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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.03.2002
Aktenzeichen: III ZR 137/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 157 C

Entscheidung wurde am 07.05.2002 korrigiert: Version aus KW 12/02 wegen nicht vollständiger Anonymisierung ersetzt
Zur Auslegung eines Vertrages, durch den der Landkreis sich gegenüber einem Kompostwerk verpflichtet, den Bio-Abfall "im gesamten Kreisgebiet nach Maßgabe der satzungsmäßigen Vorgaben" getrennt zu sammeln.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 137/01

Verkündet am: 7. März 2002

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 3. April 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an den 7. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt in N. ein Kompostwerk. Sie hatte im April 1994 mit dem beklagten Landkreis einen Vertrag über die Anlieferung gesammelten Bio-Abfalls durch den Beklagten und die (nach Ablauf einer gewissen Übergangszeit entgeltliche) Abnahme desselben durch die Klägerin geschlossen; es war jedoch zu einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit dieses Vertrages gekommen.

Zur Erledigung dieses Rechtsstreits schlossen die Parteien am 19. Dezember 1997 eine neue Vereinbarung. Darin übernahm es die Klägerin, die gesamten im Kreisgebiet von dem Beklagten getrennt gesammelten Bio-Abfälle anzunehmen, um sie in ihrer Anlage durch Kompostierung zu verwerten und den Kompost zu vermarkten. Der Beklagte verpflichtete sich seinerseits, "seinen gesamten im Kreisgebiet getrennt gesammelten Bio-Abfall ausschließlich der (Klägerin) anzudienen" (§ 4 Abs. 1 des Vertrages), mit dem Zusatz (§ 4 Abs. 1 Satz 2):

"Auf § 2 Abs. 2 wird verwiesen."

§ 2 Abs. 2 des Vertrages lautet:

"Die getrennte Sammlung des Bio-Abfalles erfolgt im gesamten Kreisgebiet nach Maßgabe der satzungsmäßigen Vorgaben (derzeit die Kreislaufwirtschafts- und Abfallsatzung des Kreises). Eine Andienungsverpflichtung für Grünschnitt besteht nicht."

§ 14 d Abs. 4 der am 17. September 1997 vom Kreistag beschlossenen und am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschafts- und Abfallsatzung des Beklagten enthält - im Rahmen der näheren Regelung des "Holsystems" - folgende Bestimmung:

"Der Biomüll wird ausschließlich in Städten und Gemeinden mit hoher Bevölkerungsdichte erfaßt. Die Entsorgungsgebiete werden durch den Kreis festgelegt und ortsüblich bekanntgegeben."

Der Beklagte sammelt seit Anfang 1998 den Bio-Abfall begrenzt auf einzelne Bereiche der Städte M. und Bad L.

Die Klägerin macht geltend, hiermit erfülle der Beklagte nicht seine Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 19. Dezember 1997. Sie hat Klage auf Feststellung erhoben, daß der Beklagte verpflichtet sei, während der Laufzeit des Vertrages den gesamten Bio-Abfall - außer dem Grünschnitt und abgesehen von der satzungsgemäßen Befreiung einzelner vom Anschlußzwang - flächendeckend einzusammeln und der Klägerin anzudienen. Hilfsweise hat sie die Feststellung dieser Verpflichtung für das gesamte Gebiet der Städte und Gemeinden mit hoher Bevölkerungsdichte (M., Bad L. und Sch.) begehrt.

Das Landgericht hat dem Hilfsantrag unter Zurückweisung des Hauptantrags stattgegeben. Im Berufungsverfahren haben beide Parteien ihren Rechtsstandpunkt weiterverfolgt, die Klägerin mit der Ergänzung zu ihrem Hilfsbegehren, daß zu den Städten und Gemeinden mit hoher Bevölkerungsdichte neben M., Bad L. und Sch. auch Bad T., H., D. und H. gehörten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin die von dieser in erster Linie begehrte Feststellung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Der Beklagte hält dem Klageanspruch im Revisionsverfahren - erstmals - entgegen, der Vertrag vom 19. Dezember 1997 sei unwirksam, weil der die Vertragsurkunde für den Kreis unterzeichnende Landrat bei seiner Unterschrift nicht seine Amtsbezeichnung angegeben habe, wie es § 109 Abs. 2 Satz 2 ThürKO vorschreibt.

