Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.06.2002
Aktenzeichen: III ZR 186/01
Rechtsgebiete: GOÄ, BPflV


Vorschriften:

GOÄ § 6a Abs. 1 Satz 2
BPflV § 22 Abs. 3 Satz 1
Erbringt ein niedergelassener anderer Arzt auf Veranlassung eines Krankenhausarztes für einen im Krankenhaus behandelten Patienten, der wahlärztliche Leistungen mit dem Krankenhaus vereinbart hat, im Zusammenhang mit seiner Behandlung stehende ärztliche Leistungen, unterliegt sein Honoraranspruch nach § 6a GOÄ auch dann der Gebührenminderung, wenn diese Leistungen in seiner eigenen Praxis und ohne Inanspruchnahme von Einrichtungen, Mitteln und Diensten des Krankenhauses erbracht werden.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 186/01

Verkündet am: 13. Juni 2002

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Schlick, Dörr und Galke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein privater Krankenversicherer, nimmt den Beklagten, Chefarzt des Instituts für Pathologie des Evangelischen Krankenhauses B. in D. , aus übergegangenem Recht von 435 Versicherungsnehmern auf teilweise Rückzahlung von Arzthonorar in Anspruch. Die Versicherungsnehmer wurden in den Jahren 1998 bis 2000 in anderen Krankenhäusern stationär behandelt. Anläßlich dieser Krankenhausaufenthalte wurden ihnen von den behandelnden Krankenhausärzten Gewebeproben entnommen und diese zur pathologischen Untersuchung an den Beklagten übersandt. Der Beklagte rechnete die Leistungen gegenüber den Patienten ab; die Klägerin erstattete ihren Versicherungsnehmern die entsprechenden Aufwendungen. Zwischen den Parteien ist nicht mehr im Streit, daß der Beklagte dem Grunde nach zu einer privatärztlichen Liquidierung seiner Leistungen berechtigt war.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe sein Honorar nach § 6 a der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) um 15 v.H. mindern müssen. Sie hat auf dieser Grundlage eine Überzahlung von - zuletzt - 29.290,69 DM errechnet und Rückzahlung mit ihrer Klage begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht, dessen Urteil in MedR 2002, 91 f veröffentlicht ist, hat ihr - bis auf eine geringfügige Zinszuvielforderung - entsprochen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Berufungsgericht ihn für verpflichtet gehalten, die Gebühren seiner privatärztlichen Tätigkeit nach § 6 a GOÄ um 15 v.H. zu mindern. Im einzelnen gilt folgendes:

1. Nach § 6 a Abs. 1 Satz 1 GOÄ sind die nach der Gebührenordnung für Ärzte berechneten Gebühren einschließlich der darauf entfallenden Zuschläge bei vollstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären privatärztlichen Leistungen um 25 v.H. zu mindern. Nach Satz 2 beträgt der Minderungssatz für Leistungen von Belegärzten oder niedergelassenen anderen Ärzten abweichend hiervon 15 v.H. Der Beklagte ist als Chefarzt einer Krankenhausabteilung zwar nicht unmittelbar ein niedergelassener Arzt in eigener Praxis; im Verhältnis zu den fremden Krankenhäusern, die seine Leistungen veranlaßt haben, ist er jedoch einem niedergelassenen anderen Arzt i.S.d. § 6 a Abs. 1 Satz 2 GOÄ gleichzustellen. Denn insoweit nimmt er eine Tätigkeit vor, die in die Kostenstruktur seines eigenen Krankenhauses nicht eingeht, weil er diesem die durch seine Tätigkeit entstehenden Kosten zu erstatten hat, so daß er für die Anwendung des § 6 a GOÄ ebenso wie ein niedergelassener Arzt in eigener Praxis steht (vgl. Hoffmann, GOÄ, 3. Aufl. Stand November 1999, § 6 a Rn. 6 unter 6.).

