Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: III ZR 101/08
Rechtsgebiete: PrFischG


Vorschriften:

PrFischG § 23
§ 23 PrFischG ist nur auf selbständige, vom Eigentum am Gewässergrundstück getrennte Fischereirechte, nicht aber auf das Eigentümerfischereirecht anwendbar.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 11. Dezember 2008

durch

den Vorsitzenden Richter Schlick und

die Richter Dr. Wurm, Dr. Herrmann, Wöstmann und Hucke

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. März 2008 - 19 U 102/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Streitwert: 25.000 EUR.

Gründe:

Die gemeinsamen Vorfahren der Parteien, August und Emilie H. , waren Eigentümer von Grundstücken, auf denen sich die große und die kleine Talsperre D. sowie die Anwesen D. und R. befanden.

Mit notariellem Vertrag vom 12. September 1922 verkauften die Eigentümer ihrem Sohn Ernst H. - dem Großvater des Klägers - mehrere Grundstücke, zu denen das Anwesen D. zählte. Dabei sollten auch Flurstücke, auf denen unter anderem die große Talsperre belegen war, geteilt werden. Die außerhalb dieses Gewässers befindlichen Teile sollten ebenso wie die kleine Talsperre dem Erwerber übertragen werden. Weiter war in dem Vertrag vereinbart, dass die Fischereirechte der großen und der kleinen Talsperre sowie das Recht, diese Gewässer gewerbsmäßig zu Sportzwecken, insbesondere zum Befahren mit Booten, zu nutzen, an Ernst H. mitveräußert werde. Der Kläger betreibt am kleinen Stausee eine Gastwirtschaft und eine Vermietung von Ruder- und Tretbooten. Mit notariellem Vertrag vom 19. Dezember 1922 verkauften August und Emilie H. ihrem zweiten Sohn Walter H. - dem Vater der Beklagten - Grundstücke im Bereich des Anwesens R. , unter anderem die Parzellen, auf denen die große Talsperre belegen ist. Dort unterhält die Beklagte ein Wasserkraftwerk.

Im Wasserbuch des M. baches, der die große und die kleinen D. bildet, waren seit 1921 beziehungsweise 1933 Fischereirechte zu Gunsten des Großvaters des Klägers eingetragen, die 1967 und 1976 in das jeweilige aktuelle Wasserbuch übertragen wurden.

Der Kläger und seine Rechtsvorgänger nutzten unter zwischen den Parteien im Einzelnen umstrittenen Umständen auch das Gewässer der großen Talsperre für Zwecke der Fischerei und im Rahmen der Bootsvermietung.

Unter dem 1. März 2003 verpachtete die Beklagte das Fischereirecht der großen Talsperre an einen Dritten. Mit Datum vom 27. August 2003 erhielt sie eine wasserrechtliche Bewilligung zur Anstauung des M. baches, um ihr Wasserkraftwerk weiter betreiben zu können. Der Bewilligungsbescheid enthält als Auflage unter anderem das Verbot, die große D. talsperre mit Freizeitbooten zu befahren. Daraufhin blockierte die Beklagte die Durchfahrt für Boote von der kleinen in die große Talsperre.

Der Kläger ist der Auffassung, er sei im Wege der Erbfolge Inhaber des Fischereirechts auch im Bereich der großen Talsperre geworden. Zudem habe er das Recht, das Gewässer seinen Bootsmietern zum Befahren zur Verfügung zu stellen. Seine auf Unterlassung der Verpachtung von Fischereirechten, Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie auf Unterlassung des Versperrens der Bootsdurchfahrt gerichtete Klage hat in erster Instanz hinsichtlich der Fischereirechte Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat das gegen die Teilabweisung gerichtete Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die vom Oberlandesgericht versagte Zulassung der Revision gegen das Berufungsurteil.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1.

Zu dem vom Kläger beanspruchten Fischereirecht hat das Berufungsgericht ausgeführt, das 1917 in Kraft getretene Preußische Fischereigesetz vom 11. Mai 1916 (PrFischG) habe der in dem Kaufvertrag vom 12. September 1922 vorgesehenen Abspaltung eines selbständigen Fischereirechts vom Grundstückseigentum an der großen Talsperre entgegengestanden. Dadurch, dass das Eigentum des August H. und seiner Ehefrau an den Gewässergrundstücken mit dem Fischereirecht zusammengefallen sei, sei dieses Recht, sofern es zuvor selbständig bestanden habe, mit Inkrafttreten des Preußischen Fischereigesetzes gemäß § 24 PrFischG als besonderes Recht erloschen. Dem Kläger komme auch nicht § 23 PrFischG ("Ein Fischereirecht, das mit dem Eigentum an einem Grundstücke verbunden ist, verbleibt bei dessen Teilung, wenn nichts anderes in der Form des § 19 vereinbart wird, der ältesten Hofstelle und, wenn eine solche nicht vorhanden ist, dem größten Teilgrundstücke, bei einer Teilung in gleiche Teile dem Teilgrundstücke, das die Fischereibehörde bestimmt. Eine Vereinbarung, nach der das Fischereirecht mit mehreren Teilgrundstücken verbunden bleiben soll, ist nichtig.") zugute. Diese Regelung habe lediglich Fischereirechte betroffen, die als dingliche Rechte mit einem Grundstück nur verbunden gewesen seien, die also nicht mit dem Eigentum an dem betreffenden Gewässer zusammengefallen seien und sich im Eigentümerfischereirecht vereinigt hätten. Der Kläger habe ein Fischereirecht im Bereich der oberen Talsperre auch nicht gewohnheitsrechtlich erlangt.