Damit dringt die Revision nicht durch. Zwar hat der Senat in dem von ihr zitierten Urteil vom 16. November 1978 (III ZR 81/77 = NJW 1980, 117) ausgesprochen, daß Verpflichtungserklärungen einer Gemeinde, die von dem Bürgermeister ohne Beifügung der Amtsbezeichnung und des Dienstsiegels unterzeichnet werden, nichtig sind (wobei dieser Mangel allerdings unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben unbeachtlich sein kann). Im Streitfall ist hingegen ein Dienstsiegel des beklagten Landkreises vorhanden, es fehlt bei der Unterschrift des Landrats nur die Amtsbezeichnung. Jedenfalls wenn man mit einbezieht, daß schon im Eingang der Vertragsurkunde vom 19. Dezember 1997 angegeben wird, daß der Beklagte (U.-H.-Kreis) durch den Landrat vertreten wird, erweist sich das Fehlen - nur - der Angabe der Amtsbezeichnung im Zusammenhang mit der Unterschrift unter den Vertrag als nach Treu und Glauben unbeachtlich (vgl. Senatsurteil BGHZ 92, 164, 174).

II.

Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Auslegung des Vertrages durch das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht führt aus, zwar sei der Text des Vertrages vom 19. Dezember 1997 insoweit nicht eindeutig, als darin bestimmt sei, daß die Sammlung zum einen "im gesamten Kreisgebiet", zum andern aber "nach Maßgabe der satzungsmäßigen Vorgaben" erfolge. Hierbei handele es sich allerdings nur um einen scheinbaren Widerspruch, der durch Auslegung zu lösen sei: Diese ergebe hier, daß die Sammlung im gesamten Kreisgebiet zu erfolgen habe, und (nur) "im übrigen, insbesondere hinsichtlich der Einzelheiten der Art und Weise" nach Maßgabe der Satzung. Für diese Auslegung spreche bereits der Umstand, daß die Worte "im gesamten Kreisgebiet" sonst keinerlei eigenständigen Sinngehalt hätten. Daß die Formulierung "im gesamten Kreisgebiet" nicht etwa eine bloße Floskel ohne eigenständige Bedeutung darstelle, ergebe sich aus der von dem Beklagten selbst vorgetragenen Entstehungsgeschichte des fraglichen Absatzes; die Vertragsentwürfe der Klägerin hätten jeweils diesen Passus enthalten, der Gegenentwurf des Beklagten hingegen nicht. Angesichts dessen könne jedenfalls nicht angenommen werden, "daß die Parteien mit der gefundenen Formulierung dem Beklagten die Möglichkeit überlassen wollten, die Sammlungsgebiete innerhalb des Kreisgebietes beliebig durch Satzung zu bestimmen". Ansonsten wäre es letztlich für die Klägerin ohne jeglichen Wert gewesen, daß nach zähem Ringen die Formulierung "im gesamten Kreisgebiet" eingefügt worden sei. Auch die weitere Vorgeschichte der Vereinbarung vom 19. Dezember 1997 wie auch die Preisgestaltung im Vertrag sprächen dafür, daß die Parteien von einer flächendeckenden Sammlung ausgegangen seien. Die Leiterin des Abfallwirtschaftsbetriebes des Beklagten, Frau H., habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht eingeräumt, daß über die anfallenden Mengen nicht gesprochen worden und der Satzungsentwurf nicht Gegenstand der Verhandlung zwischen den Parteien gewesen sei (der Beklagte allerdings davon ausgegangen sei, daß der Klägerin diese Umstände bekannt gewesen wären). Objektive Anhaltspunkte dafür, daß der Klägerin die Absicht des Beklagten, nur in von ihm selbst zu bestimmenden Teilgebieten des Kreisgebiets den Biomüll zu sammeln, bekannt gewesen wäre, lägen jedoch nicht vor.

Die vorstehende Auslegung - so das Berufungsgericht weiter - werde auch durch die Aussage des Zeugen R. vor dem Landgericht bestätigt, der bekundet habe, daß beide Parteien von einer flächendeckenden Sammlung ausgegangen seien, und eindeutig bestätigt habe, daß die Klägerin eine Vereinbarung, wonach der Landkreis die Gebiete selbst bestimmen könnte, innerhalb derer er den Biomüll sammele, zu keinem Zeitpunkt geschlossen hätte. Soweit der Zeuge zu dem vertraglichen Zusatz "nach Maßgabe der satzungsmäßigen Vorgaben" erklärt habe, dieser Zusatz sei akzeptiert worden, da der Kreis für die Maßnahme zuständig gewesen sei, sei auch diese Äußerung nur dahingehend zu verstehen, daß die Einzelheiten der Durchführung, die im wesentlichen in der Satzung zu regeln gewesen seien, dem Kreis hätten überlassen bleiben sollen, daß die Klägerin darin aber nicht die Möglichkeit einer Einschränkung der Sammlungsbereiche innerhalb des Kreisgebietes gesehen habe.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Vertragsauslegung des Tatrichters ist zwar für die Revisionsinstanz grundsätzlich bindend. Das gilt jedoch nicht, wenn die allgemeinen Auslegungsregeln verletzt worden sind, insbesondere der Tatrichter den ihm unterbreiteten Verfahrensstoff nicht ausgeschöpft oder den allgemein anerkannten Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. nur BGH, Urteil vom 9. Oktober 2000 - II ZR 345/98 - NJW 2001, 143 m.w.N.) nicht genügend berücksichtigt hat. In beider Hinsicht bringt die Revision im Ergebnis durchgreifende Rügen an.