2. Für die Begründetheit des hier geltend gemachten Rückforderungsanspruchs kommt es entscheidend darauf an, ob die vom Beklagten erbrachten Leistungen für die in anderen Krankenhäusern behandelten Patienten als "stationär" zu bewerten sind. Das ist in Fällen, in denen - wie hier - die Leistungen nicht im Krankenhaus, in dem der Patient behandelt wird, sondern außerhalb erbracht werden, höchstrichterlich noch nicht entschieden.

a) Dem Wortlaut des § 6 a GOÄ läßt sich nicht eindeutig entnehmen, nach welchen Kriterien der stationäre Charakter der Leistung beurteilt werden soll. Während dies für die Tätigkeit der Krankenhausärzte und Belegärzte im allgemeinen keine Probleme aufwirft, weil sie ihre Leistungen an demselben Ort erbringen, an dem der Patient stationär aufgenommen und behandelt wird, ist dies bei Leistungen der niedergelassenen Ärzte unter Umständen - wie hier - anders. Aus der Sicht des Pathologen, der in seiner Praxis oder in dem von ihm geleiteten Institut eines anderen Krankenhauses Gewebeproben untersucht, stellt sich seine Hinzuziehung - hebt man auf den Ort der Leistungserbringung ab - nicht anders dar, als würde er durch einen anderen niedergelassenen Kollegen mit einer Untersuchung beauftragt. Er nimmt für seine Tätigkeit auch keine Dienste oder Einrichtungen des Krankenhauses in Anspruch, in das der Patient aufgenommen ist. Aus dem Blickwinkel des Patienten sieht dies anders aus. Für ihn steht die Behandlung seiner Erkrankung im Vordergrund, die eine stationäre Aufnahme in ein Krankenhaus erfordert hat, von dem er die Erbringung aller Leistungen erwartet, die nach Art und Schwere seiner Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung notwendig sind. Welche dieser Sichtweisen der Auslegung des § 6 a GOÄ zugrunde zu legen ist, läßt sich seinem Wortlaut und seiner Überschrift, die die stationäre Behandlung hervorhebt, nicht unmittelbar entnehmen.

b) Wie der Senat bereits mit Urteil vom 17. September 1998 (III ZR 222/97 - NJW 1999, 868, 869) entschieden hat, dient § 6 a GOÄ dem Ausgleich der finanziellen Benachteiligung von Patienten mit stationärer privatärztlicher Behandlung. Die Vergütung der privatärztlichen Leistungen umfaßt nach § 4 Abs. 3 GOÄ neben dem Entgelt für die ärztliche Tätigkeit auch eine Abgeltung von weiteren Sach- und Personalkosten der ärztlichen Praxis. Zugleich werden mit dem Pflegesatz für das Krankenhaus Kosten ähnlicher Art abgegolten, die bei privatärztlich liquidierter Tätigkeit ohne eine Honorarminderung doppelt bezahlt würden (vgl. Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 2. Aufl. 2000, § 6 a GOÄ Anm. 2.1; Hoffmann, GOÄ Stand September 1998, § 6 a Rn. 1). Dem trägt die Regelung des § 6 a GOÄ zur Harmonisierung von Bundespflegesatzverordnung und Gebührenordnung für Ärzte in einer pauschalierenden Art und Weise Rechnung, ohne danach zu fragen, ob, bei wem und in welcher Höhe Sach- und Personalkosten für die Leistungen im Einzelfall entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1998 - IV ZR 61/97 - NJW 1998, 1790, 1791). Dementsprechend kann gegen eine Honorarminderung nach § 6 a GOÄ nicht eingewandt werden, daß dem Krankenhaus im Einzelfall Kosten in der zu mindernden Höhe nicht entstanden seien (vgl. Brück, Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte, 3. Aufl. Stand 1.7.1999, § 6 a Rn. 4; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, Der GOÄ-Kommentar 1996, § 6 a Rn. 7).

c) Aus dieser Zwecksetzung, die im Interesse des stationär aufgenommenen Patienten in einer pauschalierenden Weise Doppelberechnungen von Leistungen vermeiden will, ist zu entnehmen, daß bei der Auslegung des § 6 a GOÄ auch der systematische Zusammenhang mit der Bundespflegesatzverordnung zu beachten ist. Hierbei sind zwei Aspekte hervorzuheben:

aa) Aus der Sicht der Bundespflegesatzverordnung handelt es sich bei den hier in Rede stehenden Leistungen des Beklagten um stationäre Leistungen. Die Bundespflegesatzverordnung findet nach ihrem § 1 Abs. 1 Anwendung auf die Vergütung der vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser. Diese in § 2 Abs. 1 Satz 1 BPflV so bezeichneten Krankenhausleistungen bestehen insbesondere in der ärztlichen Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus erforderlich sind, und in der Unterkunft und Verpflegung; sie umfassen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen.