2.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Beschwerde nimmt die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Erlöschen des vormals selbständigen Fischereirechts an den Grundstücken gemäß § 24 PrFischG - mit Recht -hin (vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 7. Oktober 1964 - V ZR 116/62 - LM Nr. 3 zum PrFischG, Bl. 1 R), hält jedoch den Anwendungsbereich des § 23 PrFischG für klärungsbedürftig. Der Kläger meint, im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts habe diese Vorschrift auch dann eingegriffen, wenn ein vom Eigentum getrenntes selbständiges Fischereirecht nicht (mehr) existiert habe. Die Rechtsfrage ist, obgleich das Preußische Fischereigesetz trotz seiner Ablösung durch die Fischereigesetze der betroffenen Länder teilweise noch fortwirkt, nicht klärungsbedürftig. Sie ist nicht umstritten, vielmehr eindeutig - zum Nachteil des Klägers - zu beantworten.

a)

Zwar ist die Rechtsfrage, soweit ersichtlich, höchstrichterlich nicht entschieden worden. Die einschlägige obergerichtliche Rechtsprechung und Literatur gingen aber einhellig von der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung über den Anwendungsbereich des § 23 PrFischG aus (vgl. PrOVGE Kurzausgabe, Gruppe VIII, S. 156, 158 ff; Bergmann, Fischereirecht, in: von Brauchitsch, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. VI - Ergänzungsband, 4.4.8.7.; Born, Das preußische Fischereigesetz [1928], § 23 Anm. 1 [1. und 2. Absatz]; Delius, Das preußische Fischereigesetz, 2. Aufl. [1929], § 18 Anm. 1 und § 23 Anm. 1 a.E.; Görcke, Das Preußische Fischereigesetz [1918], § 22 Anm.*).

b)

Auch die Gesamtschau von Wortlaut, dem aus den Gesetzgebungsmaterialien ersichtlichen historischen Willen des Gesetzgebers und der Gesetzessystematik stützt allein die Auffassung des Berufungsgerichts.

aa)

Bereits der Gesetzeswortlaut des § 23 PrFischG, nach dem nur Fischereirechte erfasst wurden, die "mit dem Eigentum an einem Grundstücke verbunden" waren, legt nahe, dass hiermit keine Eigentümerfischereirechte gemeint waren. Diese stellen gerade einen Ausfluss aus dem Eigentum dar und sind daher nicht mit diesem "verbunden" (RGZ 94, 33 ,34; PrOVGE aaO S. 158 f). Auch im Übrigen bezog sich der Begriff des mit dem Eigentum verbundenen Fischereirechts im Preußischen Fischereigesetz stets auf subjektivdingliche Rechte, also auf selbstständige Fischereirechte, die dem Eigentümer eines herrschenden Grundstücks zustanden (vgl. Senatsurteil vom 9. Juni 1969 - III ZR 231/65 - MDR 1969, 916, 917; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1964 aaO; PrOVGE aaO, S. 159).

bb)

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs des Preußischen Fischereigesetzes regelte der Abschnitt der "§§ 18 bis 25" PrFischG (nur) die Übertragbarkeit der auch nach Inkrafttreten des Gesetzes fortbestehenden, nicht auf dem Eigentum am Gewässer beruhenden Fischereirechte (Begründung des Entwurfs eines Fischereigesetzes, Anlagen zu den stenografischen Berichten über die Verhandlungen des Herrenhauses, Session 1916, Aktenstück Nr. 12, S. 44). Die Entwurfsbegründung hob zudem als allgemeinen Grundsatz hervor, dass das Fischereirecht dem Eigentümer des Gewässers zustehen solle. Hiervon sollten nur in den Fällen Ausnahmen zu machen sein, die unvermeidbar seien, um nicht in bestehende Rechte einzugreifen (aaO S. 38). Die Belastung eines Gewässers mit neuen Fischereirechten sollte hingegen rechtlich ausgeschlossen werden, um einer weiteren Zersplitterung der Fischereirechte vorzubeugen (aaO S. 44 zu § 17 PrFischG-E). Insbesondere sollte ein mit dem Eigentum am Gewässer vereinigtes Fischereirecht nicht mehr von diesem getrennt werden können, da dies dem vorgenannten, in § 17 PrFischG niedergelegten Grundsatz widerspräche, dass ein Gewässer mit neuen Fischereirechten nicht belastet werden solle (aaO S. 45 zu §§ 18 bis 25 PrFischG-E). Mit diesen Anliegen des Gesetzgebers ist die von der Beschwerde für richtig gehaltene Auslegung des § 23 PrFischG unvereinbar, da sie zu einer Neubegründung selbständiger Fischereirechte führen würde.