a) aa) Soweit das Berufungsgericht meint, die Formulierung in § 2 Abs. 2 des Vertrages, wonach die Sammlung des Bio-Abfalls "im gesamten Kreisgebiet nach Maßgabe der satzungsmäßigen Vorgaben ..." erfolgt, besage nur, daß die Sammlung (räumlich uneingeschränkt, jedoch) "im übrigen, insbesondere hinsichtlich der Art und Weise" satzungsgemäß durchzuführen sei, wird - wie der Revision zuzugeben ist - aus dem Berufungsurteil schon nicht deutlich, welchen besonderen (konstitutiven) Sinn - etwa im Hinblick auf den vorausgegangenen Streit der Parteien über ihren früheren Vertrag - eine derartige bloße Bezugnahme auf die jeweiligen Satzungen des Beklagten wegen der "Art und Weise" der Ansammlung und Andienung des Bio-Abfalls überhaupt hätte haben sollen.

bb) Die Revision rügt in diesem Zusammenhang jedenfalls mit Recht, daß das Berufungsgericht sich bei seinem Verständnis des Vertragstextes nicht mit dem Parteivortrag zum Zustandekommen der Passage "nach Maßgabe der satzungsmäßigen Vorhaben ..." auseinandergesetzt hat. Nach dem (unter Beweis gestellten) Vortrag des Beklagten hatte die Klägerin zu § 2 Abs. 2 folgende Fassung vorgeschlagen: "Die getrennte Sammlung des Bio-Abfalls erfolgt im gesamten Kreisgebiet. Eine Andienungspflicht für Grünschnitt besteht nicht." Der Beklagte habe in seinem Gegenvorschlag den gesamten ersten Satz gestrichen. In der anschließenden "Schlußredaktion" habe man sich auf die endgültige Fassung des § 2 Abs. 2 geeinigt.

Diesen Vortrag hat die Klägerin in den Tatsacheninstanzen soweit ersichtlich nicht bestritten, jedenfalls ist er im Revisionsverfahren zugunsten des Beklagten zugrunde zu legen. Nach den äußeren Abläufen deutet ein solcher Sachverhalt - unbeschadet des Inhalts der mündlichen Erklärungen der Vertragspartner in der "Schlußredaktion" - in die Richtung, daß der Satzteil "nach Maßgabe der satzungsmäßigen Vorgaben ..." in einem Zusammenhang in den Vertragstext gelangt ist, der nicht allein die "Art und Weise" der Sammlung des Bio-Abfalls betraf, sondern auch den (räumlichen) Umfang derselben.

cc) Die Revision beanstandet auch mit Recht, daß - was das Gebot einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung angeht - in der Argumentation des Berufungsgerichts die Interessenlage des beklagten Landkreises als einer mit öffentlichen Aufgaben betrauten kommunalen Körperschaft nicht hinreichend berücksichtigt und (mit) abgewogen worden ist. Es drängt sich auf und war auch aus der damaligen Sicht der Klägerin nicht zu übersehen, daß der Beklagte bei sachgerechter Wahrnehmung seiner öffentlichen Aufgaben eine - seine Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit auf dem Gebiet der Abfallbeseitigung ergänzende - Vereinbarung über die Sammlung und Abnahme des Bio-Abfalls, sei es auch in der Form eines privatrechtlichen Vertrages, grundsätzlich nur in Abstimmung mit den im Verhältnis zu den Bürgern geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen abschließen konnte und wollte. Das stellt, wie sich aus der Formulierung der Klageanträge ergibt, die Klägerin selbst nicht in Frage, soweit es um die Befreiung einzelner Anschlußnehmer vom Anschluß- und Benutzungszwang gemäß § 9 der Satzung des Beklagten geht; der Beklagte macht andererseits gerade geltend, die Regelung in § 14 d der Satzung vom 17. September 1997 insbesondere in Erwartung einer großen Zahl von derartigen Befreiungsanträgen getroffen zu haben. Die vertraglich zu regelnde Andienung des Bio-Abfalls bei der Klägerin war grundsätzlich nur sinnvoll in bezug auf Abfälle, die der Beklagte seinerseits von seinen Bürgern zur Verfügung gestellt bekam; letzteres zu regeln war (auch) eine Sache der kommunalen Satzung.