Allgemeine Krankenhausleistungen sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BPflV Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Unter diesen Voraussetzungen gehören nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BPflV hierzu auch die vom Krankenhaus veranlaßten Leistungen Dritter. Die für die Versorgung der Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen werden nach § 10 BPflV mit den Pflegesätzen vergütet. Dies bedeutet für einen sozialversicherten Patienten und einen Privatpatienten, der darauf verzichtet, wahlärztliche Leistungen in Anspruch zu nehmen, daß mit dem Pflegesatz auch die von einem externen Pathologen erbrachte Untersuchungsleistung, die vom Krankenhaus veranlaßt worden ist, weil sie zu seiner sachgerechten Behandlung erforderlich war, entgolten ist. Der externe Arzt wird aus Mitteln des Krankenhauses honoriert. Hierfür ist zwar nicht § 11 Abs. 1 GOÄ unmittelbar einschlägig, der eine Berechnung nach dem Einfachen des Gebührensatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 2 GOÄ) vorsieht, weil das Krankenhaus selbst nicht Leistungsträger i.S.d. § 12 SGB I oder sonstiger öffentlich-rechtlicher Kostenträger ist. Da für den Pflegesatz, der entsprechende Kosten einer Leistungserbringung für sozialversicherte Patienten enthält, aber letztlich die Krankenkassen aufzukommen haben, spricht wenig dafür, daß der externe Arzt seine Leistungen mit Erfolg unter Ausschöpfung des Gebührenrahmens in Rechnung stellen kann (vgl. Brück, § 11 Rn. 7).

Die extern erbrachten Leistungen bleiben auch dann Krankenhausleistungen im Sinne des Pflegesatzrechts, wenn der Patient - wie in den hier zugrunde liegenden Behandlungsfällen - wahlärztliche Leistungen mit dem Krankenhaus vereinbart. Eine Änderung ergibt sich insoweit nur daraus, daß der Patient als zusätzliche Leistung mit dem Krankenhaus vereinbart, durch eine Person seines Vertrauens ärztlich behandelt zu werden. Auch die Zuziehung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses auf Veranlassung der Ärzte des Krankenhauses (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV) folgt nach Inhalt und Voraussetzungen dem Muster des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BPflV im Rahmen allgemeiner Krankenhausleistungen. Der Unterschied liegt lediglich in der besonderen Berechnung der wahlärztlichen Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte (§ 22 Abs. 3 Satz 7 BPflV). Demgegenüber ist der für die Berechnung der privatärztlichen stationären Behandlung und der stationären Behandlung sozialversicherter Patienten maßgebende Pflegesatz derselbe (vgl. Brück, § 6 a Rn. 3 unter 3.1; Uleer/Miebach/Patt, § 6 a GOÄ Anm. 2.1; Hoffmann, § 6 a Rn. 6 unter 7.).

bb) Das Problem der Doppelberechnung von Leistungen hat in den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte und der Bundespflegesatzverordnung Lösungen gefunden, die - insbesondere was die Minderungspflicht bei wahlärztlichen Leistungen angeht - in der zeitlichen Entwicklung immer "komplizierter und unübersichtlicher" geworden sind (vgl. Brück, § 6 a Rn. 2 unter 2.2). Während die Zweite Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte und Vierte Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung vom 20. Dezember 1984 (BGBl. I, S. 1680) sowohl auf seiten der Ärzte eine Gebührenminderung von 15 v.H. als auch auf seiten der Krankenhäuser einen Pflegesatzabschlag von 5 v.H. vorsah (vgl. hierzu und zur Entstehungsgeschichte dieser Regelungen Schäfer, Bundesarbeitsblatt 1985, 25 ff), wurde der Abschlag für Patienten mit wahlärztlichen Leistungen durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) bei gleichzeitiger Erhöhung der Gebührenminderung für selbst liquidierende Krankenhausärzte abgeschafft (vgl. Art. 12 Abs. 3 Nr. 4, Art. 20 Nr. 1 des Gesundheitsstrukturgesetzes). Heute enthält die Bundespflegesatzverordnung in § 24 Abs. 2 bis 4 Regelungen über die Kostenerstattungspflicht liquidationsberechtigter Ärzte, die in direktem Zusammenhang damit stehen, daß diese Kosten nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 bis 6 BPflV nicht pflegesatzfähig sind und daher bei den Pflegesatzverhandlungen nicht in die Kalkulationsaufstellung einbezogen werden dürfen. Externe Ärzte wie der Beklagte sind von diesen Bestimmungen jedoch nicht betroffen, da sie weder Personen, Einrichtungen noch Mittel des Krankenhauses in Anspruch nehmen.

