. Zuvor ist eine Veränderung des Gesellschafterkreises nur durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages möglich (BGHZ 29, 300, 303; Sen.Urt. v. 27. Januar 1997 - II ZR 123/94, NJW 1997, 1507, insoweit in BGHZ 134, 333 nicht abgedruckt). Eine solche Vertragsänderung ist hier nicht erfolgt, weil nicht alle Mitglieder der Vorgesellschaft an der notariellen Vereinbarung vom 16. Januar 1998 beteiligt waren. Es fehlte M. Kr., die ihre Mitgliedschaft wiederum nicht wirksam auf den Mitgesellschafter Za. und ihren Ehemann B. Kr. übertragen hatte. Selbst wenn seinerzeit eine Änderung des Gesellschaftsvertrages beabsichtigt gewesen sein sollte, fehlte es für deren Wirksamkeit an der notariellen Beurkundung, wie das Berufungsgericht fehlerfrei festgestellt hat.

2. Unzutreffend ist aber die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft wie ein Gesellschafter der Vorgesellschaft zu behandeln.

Für den Fall einer mit einem Rechtsmangel behafteten Übertragung eines GmbH-Anteils hat der Senat unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung angenommen, daß die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anwendbar sind, die Anteilsübertragung also von Anfang an unwirksam ist (Sen.Urt. v. 22. Januar 1990 - II ZR 25/89, NJW 1990, 1915, 1916; v. 27. März 1995 - II ZR 3/94, ZIP 1995, 1085, 1086; anders noch Sen.Urt. v. 13. März 1975 - II ZR 154/73, WM 1975, 512, 514). Die Gesellschaft ist lediglich nach § 16 Abs. 1 GmbHG berechtigt und verpflichtet, denjenigen als Gesellschafter zu behandeln, der als Erwerber des Geschäftsanteils bei ihr angemeldet ist. Damit ist ihrem Schutzbedürfnis in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Eines zusätzlichen Schutzes durch die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft bedarf es nicht.

Das Berufungsgericht hat gemeint, diese Rechtsprechung sei auf die fehlerhafte Anteilsübertragung in einer Vorgesellschaft nicht übertragbar, weil sie auf nur für die eingetragene GmbH geltende Vorschriften abstelle (ebenso für das Personengesellschaftsrecht Hopt in Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. § 105 Rdn. 94; anders K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. § 6 V 2 b; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 705 Rdn. 374). Dem ist nicht zu folgen. Auf die Vorgesellschaft sind die für die GmbH geltenden Regeln anzuwenden, soweit sie nicht eine Eintragung im Handelsregister voraussetzen. Diese Ausnahme greift hier nicht ein. Das Erfordernis einer Gesellschaftsvertragsänderung zur Auswechslung eines Gesellschafters setzt gerade voraus, daß die Gesellschaft noch nicht im Handelsregister eingetragen ist.

Danach ist der Beklagte nicht wie ein Gesellschafter der Z. GmbH in Gründung zu behandeln. Als er und der Gesellschafter Za. am 16. Januar 1998 die Anteilsübertragung vereinbarten, bestand die Gesellschaft noch als Vorgesellschaft. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts wurde die Eintragung in das Handelsregister nämlich jedenfalls noch bis zum 30. Januar 1998 betrieben.

3. An dieser Rechtslage hat sich in der Folgezeit nichts geändert. Zwar hat die Vorgesellschaft ihre Absicht, die Gesellschaftsgründung in das Handelsregister eintragen zu lassen, aufgegeben. Damit mag sie zu einer OHG oder GbR geworden sein (vgl. Senat, BGHZ 80, 129, 142 f.; offen gelassen in BGHZ 134, 333, 341). Der Kreis der Gesellschafter hat sich dadurch aber nicht verändert.

4. Nach allem kommt allein eine Haftung des Beklagten nach Rechtsscheinsgrundsätzen in Betracht. Aber auch deren Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Dabei kann offen bleiben, ob der Beklagte durch die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung vom 16. Januar 1998 oder durch ein späteres Verhalten nach außen den Rechtsschein gesetzt hat, Gesellschafter der Vorgesellschaft zu sein, oder ob es sich dabei nur um interne, allein die Gesellschafter betreffende Vorgänge gehandelt hat. Denn jedenfalls hat die Klägerin nicht auf einen etwaigen Rechtsschein vertraut. Der Subunternehmervertrag, aus dem sie ihren Anspruch herleitet, war schon zuvor geschlossen worden.

Ende der Entscheidung

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