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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: III ZR 128/05
Rechtsgebiete: BeurkG, BGB, ZPO


Vorschriften:

BeurkG § 17
BGB § 254
BGB § 2113 Abs. 1
ZPO § 544 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZR 128/05

vom 30. März 2006

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 28. April 2005 - 11 U 40/04 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gegenstandswert: 61.866,65 €

Gründe:

Eine Zulassung der Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).

1. Mit Recht ist das Berufungsgericht von einer Belehrungspflicht des Beklagten auch dem Kläger gegenüber ausgegangen. Der Kläger war Partei des Erbvertrags und als solcher an der Beurkundung formell beteiligt. Damit erstreckte sich der Schutzbereich der Prüfungs- und Belehrungspflichten des Notars gemäß § 17 BeurkG zugleich auf seine Person. Es konnte deswegen nicht ausreichen, dass sich der Beklagte hinsichtlich der gewünschten und notwendigen Sicherungen für die verschiedenen Leistungspflichten von den Vorstellungen - nur - der Vorerbin leiten ließ, wie die Beschwerde geltend macht, vielmehr hatte er den Kläger in gleicher Weise zu belehren und zu beraten. Eine Belehrung des Klägers ist nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aber unterblieben. Auf die Beweisaufnahme des Landgerichts zu den Wünschen der Vorerbin und die von der Nichtzulassungsbeschwerde dabei aufgeworfene Frage einer Wiederholung der Beweisaufnahme kam es aus diesen Gründen nicht entscheidend an.

2. Richtig ist ferner, dass der Kläger durch die Bewilligung der Löschung des zu seinen Gunsten eingetragenen Nacherbenvermerks eine Sicherung aufgegeben und dadurch eine ungesicherte Vorleistung erbracht hat. Anders läge es nur, wenn die Vorerbin von den Verfügungsbeschränkungen des § 2113 Abs. 1 BGB befreit gewesen wäre (§ 2136 BGB). Dazu war in den Tatsacheninstanzen jedoch nichts vorgetragen; die Nichtzulassungsbeschwerde kann dies auch nicht unter Hinweis auf Indizien (Verpflichtung der Vorerbin im Erbvertrag, Verfügungen über die Grundstücke zu unterlassen) nachholen. Dass der Kläger nach dem Eintritt des Nacherbfalles zur Auflassung der Grundstücke nur gegen Erfüllung seiner eigenen Zahlungsansprüche verpflichtet ist, steht nicht entgegen. Denn beide Grundstücke dienten zur Absicherung der erforderlichen Investitionen.

3. Bei ungesicherten Vorleistungen trifft den Notar nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine doppelte Belehrungspflicht: Er hat zum einen über mögliche Folgen zu belehren, die eintreten können, wenn der durch die Vorleistung Begünstigte unfähig ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen, und zum anderen Wege aufzuzeigen, auf welche Weise diese Risiken vermieden werden können (Senatsurteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 77/03 - NJW-RR 2004, 1071, 1072; BGH, Urteil vom 10. März 2005 - IX ZR 73/01 - NJW-RR 2005, 1292; jeweils m.w.N.).

Das Berufungsgericht hält als alternative Sicherung die Stellung einer Bankbürgschaft von Seiten des H. -H. M. zugunsten seiner Brüder für möglich. Ob dies verfahrensrechtlich einwandfrei festgestellt ist, mag dahinstehen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eröffnet in diesem Bereich lediglich eine eingeschränkte Überprüfung, insbesondere - mit Blick auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung - dahin, ob das Berufungsgericht den verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) beachtet hat. Für dessen Verletzung besteht hier indes kein Anhalt. Das Oberlandesgericht hat sich, wie verfassungsrechtlich geboten, mit dem Vorbringen des Beklagten, H. -H. M. hätte wegen der vordringlich notwendigen Investitionen keine (weiteren) Bankbürgschaften erhalten, befasst, dies gewürdigt und den Vortrag in Anwendung einfachen Rechts für zumindest unsubstantiiert, außerdem für widersprüchlich gehalten. Für eine Verweigerung von Bankbürgschaften hat das Berufungsgericht angesichts der grundsätzlichen Kreditwürdigkeit des Zahlungspflichtigen keinen sachlichen Grund gesehen; notfalls hätte der Investitionsrahmen vorübergehend ermäßigt werden können. Das ist jedenfalls nicht objektiv willkürlich und von der Nichtzulassungsbeschwerde deswegen hinzunehmen. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, sich mit jeder Einzelheit des Parteivorbringens ausdrücklich zu befassen (BVerfGE 96, 205, 216 f.).

4. Soweit schließlich der Kläger mit Ansprüchen gegen seinen Bruder H. -H. M. wegen des über dessen Vermögen eröffneten Insolvenzverfahrens ausgefallen ist, geht es nicht um eine anderweitige Ersatzmöglichkeit, sondern um die Ermittlung des Schadensumfangs. Der von der Beschwerde erhobene Vorwurf, der Kläger habe es schuldhaft unterlassen, alsbald von seinem Bruder die nach dem Erbvertrag statt der Zahlung von 80.000 DM mögliche Leistung von Tischlerarbeiten einzufordern, wäre darum allenfalls unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB von Bedeutung. Diese Beurteilung ist indes eine Frage des Einzelfalls und gibt keine Veranlassung, in einem Revisionsverfahren allgemeine Rechtsgrundsätze über den Umfang der Notarhaftung aufzustellen. Entsprechendes gilt für die sonstigen Punkte der Schadensberechnung.

5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO ab.

Ende der Entscheidung

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