d) Als Zwischenergebnis einer auch den Zusammenhang zur Bundespflegesatzverordnung einschließenden Auslegung des § 6 a GOÄ läßt sich daher folgendes festhalten: Die für die Vergütung von Krankenhausleistungen maßgebende Bundespflegesatzverordnung geht von dem Grundsatz aus, daß externe Leistungen von Ärzten - die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BPflV unterstellt - den (stationären) allgemeinen Krankenhausleistungen zuzurechnen sind. Das dürfte auch dem Verständnis des Patienten entsprechen, der bei Inanspruchnahme externer Leistungen nicht erwartet, er befinde sich - nach den Maßstäben der Gebührenordnung für Ärzte - in ambulanter Behandlung. Darüber hinaus ist der Wahlleistungspatient der Situation ausgesetzt, daß in seiner Person mit demselben Pflegesatz externe ärztliche Leistungen nicht finanziert zu werden brauchen, die bei allein sozialversicherten Patienten mit dem Pflegesatz abgegolten werden. Andererseits ist jedoch gleichfalls festzuhalten, daß die Regelungen der Gebührenordnung für Ärzte und der Bundespflegesatzverordnung nicht lückenlos ineinander greifen, sondern den hier in Rede stehenden Bereich externer Leistungen nicht ausdrücklich regeln.

3. Vor dem Hintergrund dieser nicht eindeutig in eine Richtung weisenden Auslegungsmerkmale werden in der Rechtspraxis zur Einordnung der Leistungen externer Ärzte im Regelungszusammenhang des § 6 a GOÄ folgende Auffassungen vertreten:

a) Wohl am stärksten verbreitet ist die Auffassung, Leistungen externer Ärzte, die in eigener Praxis und mit eigenen Mitteln erbracht würden, unterlägen der Minderungspflicht des § 6 a GOÄ nicht. Diese Ansicht stützt sich zum einen auf Stellungnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit, das wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, im Interesse auch für den zahlungspflichtigen Patienten nachvollziehbarer Abgrenzungskriterien müsse auf den Ort der Leistungserbringung abgestellt werden (z.B. Schreiben vom 7. April 1993, zitiert von Brück, § 6 a Rn. 3 unter 3.1; ebenso Stellungnahme der Bundesärztekammer vom 6. April 1993, MedR 1994, 29; Tuschen/Quaas, BPflV, 5. Aufl. 2001, § 22 Erläuterung zu Abs. 3, S. 414; Wezel/Liebold, Handkommentar zum EBM mit BMÄ und E-GO und zur GOÄ, Stand 1.1.2002, Erläuterung zu § 6 a Abs. 1 GOÄ; Wagener/Klöckner, KH 1998, 292 und KH 1999, 44 f). Zum anderen weist sie auf den wirtschaftlichen Gesichtspunkt hin, die Kostensituation eines Arztes, der seine Leistungen in eigener Praxis ohne Inanspruchnahme von Einrichtungen und Mitteln des Krankenhauses erbringe, könne nicht zu einer Minderung verpflichten, weil es an der notwendigen Überlappung von Leistungen des Arztes und des Krankenhauses fehle (in diesem allgemeinen Sinn - wenn auch mit zum Teil unterschiedlichen Formulierungen - Brück, § 6 a Rn. 3 unter 3.1 mit zahlreichen Nachweisen aus der Instanzrechtsprechung; Hoffmann, § 6 a Rn. 6 unter 2., 6.; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, § 6 a Rn. 9; Wezel/Liebold, Erläuterung zu § 6 a Abs. 1 GOÄ; Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, § 22 BPflV Anm. IV 10).

