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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.11.2008
Aktenzeichen: III ZB 59/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1025 Abs. 2
ZPO § 1032 Abs. 2
ZPO § 574 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

III ZB 59/07

vom 27. November 2008

in dem Verfahren auf Feststellung der Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dörr, Galke, Dr. Herrmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 26. Zivilsenat - vom 20. Juli 2007 - 26 SchH 3/06 - wird als unzulässig verworfen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Streithelfer, die diesen zur Last fallen.

Der Streitwert wird auf 461.233 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die ihr in der Vorinstanz beigetretenen Streithelfer begehren nach § 1025 Abs. 2 in Verbindung mit § 1032 Abs. 2 ZPO die Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens, das von der Antragsgegnerin auf der Grundlage eines in englischer Sprache abgefassten Managementvertrages wegen eines Schadensersatzanspruchs von 1.383.700 € beim ICC International Court of Arbitration mit dem Schiedsort Brüssel anhängig gemacht worden ist. Der Vertrag enthält unter der Nummer 19.1 (Applicable Law) eine Rechtswahlklausel für das belgische Recht und unter der Nummer 19.2 (Arbitration) eine Schiedsklausel, nach der die sich aus dem Vertrag ergebenden Streitigkeiten gemäß der Vergleichs- und Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer von einem oder mehreren gemäß dieser Ordnung ernannten Schiedsrichtern endgültig entschieden werden, belgisches Recht anwendbar ist und der Schiedsort in Brüssel liegt. Das Schiedsgericht hat sich noch nicht konstituiert. Die Antragstellerin, der während der Vertragsverhandlungen ein in deutscher Sprache abgefasster Mustervertrag vorgelegen hatte, in dem unter den Nummern 19.1 und 19.2 jeweils die Anwendung des deutschen (materiellen und Verfahrens-)Rechts vorgesehen war, hat den Managementvertrag durch anwaltliches Schreiben vom 10. September 2006 wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und unter jedwedem weiteren rechtlichen Gesichtspunkt angefochten.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.

II.

Die nach § 1065 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).

1. Die Rechtsbeschwerde hält die Frage für grundsätzlich, ob bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung hinsichtlich des anzuwendenden Rechts allein auf das Verfahrensrecht und nicht auch auf das vom Schiedsgericht anzuwendende materielle Recht abzustellen sei. Hierauf kommt es indes nicht an.

Das Oberlandesgericht ist - unter Bezugnahme auf § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO, der einem allgemeinen Rechtsprinzip der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit entspricht (vgl. Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, Anhang § 1061 Rn. 39, § 1040 Rn. 3) - zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Schiedsklausel als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung darstellt, deren Wirksamkeit unabhängig vom Bestand des Hauptvertrags zu beurteilen ist. Danach ist die Wirksamkeit einer Schiedsabrede, nach der ein Schiedsgericht über Streitigkeiten aus einem Vertrag entscheiden soll, bei Unwirksamkeit dieses Hauptvertrags nicht nach § 139 BGB zu beurteilen (vgl. Senatsurteil vom 6. Juni 1991 - III ZR 68/90 - NJW 1991, 2215, 2216). Das schließt freilich im Einzelfall, wie der Senat bereits durch Beschluss vom 23. Mai 1991 (III ZR 144/90 - BGHR ZPO § 1025 Wirksamkeit 1) entschieden hat, nicht aus, dass eine Schiedsvereinbarung in den Fällen des § 123 BGB anfechtbar ist, wenn die für den Abschluss des Hauptvertrags ursächliche Drohung oder Täuschung auch ihren Abschluss unmittelbar beeinflusst hat.

Dies hat das Oberlandesgericht schon deshalb verneint, weil die Antragstellerin nicht hinreichend dargelegt habe, dass ein zur Anfechtung berechtigender Inhaltsirrtum oder eine arglistige Täuschung für den Abschluss der Schiedsvereinbarung ursächlich gewesen sein könnten. Es hat in diesem Zusammenhang hervorgehoben, auch die in dem in deutscher Sprache abgefassten Mustervertrag enthaltene Schiedsklausel habe die Vergleichs- und Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer mit dem Schiedsort Brüssel vorgesehen, so dass die (ergänzende) Anwendung des belgischen Verfahrensrechts von keiner oder nur ganz untergeordneter Bedeutung sei. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Insbesondere ergibt sich hieraus keine Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Vielmehr durfte das Oberlandesgericht das Beweisanerbieten der Antragstellerin, sie hätte den Vertrag bei Kenntnis der einseitigen Änderung der Klauseln in den Nummern 19.1 und 19.2 "so nicht unterzeichnet", als nicht hinreichend substantiiert ansehen. Im Übrigen hat das Oberlandesgericht die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung sowohl nach deutschem als auch nach belgischem Recht beurteilt.

2. Soweit das Oberlandesgericht die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung am Maßstab des § 305c Abs. 1 BGB geprüft und bejaht hat, hält die Beschwerde es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine überraschende oder ungewöhnliche Klausel nur dann zur Unwirksamkeit führe, wenn sie zusätzlich den Vertragspartner benachteilige. Diese Frage stellt sich nicht, da das Oberlandesgericht die Anwendung des § 305c Abs. 1 BGB nach dem Verständnis des Senats allein deshalb abgelehnt hat, weil es angesichts der im Einzelnen näher erörterten Umstände an einer überraschenden Klausel fehlte. Die Notwendigkeit einer "zusätzlichen Benachteiligung" hat das Oberlandesgericht seiner Beurteilung nicht zugrunde gelegt, sondern insoweit lediglich auf Unterschiede aufmerksam gemacht, die zwischen dem von ihm entschiedenen Fall und einer vom Oberlandesgericht Düsseldorf (ZIP 1994, 288) entschiedenen Konstellation bestehen.

3. Auch im Übrigen weist die angefochtene Entscheidung keine zulassungsrelevanten Rechtsfehler auf.

4. Der Senat hat den Beschwerdewert nach § 3 ZPO mit einem Drittel der im Schiedsverfahren verfolgten Forderung bemessen.



Ende der Entscheidung

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