Auch in der Beratung des Entwurfs durch die Kommission des Herrenhauses wurde betont, dass von dem Grundsatz, nach dem das Fischereirecht Ausfluss des Eigentumsrechts sei, nur in den Fällen Ausnahmen bestehen sollten, in denen bereits am 30. April 1914 Fischereirechte an fremden Grundstücken bestanden hätten (Bericht der X. Kommission des Herrenhauses zu dem Entwurf eines Fischereigesetzes, Anlagen zu den stenografischen Berichten über die Verhandlungen des Herrenhauses, Session 1916, Aktenstück Nr. 27A, S. 2). Der Grundeigentümer dürfe sich seines Fischereirechts ohne die gleichzeitige Übertragung des Eigentumsrechts an seinem Grundstück nicht mehr entäußern können (aaO S. 4).

In den Beratungen des Abgeordnetenhauses zu dem infolge der Schließung des Landtags im Juni 1915 erledigten Entwurf des Preußischen Fischereigesetzes von 1914, der 1916 im wesentlichen unverändert erneut eingebracht wurde (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs aaO S. 33; Bericht der X. Kommission aaO, S. 1), war ebenfalls hervorgehoben worden, es stelle den Kardinalpunkt der Gesetzesvorlage dar, dass sie grundsätzlich allein dem Gewässereigentümer das Fischereirecht zuweise (Bericht der 16. Kommission des Abgeordnetenhauses über den Entwurf eines Fischereigesetzes, Anlagen zu den stenografischen Berichten, Sammlung der Drucksachen, Session 1914/15, Drucksache Nr. 725A, S. 4999 f, 5019 f, 5030).

bb)

Diese gesetzgeberischen Intentionen haben in den vorerwähnten §§ 17, 24 PrFischG und in § 8 Abs. 1 PrFischG, nach dem vom Eigentum selbständige Fischereirechte nur aufrechterhalten blieben, soweit sie am 30. April 1914 bestanden hatten, Ausdruck gefunden. Gegen die vom Kläger für richtig gehaltene Auslegung des § 23 PrFischG spricht zudem § 11 Abs. 2 PrFischG. Nach Nummer 1 dieser Bestimmung erloschen Fischereirechte, die nicht dem Eigentümer des Gewässers zustanden, mit Ablauf von zehn Jahren ab Inkrafttreten des Gesetzes, wenn die in Absatz 1 dieser Bestimmung vorgesehene Eintragung in das Wasserbuch nicht vorher beantragt wurde. Der Beschränkung der Möglichkeit der rechtserhaltenden Eintragung eines selbständigen Fischereirechts im Wasserbuch auf den Zeitraum von zehn Jahren nach Inkrafttreten des Preußischen Fischereigesetzes ist zu entnehmen, dass sich Nummer 1 des § 11 Abs. 2 PrFischG lediglich auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens fortbestehende selbständige Rechte bezog, jedoch nicht auf neue, vom Eigentum getrennte Fischereirechte, die grundsätzlich nicht mehr entstehen sollten. Soweit dies ausnahmsweise doch gemäß § 9 PrFischG (Inanspruchnahme des Eigentums an einem Wasserlauf durch den Staat unter Aufrechterhaltung des Fischereirechts des vormaligen Eigentümers) oder § 10 Abs. 1 und 2 PrFischG (Übergang bereits bestehender vom Eigentum getrennter Fischereirechte auf neue Grundstücke, wenn sich der Wasserlauf ändert) der Fall sein konnte, kam es für die Frist zur rechtserhaltenden Eintragung des selbständigen Fischereirechts im Wasserbuch gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 9 PrFischG auf die Zustellung des Bescheides an, in dem der Berechtigte auf die Folge der Nichteintragung hingewiesen wurde, und gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 10 Abs. 1 und 2 PrFischG auf den Zeitpunkt des Entstehens des Fischereirechts an dem neuen Gewässergrundstück. Daraus, dass eine entsprechende Sonderregelung für die Fälle des § 23 PrFischG nicht vorgesehen war, ist zu schließen, dass die in dieser Bestimmung geregelten Fischereirechte bereits von § 11 Abs. 1 Nr. 1 PrFischG erfasst waren, der sich nur auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Preußischen Fischereigesetzes bereits bestehende und fortgeltende selbständige Fischereirechte bezog.

3.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO ab.

Ende der Entscheidung

Zurück