b) Dagegen wird von anderer Seite stärker der Zusammenhang mit der Abrechnungsfähigkeit von Pflegesätzen betont und der stationäre Charakter einer ärztlichen Leistung danach beurteilt, ob sie im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistung geschuldet und deshalb mit den auch von privatärztlich behandelten Patienten zu zahlenden allgemeinen Entgelten vergütet wird (vgl. Uleer/Miebach/Patt, § 6 a GOÄ Anm. 4.2; aus der Rechtsprechung die Entscheidung des Berufungsgerichts, MedR 2002, 91 f; ähnlich im Ergebnis BayVGH, MedR 2001, 423 f; OLG Hamm, MedR 2002, 90 f; vgl. auch OLG Karlsruhe, MedR 1990, 198, 199 f).

c) Der Senat hat sich in einem besonderen Fall externer Leistungserbringung mit der Anwendung der Gebührenregelung des § 6 a GOÄ beschäftigt: Niedergelassene Ärzte nahmen in ihrer Praxis in angemieteten Räumen auf dem Gelände eines Krankenhauses eine Dilatation der Arterien einer Patientin vor, die sich zur erforderlichen Vor- und Nachbehandlung in das Krankenhaus begeben hatte (vgl. Senatsurteil vom 17. September 1998 - III ZR 222/97 - NJW 1999, 868, 869; zu einem ähnlichen Fall vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Januar 1998 - IV ZR 61/97 - NJW 1998, 1790, 1791). Ohne sich allgemein zur Anwendung des § 6 a GOÄ in Fällen äußern zu müssen, in denen externe Ärzte zur Behandlung stationärer Patienten herangezogen werden, hat der Senat eine Sichtweise für verkürzt gehalten, die ausnahmslos auf den Ort der Leistungserbringung oder auf die Entstehung einer privatärztlichen Gebühr für eine Einzelleistung abstellt, und hat den Stellenwert der ärztlichen Leistung im Rahmen der jeweiligen Behandlung in den Blick genommen. Er hat den stationären Charakter der Leistungen bejaht und damals als entscheidend angesehen, daß die externen Ärzte mit der medizinisch gebotenen Vor- und Nachsorge Dienste des Krankenhauses in Anspruch nehmen mußten. Mit dem seinerzeitigen Fall ist die hier zu beurteilende Fallkonstellation nicht ohne weiteres zu vergleichen. Dies gilt insbesondere für den damals entscheidenden Gesichtspunkt, der externe Arzt habe Dienste des Krankenhauses in Anspruch nehmen müssen. Dies läßt sich für den hier betroffenen Fall eines extern tätigen Pathologen nicht sagen. Für seine Tätigkeit spielt es keine Rolle, ob die zu untersuchende Gewebeprobe einem stationär oder nur ambulant behandelten Patienten entnommen wurde; Dienste des Krankenhauses nimmt er nicht in Anspruch. Die Entnahme der Gewebeproben wurde zwar im Krankenhaus vorgenommen. Um die Honorierung solcher Leistungen geht es hier jedoch nicht. Insoweit kann man daher mit der Revision davon sprechen, im hier zu entscheidenden Fall werde der externe Arzt wegen einer vom Krankenhaus geschuldeten Leistung hinzugezogen, während es in dem der Senatsentscheidung vom 17. September 1998 zugrundeliegenden Fall umgekehrt gewesen ist.

d) Im Hinblick hierauf ist die Frage einer Honorarminderung bei Leistungen externer Ärzte nach § 6 a GOÄ allgemein zu beantworten.