Anhaltspunkte für das (objektive) Verständnis des vorliegenden Vertragstextes können sich danach - jedenfalls auch - aus der abfallrechtlichen "Satzungslage" im beklagten Landkreis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ergeben. Die Betrachtung muß sich dabei nicht zwangsläufig auf die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Kraft befindliche Fassung der Satzung beschränken. Die Revision verweist zutreffend darauf, daß nach dem Vortrag des Beklagten bereits am 21. Mai 1997 ein Kreistagsbeschluß über einen Satzungstext zustande gekommen war, der den jetzigen § 14 d enthielt; jedenfalls beschloß der Kreistag am 17. September 1997 die neue Satzung, die allerdings erst am 1. Januar 1998 in Kraft treten sollte, mit diesem Inhalt, und schon am 6. Oktober 1997 fertigte der Landrat des beklagten Landkreises diese aus. Bei dieser Sachlage kann jedenfalls im Revisionsverfahren nicht ausgeschlossen werden, daß - unabhängig davon, wann die neue Satzung öffentlich bekannt gegeben wurde - das von den zuständigen Organen des Beklagten in üblicher Weise in Gang gesetzte Verfahren zum Erlaß einer neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallsatzung und der Inhalt der angestrebten Neuregelung zumindest für die Personen und Stellen voraussehbar und erkennbar waren, die in dem betroffenen örtlichen Bereich mit der Abfallentsorgung von Berufs wegen zu tun hatten. Daß das Berufungsgericht keine Anhaltspunkte dafür gesehen hat, "daß der Klägerin die Absicht des Beklagten, nur in den von ihm selbst zu bestimmenden Teilgebieten den Biomüll zu sammeln, bekannt gewesen wäre", steht der Berücksichtigung des konkreten Stands des Satzungsverfahrens des Beklagten im Rahmen der Vertragsauslegung nicht entgegen, wenn sich diese Entwicklung für die am Vertragsschluß vom 19. Dezember 1997 Beteiligten - insbesondere auch für den Verhandlungsführer der Klägerin und früheren Landrat der Beklagten, der bei seiner Vernehmung als Zeuge selbst von einem "Kreistagsbeschluß ... im September 1997" gesprochen hat - hätte aufdrängen müssen; dazu enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen.

b) Auch soweit das Berufungsgericht seine Auslegung durch die Aussage des vom Landgericht vernommenen Zeugen R. - des Verhandlungsführers der Klägerin bei dem Vertrag vom 19. Dezember 1997 - bestätigt sieht, hält dies der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe die erstinstanzliche Aussage des Zeugen ohne erforderliche erneute Vernehmung desselben in einem wesentlichen Teil anders gewürdigt als das Landgericht. Auf diese Rüge braucht nicht näher eingegangen zu werden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. November 1992 - XI ZR 286/92 - NJW 1993, 668; Zöller/Gummer ZPO 22. Aufl. § 526 Rn. 5 m.w.N.). Denn das Berufungsgericht hätte, wie die Revision ebenfalls rügt, die Verwertung der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen R. zu den Vertragsverhandlungen jedenfalls nicht in Betracht ziehen dürfen, ohne in demselben Zusammenhang auch auf die entgegengesetzten Beweisantritte des Beklagten (Zeugnis der Frau H. und des Rechtsanwalts S.) einzugehen. Daß das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung von Frau H. informationshalber einige Erklärungen entgegengenommen hat, machte den Beweisantritt des Beklagten nicht ohne weiteres gegenstandslos.

III.

Es ist danach eine erneute umfassende tatrichterliche Würdigung des Vertrages vom 19. Dezember 1997, gegebenenfalls auf der Grundlage einer zusätzlichen Beweisaufnahme, erforderlich. Hierbei hat das Berufungsgericht auch Gelegenheit, sich mit den weiteren von der Revision zur Vertragsauslegung angeführten Gesichtspunkten und denen der Revisionserwiderung auseinanderzusetzen.

Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung zu einer Auslegung gelangen, wonach § 14 d Nr. 4 der Kreislaufwirtschafts- und Abfallsatzung des Beklagten Auswirkungen auf die vertraglichen Andienungspflichten des Beklagten gegenüber der Klägerin haben kann, würde sich erneut die vom Landgericht verneinte - vom Berufungsgericht aus seiner Sicht folgerichtig nicht weiterverfolgte - Frage stellen, (welche Städte und Gemeinden zu denjenigen "mit hoher Bevölkerungsdichte" gehören und) ob der Beklagte im Verhältnis zur Klägerin zu einer weiteren räumlichen Eingrenzung der Einsammlung des Bio-Abfalls selbst in Städten und Gemeinden mit insgesamt hoher Bevölkerungsdichte berechtigt ist.

Der Senat hat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

Ende der Entscheidung

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