aa) § 6 a GOÄ ist eine Schutzvorschrift zugunsten des privatärztlich behandelten Patienten, der davor bewahrt werden soll, wegen der Vergütung ärztlicher Leistungen, die im Zusammenhang mit seiner Behandlung im Krankenhaus stehen, doppelt belastet zu werden. Dabei kommt es, da § 6 a GOÄ einer Doppelbelastung mit einer pauschalierenden Regelung entgegenwirken will, nicht auf die Feststellung an, ob dem Krankenhaus im Einzelfall Kosten in der zu mindernden Höhe entstanden sind oder nicht (vgl. Senatsurteil vom 17. September 1998 aaO). Dem muß eine Auslegung und Anwendung der Vorschrift entsprechen, die sich an klar erkennbaren und für die Betroffenen nachvollziehbaren Kriterien orientiert. Aus der Sicht des extern behandelnden Arztes wäre unter diesen Umständen zwar eine Anknüpfung an den Ort der Leistungserbringung bezogen auf die von ihm erbrachte Einzelleistung ein aussagekräftiges Entscheidungskriterium, das sich auch durch den Patienten einfach überprüfen ließe. Wie der Senat jedoch bereits mit Urteil vom 17. September 1998 (aaO) entschieden hat, vernachlässigt eine allein hierauf abstellende Betrachtungsweise den Stellenwert der ärztlichen Leistung im Rahmen der Behandlung des Patienten und - wie hier zu ergänzen ist - den Zusammenhang mit der Honorierung der Krankenhausleistung.

bb) Gemessen hieran unterliegen auch extern erbrachte Leistungen niedergelassener anderer Ärzte der Minderungspflicht nach § 6 a GOÄ.

(1) Wie zu oben 2 a) bereits ausgeführt, erwartet der in ein Krankenhaus aufgenommene Patient eine Behandlung, die nach Art und Schwere seiner Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung notwendig ist. Hat sich der Patient in ein für seine notwendige stationäre Behandlung leistungsfähiges Krankenhaus begeben, hat er für seine Behandlung "ausgesorgt". Das ist auch dann nicht anders, wenn das Krankenhaus einzelne ärztliche Leistungen an außenstehende Dritte vergibt. Dieser Erwartungshorizont ist nicht nur im Inneren des Patienten angelegt, sondern auch dem Krankenhaus und dem in Anspruch genommenen Arzt deutlich. Auch der vom Krankenhaus nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 oder nach § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV auf Einzelleistungen in Anspruch genommene externe Arzt weiß, daß seine Leistung in eine stationäre Behandlung des Patienten eingebettet ist. Auch wenn er aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen die Auffassung vertritt, in Ansehung der Minderungspflicht für stationäre Leistungen müsse seine Leistung wertungsmäßig dem Bereich ambulanter Leistungen zugerechnet werden, ist ihm deutlich, daß er keinen ambulanten Patienten vor sich hat. Dies gilt gerade auch für die Behandlung sozialversicherter Patienten, die nur die allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 2 BPflV in Anspruch nehmen. Auch in einem solchen Fall handelt es sich um keine ambulante Leistung, die über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet werden müßte.

(2) Der Senat hält es nicht für angebracht, eine Minderungspflicht nur bei solchen extern erbrachten Leistungen anzunehmen, die sich im Rahmen der Behandlung als "Hauptleistung" darstellen, und bloße "Nebenleistungen" von der Minderungspflicht auszunehmen (in diesem Sinn etwa Schlarmann/Schieferdecker, MedR 2000, 220, 224 f, und ihr unter Mitwirkung von Jäkel im Revisionsverfahren vorgelegtes Rechtsgutachten, das im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Pathologen e.V. erstattet worden ist) oder allgemein darauf abzustellen, ob sie "unabdingbar im engen Zusammenhang" mit der stationären Versorgung im Krankenhaus stehen (so z.B. Genzel, LM GOÄ Nr. 3). Der Senat sieht in solchen Überlegungen zwar den Versuch, auf der Grundlage der Konstellation im Urteil vom 17. September 1998 (der Arzt nimmt Dienste des Krankenhauses in Anspruch, daher ist seine Leistung im Kontext der stationären Behandlung als "Hauptleistung" zu bewerten) für die hier vorliegende andere Fallkonstellation (das Krankenhaus nimmt den Arzt in Anspruch) eine Unterscheidung vorzunehmen, die auch rechtliche Folgen haben müsse. Der Senat hält es jedoch abgesehen von dem nachfolgend zu erörternden Umstand (3) nicht für sachgerecht, eine ganzheitlich zu verstehende Krankenhausbehandlung in Teile aufzuspalten, die für den Patienten mehr oder minder wichtig sein könnten. Eine solche Unterscheidung könnte - nur aus Vergütungsgründen - zu unangebrachten Rechtsstreitigkeiten über ärztliche Leistungen führen, die weder im Sinn der Patienten noch der Ärzte wären. Wenn der Senat im Urteil vom 17. September 1998 auf den "Stellenwert" der ärztlichen Einzelleistung im Rahmen der Behandlung abgestellt hat, hat er lediglich einen fallbezogenen Umstand herausgestellt, der die seinerzeitige Entscheidung zu tragen vermochte.

(3) Die pauschalierende Wirkungsweise der Honorarminderung nach § 6 a GOÄ würde es zwar nicht ausschließen, ärztliche Leistungen von der Anwendung dieser Bestimmung auszunehmen, wenn eine Doppelbelastung typischerweise deshalb ausscheidet, weil weder Sach- noch Personalkosten des Krankenhauses durch den hinzugezogenen Arzt in Anspruch genommen werden noch entsprechende Kosten des extern tätigen Arztes bei Wahlleistungspatienten einkalkuliert sind. Die Revision hat darin Recht, daß das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, daß eine dieser Konstellationen vorliegen könnte. Das Berufungsgericht leitet eine Doppelbelastung der Patienten jedoch aus dem Umstand her, daß die hier in Rede stehenden Leistungen bei sozialversicherten Patienten durch den Pflegesatz abgegolten sind, mögen sie im Rahmen der Fallpauschalen, Sonderentgelte oder tagesgleichen Pflegesätze kalkulatorisch berücksichtigt worden sein oder nicht. Gleiches gilt im übrigen für den Privatpatienten, der auf wahlärztliche Leistungen verzichtet und nur die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch nimmt. Der Senat teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, daß unter solchen Umständen ein Patient, der wahlärztliche Leistungen mit dem Krankenhaus vereinbart hat, gegenüber dem Arzt für die gesamte ärztliche Leistung aufzukommen hat, ohne daß ihm Teile des Pflegesatzes, mit denen diese Leistungen beim sozialversicherten Patienten abgegolten sind, gutgebracht werden. Die Revision und das von ihr vorgelegte Rechtsgutachten meinen zwar, insoweit gehe es nur um die Liquidierung zusätzlicher ärztlicher Leistungen, die mit der Wahlleistungsvereinbarung verbunden seien. Das ist jedoch so nicht richtig. Daß der Wahlleistungspatient für die vereinbarte Erbringung der Leistung durch einen Arzt seines Vertrauens ein höheres Entgelt aufzuwenden hat als der sozialversicherte Patient, steht außer Frage und wird von der Klägerin nicht beanstandet. Mit den Überlegungen der Revision wird daher der auch im Schrifttum anerkannte Befund, für die privatärztliche stationäre Behandlung und die stationäre Behandlung sozialversicherter Patienten werde derselbe Pflegesatz berechnet, wobei im letzteren Fall auch Kosten externer Leistungserbringer abgegolten seien (vgl. nur Brück, § 6 a Rn. 3 unter 3.1; Hoffmann, § 6 a Rn. 6 unter 7.; Niewerth/Vespermann, VersR 1998, 689), nicht in Frage gestellt. Auch in der Revisionsverhandlung wurde von seiten des Beklagten eingeräumt, daß Wahlleistungspatienten auf diese Weise über den Pflegesatz Leistungen externer Ärzte für Regelleistungspatienten mitbezahlen.

(4) Der Senat ist mit dem Berufungsgericht der Auffassung, daß dieser Gesichtspunkt die Minderung des Honorars des externen Arztes nach § 6 a GOÄ rechtfertigt. Auch wenn bei der Zuziehung externer Ärzte, die ihre Leistungen in eigener Praxis erbringen, keine Doppelbelastungen für den Patienten bestehen, die sich - gewissermaßen stoffgleich - auf Kostenbestandteile beim Arzt und beim Krankenhaus beziehen, liegt hier eine auf der Erhebung des Pflegesatzes beruhende Mehrbelastung des Wahlleistungspatienten vor, die bei der gebotenen pauschalierenden Betrachtungsweise nach einem Ausgleich beim ärztlichen Honorar verlangt. Zwar könnte man sich insoweit auf den Standpunkt stellen, wirtschaftlich sei in einer solchen Situation nur das Krankenhaus "ungerechtfertigt bereichert", weil es den ungeminderten Pflegesatz in Anspruch nehme, während der externe Arzt - wie bei der Abrechnung ambulanter Leistungen - nur das als Honorar verlange, was er aufgrund seiner Kostensituation beanspruchen dürfe. Eine solche Betrachtungsweise wird jedoch den schützenswerten Interessen des Patienten nicht gerecht und beachtet die pflegesatzrechtlichen Zusammenhänge und die Einheitlichkeit der stationären Behandlung des Patienten nicht ausreichend. Wie ausgeführt, unterscheidet sich die Einbettung einzelner extern erbrachter Leistungen in eine stationäre Krankenhausbehandlung wegen ihrer unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen grundlegend von einer rein ambulanten Tätigkeit des Arztes. Dem stationären Patienten stehen keine Möglichkeiten offen, auf die Höhe des Pflegesatzes einzuwirken. Soweit er wahlärztliche Leistungen mit dem Krankenhaus vereinbart, ist er nach § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV auch gegenüber externen Ärzten gebunden, deren Tätigkeit von den Krankenhausärzten veranlaßt wird. Dies ist für die externen Ärzte ein Vorteil in der Gewinnung von Klienten, der auch gegenüber der Überweisungstätigkeit anderer niedergelassener Ärzte nicht zu vernachlässigen ist. Nimmt man - wie der Senat - eine Minderungspflicht nach § 6 a GOÄ an, hält sich die wirtschaftliche Belastung des ärztlichen Honorars im System, wie es sich zwischen ärztlichem Gebührenrecht und Pflegesatzrecht herausgebildet hat.

(5) Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen bei einer Honorarminderung für extern erbrachte Leistungen aus der Sicht des Senats nicht. Nach den Maßstäben der Gebührenordnung für Ärzte ist die ärztliche Tätigkeit mit Gebührensätzen, die sich zwischen dem Einfachen und - in besonderen Fällen - dem Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes bewegen (§ 5 Abs. 1 und 2 GOÄ), angemessen entgolten. Es ist daher von vornherein nicht richtig, die volle Ausschöpfung des Gebührenrahmens, den die Revision zugrunde legt, als den Regelfall darzustellen, an dem Abweichungen grundrechtlich zu messen wären. Richtig ist, daß der Arzt bei privatärztlicher ambulanter Tätigkeit in der Regel das 2,3-fache des Gebührensatzes berechnen kann. Als Vertragsarzt muß er sich jedoch bei gleicher Tätigkeit im System der gesetzlichen Krankenversicherung mit einer anderen Vergütungsbemessung zufriedengeben. Daß er - wiederum bei gleicher Tätigkeit - bei extern erbrachten Leistungen im Rahmen einer stationären Behandlung zu einer geringfügigen Honorarminderung verpflichtet ist, so daß seine Tätigkeit am oberen Rand des Gebührenrahmens entgolten wird, ist durch sachliche Gründe veranlaßt, die im Zusammenhang mit der Einbettung der Leistung in eine stationäre Behandlung und der Ausgestaltung des Pflegesatzrechts stehen. Soweit er für sozialversicherte Patienten auf Veranlassung des Krankenhauses Leistungen erbringt, steht ihm ein Gebührenanspruch gegen das Krankenhaus zu, der - wenn er auch in der Abrechnungspraxis keiner Minderung unterliegen mag - auf vertraglicher Grundlage sehr wahrscheinlich nicht den Gebührenrahmen ausschöpft. Die Revision spricht selbst - wenn auch nur beispielhaft - von vereinbarten Liquidationssätzen des Einfachen des Gebührensatzes. Danach kann die Honorarminderung nach § 6 a GOÄ weder als willkürliche Ungleichbehandlung noch als unverhältnismäßige Einschränkung der Berufsausübung eines externen Arztes angesehen werden.

Ende der Entscheidung

Zurück